Er ist einer der bekanntesten Regisseure Norwegens, drehte mit internationalen Stars wie Charlotte Rampling, Nick Nolte oder Tim Roth. Gleich zwei seiner Filme („Ein Mann von Welt“ und „Einer nach dem Anderen“) liefen im Wettbewerb der Berlinale. Von daher ist es durchaus überraschend, das sich Hans Petter Moland nun für den dritten Teil einer Krimi-Reihe auf den Regiestuhl setzte, denn Genrefilme sind sonst eher weniger sein Gebiet. Was ihn an der Jussi Adler-Olsen Verfilmung „Erlösung“ reizte und worin die Besonderheiten dieser Dreharbeiten lagen, erzählte der Filmemacher uns bei der Präsentation seines neuesten Werkes in Hamburg.
Filmszene: Herr Moland, wie kam es dazu, dass Sie den dritten Film dieser Reihe inszeniert haben, war man von Seiten der Produktion auf der Suche nach einem frischen Ansatz?
Hans Petter Moland: Das war sicher einer der Gründe, ja. Es gab absolut nichts auszusetzen an der Arbeit von Mikkel Nørgaard, den ich seit zwanzig Jahren kenne und schätze. Aber es ist heute so, dass man auch bei Filmreihen irgendwann den Regisseur wechselt, um etwas frisches Blut oder eine andere Sichtweise reinzubringen. Zudem unterscheidet sich die Geschichte von „Erlösung“ doch sehr stark von denen der Vorgänger. Deshalb hat man mich angesprochen, zumal ich gerade noch an einem anderen Projekt für die Produktionsfirma Zentropa gearbeitet habe. Ich hab es mir dann mal angeschaut und kam zu den Ergebnis, dass es sich um einen sehr ungewöhnlichen Thriller handelt, der sich stark mit Themen wie Glaube, Religion und eben Erlösung beschäftigt. Das hat mich sehr interessiert. Es ist immer spannend, die Grenzen eines Genres auszuloten und ein wenig zu verschieben.
Was Sie offensichtlich auch sehr interessiert hat, ist die Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren Carl und Assad, denn die wird in der Tat wesentlich tiefer ausgelotet als bisher. Ist das auch auf Ihren Einfluss zurückzuführen?
Sagen wir es mal so: Wenn man solche existentiellen Fragen wie die von mir gerade angesprochenen innerhalb eines Genre-Films behandeln will, dann muss man sie ernst nehmen und sich ihnen von einem realen, glaubhaften Ansatz her annähern. Da kommen dann die Charaktere ins Spiel, denn die sind der Leitfaden, an dem sich der Zuschauer orientiert. Da zudem eben die Handlung genug hergibt, um sich über diese großen Grundsatzfragen Gedanken zu machen, hatte ich also eine Menge Werkzeug mit dem ich spielen, verschiedene Farben und Nuancen, die ich zeigen konnte. Ich habe dabei versucht möglichst allen Seiten gerecht zu werden und die tief religiösen Leute im Film nicht als „Freaks“ darzustellen, nicht nur als Sektenmitglieder. Es sind arme Leute, deren Kinder entführt werden und mit denen man durchaus mitfühlen kann.
Mit Pal Sverre Hagen, der im Film den Entführer und Killer spielt, haben Sie schon vorher zusammen gearbeitet. War es also Ihre Entscheidung, diesen sehr adrett und gut aussehenden Darsteller für genau diese unheimliche Rolle zu verpflichten?
Ja, er ist schon ein ziemlich schöner Mann, dem man auf den ersten Blick nichts Böses zutraut (lacht). Aber auch ein außergewöhnlich guter Schauspieler, der schon in „Einer nach dem Anderen“ dabei, der vor zwei Jahren auf der Berlinale lief. Er hat in „Erlösung“ eine ziemlich schwierige Aufgabe, denn er muss eine sehr extreme Figur glaubhaft verkörpern. Er darf nicht einfach nur ein Irrer sein sondern muss für Carl und Assad eine echte Herausforderung darstellen, einen Gegner, der mit seinem Blick auf die Welt zum Nachdenken anregt. Denn vieles was er sagt, beruht auf durchaus rationalen Erkenntnissen, selbst wenn er sich als „Sohn Satans“ bezeichnet bleibt er dabei sehr realistisch und relativiert natürlich gleich, dass es viele wie ihn gäbe. Und er hat mit dem was er treibt ja auch lange Zeit Erfolg.
Einen Teil des Films haben Sie in Deutschland gedreht, denn es handelt sich um eine deutsch-dänische Co-Produktion. Wo genau haben Sie hier gearbeitet und wie bewerten Sie diese Erfahrung?
Wir haben sogar den größten Teil des Films in Deutschland gedreht. Im Nordwesten Schleswig-Holsteins, mit Husum als „Basis“. Sämtliche ländlichen Szenen wurden dort gedreht und auch die gesamte Zug-Sequenz. Dazu haben wir viele Innenszenen, wie die in der Kirche und der Bar und auch all die Rückblicke, die im Film zu sehen sind, in einem alten Hotel in Hamburg gefilmt. Wir hatten eine großartige, sehr hart arbeitende deutsche Crew und die Zusammenarbeit hat trotz des Sprachengewirrs von Deutsch, Dänisch und Englisch hervorragend funktioniert.
Die von Ihnen angesprochene Zug-Szene ist für so einen Film sehr aufwändig - und auch sehr spannend – geraten. Wie haben Sie das gemacht, hatten Sie dafür einen eigenen Zug und die gesamte Strecke zur Verfügung und haben Sie viel mit Computer-Effekten gearbeitet?
Grundsätzlich bin ich der Auffassung: Je mehr man „in echt“ mit der Kamera aufnehmen kann, umso besser. Daher haben wir das auch so gemacht und selbst die Szene, in der das Auto dann vor dem Zug die Bahngleise kreuzt haben wir real gedreht – nur waren die Abstände da dann etwas größer als es jetzt im fertigen Film wirkt. Die Strecke hatten wir ein paar Stunden für uns und auch den kompletten Zug haben wir präpariert. Dazu kamen die Helikopter-Szenen, die meiner Meinung nach die dramatischsten Bilder liefern – ich habe übrigens selbst in einem der Hubschrauber gesessen und entschieden, wie nahe wir an den Zug rangehen.
Würden Sie auch gerne den nächsten Film der Reihe inszenieren?
Nun, ich hatte auf jeden Fall eine sehr gute Zeit dabei diesen Film hier zu machen. Es war auch eine große Herausforderung, denn es ist nicht leicht die Vorgänger zu übertreffen was den kommerziellen Erfolg angeht. Und ganz allgemein möchte man natürlich nicht abfallen im Vergleich. Das war alles nicht einfach, denn „Erlösung“ ist auch logistisch etwas größer angelegt als seine Vorgänger, außerdem empfinde ich Dreharbeiten allgemein immer als sehr anstrengend. Aber ich bin gerne bereit noch einmal in diese Welt einzutauchen, doch diese Entscheidung ist noch nicht getroffen worden.
Gibt es denn andere konkrete Projekte an denen Sie zurzeit arbeiten?
Ja, vor allem eines das mir viel bedeutet. Ich habe gerade das Skript für „Out Stealing Horses“ geschrieben, die Verfilmung des Buches von Per Petterson. Der Roman gilt als größter literarischer Erfolg Norwegens überhaupt und ich werde bei der Adaption wohl auch Regie führen, wenn wir die Finanzierung hinbekommen.
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