
„Zurück zu Dir“ könnte
alternativ eigentlich „Zurück in die Vergangenheit“ heißen.
Dabei gibt es in dem Film keine Zeitreisen oder ähnliches. Vielmehr
ist das Gefühl gemeint, das einen beschleicht, wenn gleich im
Vorspann Edelcrooner Dean Martin den sentimentalen Titelsong „Return
to Me“ zum Besten gibt und man nach den ersten Minuten glaubt, dieser
Film könnte aus den 50er Jahren kommen und Doris Day oder Rock
Hudson könnten jederzeit ins Bild laufen. All dies könnte
passieren, wenn ... ja wenn der männliche Hauptdarsteller nicht
so verdammte Ähnlichkeit mit einem gewissen lakonischen FBI-Ermittler
hätte, der in einem der interessantesten Serienphänomene
der 90er Ufo’s und Monstern hinterher jagte. Frisch von den X-Akten
auf die große Leinwand wagt sich also mal wieder David Duchovny.
Ausgesucht hat er sich für den nächsten Versuch eine Liebesgeschichte
wie sie altmodischer nicht hätte sein können. Gleichzeitig
bildet „Zurück zu Dir“ das Regiedebüt von Schauspielerin
Bonnie Hunt („Jumanji“, „Jerry Maguire“), die den Film sowohl als
Hommage an Hollywoods große Liebeskomödien als auch als
Hommage an ihre Heimatstadt Chicago versteht. Beides ist gelungen
in einem ungewöhnlich naiven, altmodischen und abgrundtief romantischen
Liebesfilm: Bob Rueland (David Duchovny), Architekt in Chicago, trauert
um seine Ehefrau Elizabeth (Joely Richards). Vor einem Jahr kam diese
bei einem fürchterlichen Autounfall ums Leben. Bob vergräbt
sich in Arbeit und auch die Verkupplungsversuche seines Freundes Charles
(David Alan Grier) bleiben fruchtlos. Zu tief sitzt die Trauer um
seine große Liebe. Aber gerade bei einem jener gezwungenen Verkupplungsabende
à la ‚Dies ist mein Freund und er ist zufällig solo’ landet
Bob in „O’Reilly’s Italian Restaurant“, dem besten aber vermutlich
auch einzigen irisch-italienischem (!) Restaurant Chicagos. Dort trifft
er auf die hier kellnernde Grace (Minnie Driver). Zwischen beiden
bahnen sich zarte Bande an. Für beide ist es eine vorsichtige
Annäherung: Während
Bob
immer noch von seiner Trauer und der Erinnerung an seine Frau eingeholt
wird, ist es für Grace die erste Romanze überhaupt. Seit
ihrer Kindheit hat die junge Frau aufgrund eines schweren Herzleidens
abgeschottet gelebt und kann nach einer Herztransplantation zum ersten
Mal ins Leben hinaustreten. Behutsam nähern sich die beiden emotional
sowie körperlich Vernarbten an. Interessiert beobachtet wird
dies von der Seniorenclique aus dem „O’ Reilly’s“: Graces irischer
Opa Marty (Carrol O’ Connor), ihr italienischer Onkel Angelo (Robert
Loggia) sowie Emmett, Wally und Sophie, der senior lonely hearts club
aus der Nachbarschaft. Außerdem gibt es da noch Graces beste
Freundin Megan (Bonnie Hunt), die sich neben ihrer Freundin vor allem
um ihre fünfköpfige Kinderschar sowie das inoffizielle sechste
Kind, ihren Proleten-Gatten Joe (James Belushi) kümmern muss.
Aber die größte Bewährungsprobe steht dem gerade gefundenen
Glück noch bevor. Denn die spezielle Bindung zwischen Bob und
Grace enthält eine makabre, vielleicht aber auch im wahrsten
Sinne des Wortes schicksalhafte Komponente: Was passiert, wenn Bob
herausfindet, dass in der Brust seiner neuen Geliebten Grace das Herz
seiner betrauerten Ehefrau schlägt? Kann
man eigentlich einem Film der ob unserer so zynischen Gegenwart beinahe
peinlich naiv, unschuldig und optimistisch ist, diese Dinge zum Vorwurf
machen? In diesem Falle nein. Denn wenn das Ergebnis so rührend,
witzig und schön anzusehen ist wie in „Zurück zu Dir“ muss
man den Zynismus einfach mal in der Tasche stecken lassen und sich
freuen, dass es noch möglich ist, sich von einer einfachen und
altmodischen Geschichte bezaubern lassen. Natürlich werden da
die Spötter sagen: Das ist aber alles viel zu schön, um
wahr zu sein. Und recht haben sie: Das malerische Restaurant, die
Eskapaden der rüstigen Rentnertruppe, der Schlussakt in der Stadt
der Liebe, Rom – all das sind Dinge, die uns natürlich eine Welt
vorgaukeln, in der es so viel schöner und harmonischer zugeht
als im wirklichen Leben. Diesen Realitätsanspruch erhebt „Zurück
zu Dir“ aber auch gar nicht. Es ist ein Hollywoodmärchen im wahrsten
Sinne, dass den Zuschauern all das gibt, was diese von einem Märchen
erwarten. Dass dies immer noch und gerade in den konfusen modern times
noch genauso funktioniert, beweisen andere Filme. Was waren denn „Pretty
Woman“ oder auch „Titanic“ (wenngleich man hier auf das „Und sie lebten
glücklich...“ verzichtete) denn schon anderes als moderne Aschenbrödelgeschichten;
moderne Varianten von Geschichten, die Generationen vorher geliebt
haben und die wahrscheinlich Generationen später in abgewandelter
Form lieben werden.
Bonnie
Hunt bringt uns also das Märchen der großen wahren Liebe.
Und was für ein schönes Märchen es ist. Alles
richtig gemacht hat Bonnie Hunt vor allem bei den Darstellern. David
Duchovny ist zwar kein Robert De Niro, aber er wird hier seinen Möglichkeiten
entsprechend eingesetzt. Duchovny hat einfach nicht die Leinwandpräsenz,
um einen Film alleine zu tragen (siehe das „Playing God“-Fiasko, das
nur auf seinen damals brandheißen Namen auf dem Plakat setzte).
Interagiert er jedoch mit anderen, teilweise sogar stärkeren
Schauspielern, so kann er passabel zwischen Tragik und Komik wechseln
und die ein oder andere hölzerne Darstellung vergessen machen.
Die süße Minnie Driver zeigt hier vor allem komisches Talent
und es sollte auch in nächster Zeit durchaus mit ihr zu rechnen
sein. Hey, wenn unser toughes Schnuckelchen Angelina Jolie es bis
zum Oscar geschafft hat....
Das
wichtigste für das Gelingen dieses Films ist jedoch die Chemie
zwischen den Hauptdarstellern und die stimmt hier hervorragend. Man
will als Zuschauer, dass die beiden einander bekommen und wird denn
folgerichtig auch damit beliefert. Die angenehmste Überraschung
in den Nebenrollen ist – neben dem sichtlich mit großem Spaß
agierenden Seniorenquintett – James Belushi. Seine Vorstellung des
käppitragenden, fluchenden Durchschnittsamerikaners, der stolz
seinen Bierbauch als Symbol vor sich her trägt, macht wirklich
Spaß. Mit Bonnie Hunt selbst steht ihm als Ehefrau eine Partnerin
gegenüber, die für derart Rollen gemacht ist. In „Jerry
Maguire“ war sie die kluge Schwester, hier ist sie die kluge beste
Freundin. Smart casting, Bonnie. Insgesamt betrachtet hat “Zurück
zu Dir” alles, was dieser Film braucht. Die Trauerszenen nach dem
Tod von Bobs Frau sind wirklich ergreifend (etwa wenn ihr gemeinsamer
Hund noch Monate später an der Tür auf Frauchen wartet und
Duchovny zwischen Schmerz und Frustration dem Tier zu erklären
versucht, dass Frauchen gar nicht mehr kommt), die vielen humorvollen
Einlagen wirklich komisch (Megan: „Hast Du Dir deine Beine rasiert?
Gott, sag mir nicht, du hast Dir die Beine rasiert. Wenn eine Frau
sich für ein Date die Beine rasiert, ist das ein eindeutiges
Zeichen, dass sie zu weit gehen will!“) und die Darstellungen des
wirklich guten Ensembles runden diese Gourmetplatte für alle
Träumer und hoffnungslosen Romantiker ab. Auch wenn diesem Film
vermutlich weder der ganz große Erfolg noch eine Art Kultstatus
beschert sein wird: „Zurück zu Dir“ ist das „Schlaflos in Seattle“
der neuen Dekade.
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