Elling 2 - Nicht ohne meine Mutter

Originaltitel
Mors Elling
Land
Jahr
2003
Laufzeit
78 min
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Nadja Raweh / 31. Mai 2010

Wir erinnern uns: "Elling", der Oscar-nominierte Erstling aus dem Jahr 2001, erzählt die Geschichte eines frisch aus der Psychiatrie entlassenen Mitdreißigers. Der erheblich lebensuntüchtige Elling lernt in der Stadt Oslo, was Alltag bedeutet.
"Elling - Nicht ohne meine Mutter" ist die zweite Romanverfilmung des norwegischen Schriftstellers Ingvar Ambjörnsen. Sie zeigt einen Teil der Vorgeschichte zu "Elling" -Teil 1, setzt also zu einem früheren Zeitpunkt in Ellings Leben an. Zu einer Zeit, als die Titelfigur sich noch bequem hinter Mutters Rock verstecken konnte. Ein unselbständiger Stubenhocker, dominiert von seinen Hemmungen und Neurosen. Ellings Leben spielt sich zwischen dem allmorgendlichen Rasierritual, Mutters Frikadellen und seinen Sammelordnern mit Bildern der Ministerin Gro Harlem Brundtland ab. Eine Insel ohne jegliche Eigenverantwortung oder gar Lebensplanung: "Ich bin etwas schwach. Elling muss auf mich aufpassen!", behauptet Ellings Mutter. Doch sie ist es, die den Einkauf erledigt, ans Telefon geht, und Bücher für den Sohn aus der Bibliothek leiht. Und nun, nach all den Jahren der stillen Führsorge, möchte sie sich einen Traum erfüllen: Ellings Mutter beschließt, dass sie einen Blick auf die Welt werfen will und bucht zwei Reisen nach Mallorca. Eine Woche, Frühstück inklusive.
Das ist zuviel für Elling. Seine gemütliche Idylle wird aufs empfindlichste gestört. Denn weshalb muss man woanders hinfahren, um Spaß zu haben?: "Den meisten Spaß haben wir doch zu Hause." Und wenn man sich das erst einmal recht durch den Kopf gehen lässt. Urlaub auf Mallorca - was bedeutet das eigentlich: "Nichts weiter als wüste Sauforgien in Hotelzimmern und hemmungsloser Sex in gigantischen Doppelbetten." Andererseits ist es doch wohl so, dass die Frauen auf Mallorca: "für ihre sinnliche Ausstrahlung berühmt sind. Wenn man mit den Fingern schnippt, bringen sie Obst und Wein. Mit breitem Lächeln und Hüftschwung..und im Allgemeinen nackt." Also entschließt sich Elling, auch einen kleinen Blick auf die Welt zu riskieren - seiner Mutter zu Liebe, versteht sich.
Die Reise ist für Elling eine einzige Qual. Die alltäglichsten Prozeduren des Reiseunternehmens und der Flugabfertigung stellen Elling vor unüberwindbare Herausforderungen. Immer wieder wird er mit seiner Unerfahrenheit, seinen Schwächen konfrontiert. Er überspielt diese Extremsituationen mal mit stichelnder Bösartigkeit, mal mit unkontrollierten Wutausbrüchen, mal mit hilflosen Fluchtversuchen - gilt es doch, seine Mutter vor den Avancen ihres neuen Verehrers, Oberst a.D. Bugge- Høvig, zu schützen, und sich selbst vor der erotischen Ausstrahlung der Bikini-Schönheiten am Strand.
Solch einen liebenswerten Psychotiker zu spielen, ist wahrlich nicht einfach. Dem Norweger Per Christian Ellefsen gelingt das allein durch den Ausdruck seiner Augen, durch ein Runzeln seiner Stirn. Seine Gesichtszüge haben von Natur aus etwas clownesques. Und so wie Clowns von Natur aus ambivalent sind, zwischen Trauer und Lachen schwanken, schwer zu durchschauen sind und nicht immer liebenswert wirken, so ist auch Ellefsens "Elling". Er ist eine Figur, die man mögen und gleichzeitig unsympathisch finden, meisten aber nur bemitleiden kann. Und für all diese charakterlichen Untiefen ist Per Christian Ellefsen -der den Elling bereits in der ersten Verfilmung und in Theaterstücken spielte - die perfekte Rollenwahl.
Mit dem Film selbst verhält es sich ähnlich wie mit dem Gesicht des Hauptdarstellers: Man weiß nie so recht, ob man lachen oder weinen soll. Unter der Regie von Eva Isaksen gerät der zweite Elling-Film düsterer als unter ihrem Vorgänger Petter Næss. Die mallorquinischen Bettenburgen wirken trotz vereinzelter Palmen und Sonnenstrahlen so trist wie die heimische Plattenbauwohnung. Es gibt keinen Ausweg, keine Lösungen, weil Elling keine Ahnung von Problembewältigungen oder schlicht vom Leben hat. Für ihn gibt es keinen Ort, an den er passen würde. Diese beklemmende, manchmal schwer nachvollziehbare Situation setzt Regisseurin Isaksen teilweise zu seicht um. Zu oft verlässt sie sich auf das simple ‚Alte Mutter mit neurotischem Sohn auf Odyssee'-Prinzip. So schwankt man zwischen schwerer Kost und kleinen trivialen Drehbuchhängern hin und her. Und wir nähern uns Ellings Seelenzustand immer dichter an ....

Bilder: Copyright

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.