Chanson D'Amour

Originaltitel
Quand J'Etais Chanteur
Land
Jahr
2005
Laufzeit
112 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Sandra Hertel / 29. Juni 2010

Eine junge, schöne Frau, die innerlich zerrissen ist, trifft auf einen älteren und beliebten Künstler, der unter dem Stillstand in seinem Leben leidet. Nein, das ist nicht "Lost in Translation 2", sondern ein französischer Film über Chansons, mit - richtig geraten: Gérard Depardieu.

Alain Moreau (Gérard Depardieu) ist ein Schmusesänger in der französischen Provinz. Die Damen aus seinem Tanzsaal lieben ihn, doch trotz der vielen Verpflichtungen bei Geburtstagen und feierlichen Veranstaltungen ist er mit sich nicht zufrieden. Unter den vielen Frauen in seinem Leben war nie eine dabei, die ihn völlig erfüllen konnte. Eines Abends scheint er diese Frau nun in seinem Publikum erblickt zu haben, in der Gestalt der schönen Maklerin Marion (Cécile de France), Praktikantin seines Freundes Bruno (Mathieu Almaric). Alain beginnt seine Charme-Offensive und nach einigen Gläsern Champagner und Liebesliedern hat er Erfolg: Die beiden landen im Bett. Doch die Geschichte beginnt erst am nächsten Morgen. Als Marion aufwacht, ist sie schockiert über ihren "Ausrutscher" mit dem alten Sänger und ergreift die Flucht. Alain allerdings ist sich sicher, die Liebe seines Lebens gefunden zu haben, und versucht Marion wieder zu sehen.
So wendet er sich wieder an das Makler-Büro seines Freundes und bittet Marion, ihm Häuser zu zeigen. Mit dem Versprechen, auf Distanz zu bleiben, beginnen die beiden ihre Reise durch zahlreiche Häuser und lernen sich langsam kennen. Aber immer wieder werden die großen Hoffnungen von Alain enttäuscht.

Marion ist sehr distanziert, und kaum hat sie das Gefühl zu viel von sich gezeigt zu haben, verschließt sie sich erneut. Deshalb drehen sich Alains Versuche, das Eis zwischen den beiden zu brechen, im Kreis. Da sich auch der Film hauptsächlich mit den Begegnungen der Protagonisten beschäftigt, ist dieses ständige Hin und Her anstrengend mit an zu sehen. Die beiden begegnen sich in einem Haus, reden ein wenig und wandern umher. In vielen dieser Szenen ist die Inszenierung der Schauspieler sehr gelungen und hinter der Oberflächlichkeit der Dialoge schimmern die tiefen Ängste und Unsicherheiten hervor. Kleine Einstellungen verraten viel über Alain und Marion und ihr allmähliches Näher kommen. In solchen Momentan ist der Film gelungen.
Aber an mehreren Stellen gibt es Brüche, die wie Unterbrechungen den Filmgenuss schmälern. Dann scheint es, als wäre beim Schneiden eine Szene verloren gegangen, weil etwas fehlt, um die Begegnungen miteinander zu verbinden und in eine Entwicklung zu bringen. Beim ständigen "Sich-im-Kreis-Drehen" verliert sich die Orientierung, da die sprunghaften Reaktionen der Protagonisten ziellos und widersprüchlich sind. Dann wird der Film holprig, verliert seinen roten Faden und gibt kein stimmiges Bild. Vielleicht liegt das daran, dass sich Regisseur Xavier Giannoli bisher hauptsächlich durch Kurzfilme hervorgetan hat: Für "L'interview" erhielt er sowohl die Goldenen Palme als auch den César.
Mehr Lob gibt es aber für die Darsteller zu verteilen. Gérard Depardieu kann in der Darstellung des alternden Stars und ehemaligen Weiberhelden sowohl sein dramatisches als auch romantisches Talent zeigen und beweist wieder einmal, wie breit die Palette seines schauspielerischen Könnens ist. Auch wenn man ihn nicht mehr als körperlich attraktiv bezeichnen kann, an Charme hat er sicher nichts eingebüßt.
Auch Cécile de France ist eine absolut gelungene Wahl für die unnahbare Schöne. Trotz der vielen Sprünge, die ihre Figur macht, bleibt ihr Spiel immer authentisch und glaubhaft. In Frankreich ist sie bereits ein mit zwei Césars (dem französischen Oscar) ausgezeichneter Star. Bisher spielte sie hauptsächlich in Komödien mit, in Deutschland kennt man sie aus "L'auberge espagnole - Barcelona für ein Jahr" und dem Nachfolger "Wiedersehen in St. Petersburg".

Beziehungen junger Frauen mit wesentlich älteren Männern sind schon seit langem keine Kuriosität mehr. In "Chanson d'amour" werden all ihre Probleme und Hindernisse beschrieben - mit dem Ergebnis, dass quasi überhaupt keine Unterschiede zu Beziehungen zwischen Gleichaltrigen zu erkennen sind. Der besondere Fokus des Films ist auch nicht auf den Altersunterschied, sondern auf die Spiegelung und Intensivierung von Gefühlen in Musik gerichtet. Da Alain ein Sänger der typisch französischen Chansons ist, bestimmen diese die Stimmung und die Melodie des Films: Mal leidenschaftlich, mal zart, mal melancholisch und mal bitter-süß. Ein Wunder ist es, dass Xavier Giannoli da nicht ins Kitschige abrutscht, aber glücklicherweise erspart er uns Peinlichkeiten. Die Balance zwischen Lebendigkeit und Tragik bleibt gewahrt, das rettet den Film auch über seine Unstimmigkeiten im dramaturgischen Verlauf hinweg.
Doch trotz der guten Dialoge und der beachtlichen schauspielerischen Leistung ist der Film nicht herausragend, dafür bietet die Geschichte zu wenig Neues. Zu hoch ist der Wiedererkennungswert vieler Szenen: Das habe ich doch schon mal irgendwo besser gesehen? Stimmt!

S. Hertel

 


Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.