Zurückhaltend ist das nicht, was man bei einem Blick in den internationalen Pressespiegel zu lesen bekommt. Da ist von einem unvergesslichen Meisterwerk die Rede, dem Kultfilm des Jahres. Der englische "Guardian" erkennt in "13 Tzameti" einen unerträglich spannenden Thriller, der das Zeug zum Klassiker hat, und zu guter letzt dürfen auch noch Polanski und Hitchcock als Vergleich herhalten. Die besten Werke dieser beiden Herren wohlgemerkt. Die Euphorie ist verständlich, immerhin reden wir hier vom mehrfachen Festival-Erfolg des Georgiers Gela Babluani. Gela wer? Kennen muss man diesen Namen hierzulande nicht. Bei "13 Tzameti" handelt es sich um Babluanis Debüt. Aber wissen sollte man: Sein Film Noir ist bei Weitem nicht der Kracher, als der er mancherorts abgefeiert wird. Und wer sich den Kinobesuch gleich ganz sparen möchte, dem sei ein Besuch der Film-Homepage ans Herz gelegt - denn dort geizt man nicht damit, die einzige interessante Idee des gesamten Films gleich vorwegzunehmen.
Sebastien (Babluanis Bruder George) lebt in Frankreich, ist aber aus Georgien eingewandert. Als Dachdecker kommt er gemeinsam mit seiner Familie so halbwegs über die Runden. Sein derzeitiger Auftraggeber, Monsieur Godon, ist morphiumsüchtig und sehr bald sehr tot, womit die Probleme für Sebastien ihren Anfang nehmen. Dabei wittert er doch zunächst seine große Chance: Godon hat vor seinem Ableben einen Brief erhalten und daraufhin von sehr viel Geld und Glück gesprochen, das ihm kurz bevorstünde. Sebastien wird neugierig, Geld kann man immer gebrauchen, und nimmt kurzerhand nicht nur den Brief, sondern gleich die Identität von Godon an. Den Anweisungen des Briefes folgend landet er in einem Haus, das zwar sehr abgelegen ist, aber dafür alles andere als verlassen. Sebastien begreift sehr schnell, dass er sich auf ein Spiel mit unschönen Regeln eingelassen hat.
Womit wir wieder bei eingangs erwähnter Idee angelangt wären, die aus Rücksicht auf potentielle Kinogänger natürlich nicht verraten werden soll. Nur so viel: Der Titel des Films ("Tzameti" heißt nichts anderes als "13") erlangt hierbei - zumindest im Anfangsstadium - größere Bedeutung. Jene Idee, von der man nahezu annehmen musste, dass sie härter und grausamer ist als jeder Schrecken, den es bisher auf der Leinwand zu sehen gab - ob physisch oder psychisch sei mal dahingestellt -, fällt letzten Endes nur halb so schlimm wie befürchtet/erhofft aus. Sicher, mit dem Protagonisten tauschen mag wohl keiner, aber wer ab und zu mal in einen Genre-Film geht, der einem volljährigen Publikum vorbehalten ist, dürfte auch schon bedeutend härtere, schwerer zu verdauende Einfälle präsentiert bekommen haben.
Das Problem an "13 Tzameti" ist nun, dass seine Prämisse zwar ganz okay ist, aber einfach nicht außergewöhnlich genug, um zu übertünchen, dass der restliche Film nicht viel zu bieten hat. Ausgerechnet Hauptdarsteller George Babluani vermag den Zuschauer nicht richtig für sich einzunehmen, wodurch die Anteilnahme am (selbstverschuldeten) Schicksal von Sebastien ebenso gering bleibt wie die Sorge um den Charakter. Die zweite Filmhälfte gerät dann fast ein wenig ärgerlich, da sich die wesentlichen Entwicklungen nun erahnen lassen, einschließlich des finalen Aktes, dessen beabsichtigte Wirkung somit auch komplett verpufft.
Babluani liefert eigentlich keinen schlechten Film ab. Gerade die erste Hälfte, in der noch im Unklaren bleibt, wohin Sebastiens Reise führt, ist durchaus unterhaltsam und die Geschehnisse am Zielort vermitteln in den ersten Minuten auch eine gewisse Spannung. Aber "unerträglich spannend" ist das genau so wenig wie der Film ein "unvergessliches Meisterwerk" ist. Vom nächsten Hitchcock sind wir dann auch noch ein gutes Stück entfernt.
Aber immerhin: "13 Tzameti" ist nun schon drei Jahre alt (wenn man bedenkt, wie lange es dauerte, bis es Christopher Nolans bedeutend besseres Noir-Debüt "Following" zu uns schaffte, sind drei Jahre schon fast wieder eine kurze Zeit) und mittlerweile ist auch Hollywood darauf aufmerksam geworden. Ein Remake ist bereits in Planung, Namen wie Tobey Maguire, Leonardo DiCaprio, Joaquin Phoenix und Brad Pitt sind im Umlauf, und Babluani darf gleich selbst auf dem Regiestuhl Platz nehmen. Gute Gelegenheit also für ein Hollywood-Remake, das dem ausländischen Original ausnahmsweise mal überlegen ist.
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