Filmszene-Special: Interview mit den "Battle of the Sexes" - Regisseuren Valerie Faris & Jonathan Dayton

von Volker Robrahn / 21. November 2017

Das Thema „Tennis“ ist aktuell gleich mit zwei Filmen in unseren Kinos vertreten und in beiden geht es um ein Duell aus den 70er Jahren. Während sich „Borg/McEnroe“ aber auf die inneren Konflikte seiner beiden Titelfiguren konzentriert, widmet sich „Battle of the Sexes“ einem umfassenderen Thema. Denn der „Kampf der Geschlechter“ zwischen der früheren Weltranglistenersten Billie Jean King und dem alternden Ex-Champion Bobby Riggs zeichnet ein ziemlich exaktes Bild der damaligen gesellschaftlichen Zustände, die auch zum Vergleich mit der aktuell laufenden Diskussion zum Thema Sexismus reizen. Das Regie-Ehepaar Valerie Faris & Jonathan Dayton, das seinen großen Durchbruch einst mit „Little Miss Sunshine“ feierte, präsentierte den Film auf dem Filmfest Hamburg und sprach dabei auch mit Filmszene.

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Filmszene: Das ist eine ziemlich spannende und faszinierende Geschichte, die Sie sich da vorgenommen haben.

Valerie Faris: Kannten Sie die Story denn vorher schon?

Ja, es war mir grob bekannt, dass es so ein Match gegeben hat. Was mir allerdings völlig neu war, ist die Tatsache, dass es ja bereits der zweite Schaukampf dieser Art war den Bobby Riggs bestritt. Von dem vorhergehenden gegen Margaret Court hatte ich noch nichts gehört. Und mir war auch nicht bewusst, wie alt er zu dem Zeitpunkt schon war, deshalb war ich zunächst auch von der Besetzung mit Steve Carrel überrascht.

Valerie Faris: Ja, darum geht es ja auch in der Geschichte, seine Karriere war eigentlich vorbei, aber er fand damit einen Weg zurück ins Rampenlicht. Steve hat dazu viel mit Lornie Kuhle gearbeitet, der zum damaligen Zeitpunkt der Trainer von Bobby Riggs war – und auch einer seiner engsten Freunde. Er hat ihm viel über Bobbys Persönlichkeit, seine Macken und Angewohnheiten erzählt. Das hat nicht nur dazu geführt, dass Steve mehr Zugang zu seinem Charakter finden konnte sondern dass er auch eine Menge Sympathie für ihn entwickelt hat.

Jonathan Dayton: Genau darum geht es nämlich, dass dieser Bobby Riggs eben eine sehr interessante und vielschichtige Persönlichkeit war. Vieles von dem was er in der Öffentlichkeit gezeigt hat war einfach Show, eine Inszenierung. Aber er und Billie Jean King sind anschließend gute Freunde geworden, er hat ihr etwas bedeutet. Was einfach zeigt, dass es da noch andere Dimensionen dieses Charakters gibt und dem wollten wir natürlich mit unserem Film auch gerecht werden.

Neben dem persönlichen Drama – das in Ihren Filmen ja stets eine große Rolle einnimmt – hat „Battle of the Sexes aber auch ganz klar eine politische Dimension. Aber war das von Anfang an so geplant? Denn Sie konnten bei Drehbeginn ja nicht wissen, wie sehr das Thema Sexismus, ob nun durch Hollywood oder auch den aktuellen amerikanischen Präsidenten, in den Fokus der Öffentlichkeit geraten wird. Sie konnten auch nicht vorhersehen, dass eine Margaret Court durch homophobe Äußerungen für Aufsehen sorgen und dass Ihre Hauptdarstellerin Emma Stone dieses Jahr den Oscar gewinnen würde.

Jonathan Dayton: Wir haben das Ganze schon auch immer als eine politische Sache betrachtet, denn diese Themen verschwinden ja auch dann nicht wenn sie mal nicht so sehr in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Wir wollten aber auch nicht zu prätentiös daherkommen, nicht zu dick auftragen und haben daher schon mehr das persönliche Drama in den Vordergrund gestellt. Aber klar, die Entwicklung hat uns dann auch überrascht. Billie Jean King ist ja gut mit Hillary Clinton befreundet und eigentlich hatten wir gehofft mit unseren Film eine Vorführung im Weißen Haus zu bekommen.

Valerie Faris: Wir erzählen die Geschichte ja aus der Perspektive von Billie Jean und daher ist es schon automatisch ein intimer Blick, der den historischen Kontext etwas in den Hintergrund rückt. Im Vordergrund steht dagegen die Frage, wie es sich für sie angefühlt hat für die Gleichberechtigung zu kämpfen. Und dabei gleichzeitig einen Teil ihrer Persönlichkeit zu entdecken, der sie zunächst erschreckt hat, den sie sich nicht gleich eingestehen wollte und geheim halten musste. Das sind alles Aspekte die uns interessiert haben.

Jonathan Dayton: Aber natürlich spielt die aktuelle Entwicklung eine Rolle, wenn es um die Rezeption unseres Films geht. Vor der US-Präsidentenwahl haben die Leute auch schon positiv darauf reagiert, aber nach dem Wahlergebnis waren die Reaktionen wesentlich aufgeregter und es war überall eine größere Anspannung zu spüren. Da denkt man der Typ in unserem Film sagt frauenfeindliche Sätze, mit denen man heute nicht mehr durchkommt und dann beweist ein Präsidentschaftskandidat das Gegenteil.

Wie wichtig war Ihnen für Ihren Film eine möglichst akkurate Umsetzung der Tennisszenen auf dem Platz?

Valerie Faris: Der Tennissport bietet in unserem Film in erster Linie die Hintergrundbühne für ein weit allgemeineres Thema. Aber natürlich war der Sport wichtig, denn Billie Jean King ist eine sehr bedeutende und einflussreiche Persönlichkeit in eben genau diesem Sport.

Jonathan Dayton: Wenn wir uns nicht bemüht hätten die Spielszenen gut und glaubwürdig hinzubekommen, hätten vermutlich viele Leute gesagt der ganze Film taugt nichts weil das Tennis darin mies inszeniert ist. Daher haben wir versucht möglichst viel Material aus dieser Zeit zu sichten, denn in den Siebzigern wurde noch eine ganz andere Art Tennis gespielt, deutlich langsamer und auch weicher, es gab noch nicht diese „Power“-Spieler wie heute.

Valerie Faris: Was vor allem für Emma Stone natürlich auch eine Menge Training bedeutet hat, damit sie körperlich die Form und das Aussehen einer Athletin bekam. Sie hatte den Ehrgeiz Arme wie Billie Jean King zu bekommen und hat dafür eine Menge Gewichte gestemmt.

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Filmszene-Redakteur Volker Robrahn beim Interview mit Jonathan Dayton & Valerie Faris

 

Es sieht so aus, als ob Sie Beide nur alle fünf Jahre einen neuen Kinofilm machen, denn so lang waren jeweils die Pausen zwischen „Little Miss Sunshine“, „Ruby Sparks“ und jetzt „Battle of the Sexes“. Ist es also noch viel zu früh Sie zu fragen welches Projekt als nächstes ansteht?

Jonathan Dayton: Doch, wir haben sogar mehrere Projekte an denen wir aktuell arbeiten und wir hoffen auch, dass diese dann etwas schneller realisiert werden. Aber es ist schon bemerkenswert, wie viel Zeit so etwas halt oft verschlingt. Denn wir sind nun mal bemüht möglichst keine reinen Genre-Filme zu machen, also zu sagen dieser Film ist eine Liebesgeschichte und dieser ist ein Sportfilm oder ein politisches Drama. Wir versuchen schon gern solch einfache Zuordnungen zu vermeiden, aber das bedeutet dann eben auch: Mehr Zeit für das Drehbuch aufzuwenden, mehr Zeit im Schneideraum und auch kompliziertere Verhandlungen mit den Produzenten. Unser nächster Film wird aber voraussichtlich völlig anders werden als alles was wir bisher gemacht haben.

Valerie Faris: Wir haben zum Glück auch diverse Werbeaufträge, die uns dabei helfen die Rechnungen zu bezahlen. Der Kinofilm ist dagegen ein fast heiliger Bereich in den wir uns nicht des Geldes wegen bewegen sondern nur wenn auch wirklich alles passt.


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