Filmszene Special: Interview mit "Bourne-Vermächtnis" - Regisseur Tony Gilroy

von Volker Robrahn / 12. September 2012

Filmszene: Tony, das „Bourne-Vermächtnis“ ist der erste Film der Reihe, bei dem Sie nun auch Regie führen. Wird es auch der letzte sein oder geht es noch weiter?

Tony Gilroy: Es muss nicht der letzte sein. Aber das entscheidet letztlich das Publikum.  Es sitzt bei uns niemand mit einem „Masterplan“ irgendwo oben im Hintergrund, denn auch nach dem dritten Film wurde spontan entschieden, dass es weitergehen soll.  Es gibt mindestens  ein Dutzend Möglichkeiten, wie man die Geschichte weiterführen könnte, aber ganz ehrlich – im Moment mache ich mir darüber noch keinerlei Gedanken.

 

gilroy 1Sie sind nun schon sehr lange bei den „Bourne“-Produktionen dabei, von Anfang an sogar. Haben Sie denn zumindest einen Moment gezweifelt als es hieß, „wir drehen jetzt einen weiteren „Bourne“-Film ohne die Figur Jason Bourne“?

Die Frage stellte sich für mich so nicht, denn als das Projekt begann und beschlossen wurde, war ich komplett draußen und nicht daran beteiligt.  Es gab eine Menge Überlegungen, aber ich war zunächst kein Teil davon. Dann verließ Paul Greengrass Monate später das Projekt und man kam zu mir, bot mir eine Tasse Kaffee an und fragte so ganz nebenbei, was man denn  jetzt wohl machen könnte.  Mehr als ein wenig am Drehbuch herumzufeilen hatte ich mir da aber nicht vorgestellt, bis sich schließlich langsam raus kristallisierte, dass es wohl die ernsthafte Option gab, dass ich auch die Regie übernehmen könnte.

 

Was ja gar nicht so abwegig ist, denn schließlich sind sie kein Regie-Neuling. Allerdings hatten ihre bisherigen Filme „Michael Clayton“ und „Duplicity“ eher wenig Action-Elemente und wurden mehr durch die Dialoge geprägt.

Das stimmt zwar, aber ich war schon an vielen anderen Action-Filmen beteiligt und habe daran mitgeschrieben. Nicht nur  den „Bourne“-Folgen sondern z.B. schon an „Armageddon“. Ganz fremd ist mir der Bereich also nicht und ich wusste genug um mir das zuzutrauen. Und ganz wichtig ist, dass Du diese Art Filme magst, dass Du einen zehnjährigen Jungen in Dir hast, der einen Riesenspaß an Action-Filmen hat. Und das ist bei mir definitiv der Fall.

 

Ein Markenzeichen der  „Bourne“-Reihe war ja die wackelige Handkamera zur Erzeugung von mehr Realismus. Viele Leute liebten die, aber Einige hassten sie  auch. Sie haben nun darauf weitgehend verzichtet, warum?

Erst einmal muss man bedenken, dass eigentlich erst Paul Greengrass ab dem zweiten Film dieses Stilmittel einführte, der Erste ist praktisch frei davon. Man kann also nicht sagen, dass es auf jeden Fall und unbedingt bei „Bourne“ dazugehört. Und ich denke auch, dass sich der Reiz des Ganzen mittlerweile etwas überholt hat, nicht zuletzt weil so viele andere Filme das Muster kopiert haben. Daher sah ich eigentlich keine Notwendigkeit für die Handkamera und für unsere Erzählstruktur  brauchten wir das auch nicht. Unsere Erzählweise ist ja eher ein wenig „episch“ angelegt.

 

War die Auswahl des Nachfolgers von Matt Damon einfach?

Oh nein, das war eine Tortur.  Wir haben mit mehr als 50 Darstellern gesprochen, also praktisch mit jedem der irgendwie in Frage kam. Und Jeremy Renner war erst noch nicht mal verfügbar, als es dann in seine Richtung ging.  Aber er ist wirklich der Richtige für die Rolle, er hat die Ausstrahlung und so etwas Unberechenbares, selbst dann wenn die Kamera nicht läuft.

 

gilroy 2Macht es beim Schreiben eigentlich einen Unterschied, ob man für einen Film schreibt, den man dann anschließend selbst umsetzt oder nur für einen anderen Regisseur?

Ich behaupte, dass jeder Drehbuchautor der seinen Beruf mit Leidenschaft ausübt jede einzelne Szene die er schreibt sowieso in seinem Kopf auch umsetzt und inszeniert. Insofern macht es bei der Arbeit selbst eigentlich keinen Unterschied, nein.

 

Was ist denn der schwierigere Teil,  schreiben oder doch Regie führen? Und würden Sie auch mal einen Film inszenieren, den Sie nicht selbst geschrieben haben?

Das Schreiben ist der schwierigere und anstrengendere Teil, eindeutig. Denn dabei ist man ganz allein, während einem bei Regieführen ja hunderte Leute helfen und zuarbeiten.   Beim Schreiben hilft Dir keiner, keiner interessiert sich für Dich oder fragt wie es Dir geht. Gaaanz furchtbar ist das und eben völlig anders.  Aber klar, ich würde auch für einen Film die Regie übernehmen, den ich nicht selbst geschrieben habe. So dogmatisch bin ich nicht, also könnte sich das durchaus mal ergeben. Das käme ganz auf das Projekt an und wird man dann sehen.


Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.