Obwohl Regisseur John Carpenter in den 70er und (frühen) 80er Jahren mit Filmen wie "Halloween", "The Fog", "Christine", "Die Klapperschlange", "Dark Star" und dem genialen Remake von "Das Ding" gleich ein halbes Dutzend Genreklassiker abgeliefert hat, ist ihm seit über einem Jahrzehnt kein wirklich überzeugender Film mehr gelungen. Auch "Ghosts of Mars" bildet da keine Ausnahme und reiht sich in die immer länger werdende Liste von verbockten Carpenter-Machwerken á la "Flucht aus L.A.", "Das Dorf der Verdammten" oder "Jagd auf einen Unsichtbaren" ein.
Ähnlich wie schon in seinem gescheiterten 99er Comebackversuch "Vampires" versucht der ehemalige Meisterregisseur in seinem neusten Streifen, Elemente des Horror- und Westerngenres zu kombinieren, wobei die unausgegorene Mixtur zu allem Überfluss auch noch in einen völlig sinnlosen Sci-Fi-Kontext gebettet wurde. Die Story von einem Killernebel, der die Bewohner einer Marskolonie in eine Horde wütender Heavy-Metal-Zombies verwandelt, ist demnach auch genauso beschissen, wie sie klingt, und im Grunde genommen erübrigt sich eine Inhaltsangabe. Dennoch, fürs Protokoll:
Jahr 2176. Nachdem mittels Terraforming auf dem Mars eine erdähnliche Atmosphäre erzeugt wurde, leben nun fast 640.000 Menschen in einer matriarchalischen Gesellschaft (wobei in Carpenters Vision das Matriarchat so eine Art lesbischer Kaffeekranz ist) auf dem roten Planten und tragen in zahllosen Minen dessen natürliche Ressourcen ab. In dieser unwirtlichen Welt erhält die leicht drogensüchtige Marspolizistin Lt. Melanie Ballard (Natasha Henstridge) den Auftrag, den inhaftierten Schwerverbrecher James "Desolation" Williams (Ice Cube) von einem Provinzgefängnis in die marsianische Hauptstadt zu überführen, um ihn dort vor den Richter zu stellen. Leider müssen sie und ihre Kollegen bei ihrer Ankunft in dem abgelegenen Minenstädtchen "Shining City" aber feststellen, dass dessen sämtliche Einwohner bestialisch ermordet worden sind und nur die Insassen des Gefängnisses in ihren Sicherheitszellen das Massaker überlebt haben. Als eine Bande von besessenen Marszombies unter der Führung von Big Daddy Mars (kein Witz!) zum erneuten Angriff ansetzt, müssen sich Cops und Gefangene wohl oder übel zusammenraufen, um der bösen Macht vereint entgegenzutreten.
Ice Cube spielt einen echt bösen Buben. Wer hätte das gedacht. |
Mittels ständig wechselnder Erzählperspektiven und ermüdenden Rückblenden gelingt Carpenter das Kunststück, aus dieser dünnen Story einen 110 Minuten langen Film zu machen, dem man sein bescheidenes Produktionsbudget zu jeder Minute ansieht. Schon die Besetzung lässt das Schlimmste befürchten: Ice Cube darf in seiner Rolle als rauer Einzelgänger James "Desolation" Williams (Yo!) ganz dick einen auf mothafuckin' gangsta machen und permanent vermeintlich coole Sprüche der Kategorie "Dann lass uns richtig Vollgas geben" oder "Wir sehen uns in der Hölle, Wichser" ablassen. Check this out! Natasha Henstridge bemüht sich zwar redlich darum, sämtliche Zweifel an ihren mimischen Fähigkeiten zu bestätigen, wird in ihren Anstrengungen aber noch von den erbärmlichen Leistungen der restlichen Darsteller übertroffen, deren Spiel irgendwo zwischen Pornofilm und Realsatire anzusiedeln ist.
Auflauf der Untoten oder Jahrestreffen des Kiss-Fanclubs? Unfreiwillig komisch auf jeden Fall. |
John Carpenter führt seinem Publikum dabei eindrucksvoll vor Augen, wie man auch mit schlechten Darstellern und wenig Geld einen sehr schlechten Film drehen kann: die Marskulissen sehen so billig aus, dass man befürchtet, sie würden jeden Moment umkippen, die Masken der Zombies hat man sich anscheinend vom lokalen "Kiss"-Fanclub ausgeliehen (wobei im Laufe des Films nicht klar wird, warum sich die Jungs mit Vorliebe Essbesteck in die verschrumpelten Visagen schieben und selbstgebaute Zahnspangen aus Stacheldraht tragen) und auf digitalen Hokuspokus wurde gänzlich verzichtet. Stattdessen harmonieren die Pappmachémodelle und gemalten Hintergründe hervorragend mit den lahmen Actionszenen, welche die virtuose Stuntchoreographie der Bad Segeberger Karl-May-Festspiele besitzen: Während Ice Cube und Co. minutenlang in der Gegend rumballern, wird der eine oder andere Sylvesterböller gezündet und ein paar maskierte Stuntmänner gehen theatralisch zu Boden oder hüpfen auf versteckten Trampolins herum. Untermalt wird das Spektakel von herrlich uninspirierten Metal-Riffs mit dem Headbang-Faktor eines Bon Jovi-Songs (angeblich wurde das nervtötende Geschrammel auch noch vom Gitarrengott Steve Vai und der Rhythmussektion von "Anthrax" eingespielt).
Der einzige Grund, sich "Ghosts of Mars" doch noch anzutun, ist der unfreiwillige Humor des Films. Spätestens nach 45 Minuten kann man sich als Normalsterblicher einfach nicht mehr zurückhalten und fängt an, sich köstlich über den geballten Blödsinn des Streifens zu amüsieren. Ist dieses Stadium erst einmal erreicht, macht "Ghosts of Mars" aufgrund der Fülle an peinlichen Dialogen, schlechten Darstellern, charmant altmodischen Kulissen und billigen Stunts sogar richtig Spaß.
Meine Empfehlung lautet daher: das Geld für die Kinokarte sparen, ein paar Monate abwarten und dann einen geselligen Videoabend mit einem "Ghosts of Mars"/"Battlefield Earth" Doublefeature veranstalten. Eine hervorragende Möglichkeit, die Schmerzgrenze seiner Mitmenschen zu testen und langjährige Freundschaften zu beenden.
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