Challengers - Rivalen

Originaltitel
Challengers
Land
Jahr
2024
Laufzeit
131 min
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Matthias Kastl / 28. April 2024

Zwischen Mitte der 1980er und 1990er Jahre erlebte der Tennissport in Deutschland eine nie dagewesene Blütezeit. Doch seit den Auftritten von Boris Becker, Steffi Graf und Michael Stich ist viel Zeit vergangen und die Center Courts der Welt sind zumindest in diesem Land wieder etwas abseits der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Ob das vielleicht ausgerechnet ein Hollywood-Film ändern kann? Zumindest in den USA rückt das Tennisdrama “Challengers – Rivalen“ die Sportart gerade wieder etwas mehr ins Rampenlicht. Was vor allem daran liegt, dass die im Film ausgetragenen Konflikte innerhalb eines Liebesdreiecks dort als besonders erotisch und sexy wahrgenommen werden. Der Meinung möchten wir uns hier zwar nur bedingt anschließen, freuen uns aber trotzdem über ein intensives und stylish inszeniertes Kinoerlebnis.  

Die Vorraussetzungen für einen extrem leidenschaftlich geführten Wettstreit um die Gunst der Angebeteten sind in “Challengers – Rivalen“ auf jeden Fall gegeben. Objekt der Begierde ist für die beiden professionellen Tennisspieler Art (Mike Faist, “West Side Story“) und Patrick (Josh O'Connor, “The Crown“) die attraktive Kollegin Tashi (Zendaya, “Dune: Part Two“, “Spider-Man: Far From Home“), auf die beide schon in ihrer Jugendzeit ein Auge geworfen hatten. Der Wettstreit um deren Hand hat damals allerdings zur Entfremdung der einstigen Freunde geführt. Jahre später treffen Art und Patrick aber nun im Endspiel eines Turniers wieder aufeinander – mit Tashi an der Seitenlinie, die inzwischen als Ehefrau von Art dessen Karriereplanung vorantreibt und dabei so ihre ganz eigene Agenda verfolgt. Mit anderen Worten, das perfekte Szenario für das Wiederaufleben alter Rivalitäten und Gefühle, die dank jeder Menge Testosteron und großer Egos jetzt so richtig aufgeheizt werden.
 


Nein, so wirklich sympathisch ist keiner unserer vom Ehrgeiz zerfressenen Protagonisten. Während das ordentlich portionierte Ego von Art und Patrick diese auf dem Tennisplatz zu Höchstleistungen anstachelt, sorgt es ebenfalls dafür, dass auch beim “Kampf“ um Tashi keiner der beiden sich mit dem zweiten Platz zufriedengeben will – Freundschaft hin oder her. Tashi wiederum kennt ihre Wirkung auf Männer und nutzt diese geschickt für ihre eigenen Machtspielchen und um den eigenen Ehrgeiz zu befriedigen. Da ist dann auch der Ehemann schnell eher ein spannendes Projekt als die große Liebe des Lebens.

Nun wären diese Charaktereigenschaften für eine klassische Romanze das Todesurteil, doch “Challengers“ geht es natürlich um etwas ganz anderes. Hier sollen die Messer gewetzt, ordentlich manipuliert und gegenseitig die Hörner gerieben werden – inklusive eindeutig unterdrückter Homoerotik. Um die Betriebstemperatur dabei möglichst hoch zu halten, lässt der Film kaum weiche Seiten bei seinen Figuren zu oder geht, wenn Art zum Beispiel über das eigene Karriereende nachdenkt, nur sehr oberflächlich auf solche ein. Und da ja nichts von unserem emotionalen Dreikampf ablenken soll, ist auch gar kein Raum für irgendeine weitere Nebenfigur – schließlich sind auch im Leben von Tashi, Art und Patrick alle anderen eigentlich nur Statisten.
 


Das ist genauso oberflächlich wie konsequent, funktioniert im Film aber trotz der fehlenden Vielschichtigkeit der Figuren in Sachen Entertainment ziemlich gut. Auch wenn der dünne Plot immer wieder eher simple Soap-Opera-Elemente nutzt, um seine Handlung voranzutreiben, es ist dann doch sehr unterhaltsam wie sich die Protagonisten hier gegenseitig immer weiter ihren Egotrips und Rivalitäten hingeben. Das liegt vor allem an den gut aufgelegten Darstellern, die voller Genuss in ihren Rollen aufgehen und jede Menge Feuer in diesen entfachen, dabei aber nie Gefahr laufen übertrieben lächerlich zu wirken. So glänzt Zendaya auf der einen Seite als manipulative Verführerin, gibt aber gleichermaßen überzeugend den vom Ehrgeiz zerfressenen Tennisstar. Mike Faist und Josh O'Connor sind wiederum gerade in den gemeinsamen Szenen großartig, bei denen ihr Testosteron-Level den Raum stets in ein kleines Pulverfass verwandelt.  

Das Ergebnis sind einige wirklich sehr intensive Momente, die durch clever eingestreute Rückblenden noch einmal weiter aufgeheizt werden. Die verraten nämlich meistens noch etwas mehr über frühere Spielchen der Figuren und sorgen so für zusätzliches Konflikt- und Spannungspotential. Das gegenseitige Hochschaukeln der Konflikte lässt sich dabei ganz genüsslich und ziemlich neutral genießen, da angesichts des niedrigen Sympathielevels der drei Protagonisten man jetzt von deren Verhalten nie wirklich tief getroffen ist. Stattdessen ist es eher eine Art “guilty pleasure“ hier als neutraler Beobachter zu beobachten, wie alle drei sich gegenseitig hochschaukeln und schon bald offensichtlich wird, dass alle genau diese Reibungen brauchen um überhaupt Höchstleistungen abzurufen und Befriedigung zu finden.
 


Eine ordentliche Portion Pepp gibt’s dann auch noch in Sachen Inszenierung obendrauf. Regisseur Luca Guadagnino (“A Bigger Splash“, Call Me by Your name“) wirft gerade bei den Tennisszenen, von denen es im Film sehr viele gibt, nur so mit kreativen Einfällen um sich. So überzeugend und packend hat man den Sport wohl noch nie auf der großen Leinwand umgesetzt gesehen. Am stärksten zeigt sich die Lust des Films auf möglichst viel Eskalation aber im Soundtrack. Die Musikuntermalung von "Nine Inch Nails"-Gründer Trent Reznor und Atticus Ross ist stets auf Anschlag und pumpt soviel Energie in das Geschehen, dass man manchmal förmlich um eine kleine Atempause bettelt. Teils ist das schon arg grenzwertig, über die meiste Zeit funktioniert es aber richtig gut und lässt den Puls noch einmal eine Stufe höher schnellen.   

So hat man es bei “Challengers“ dann über weite Strecken mit einem klassischen Fall von "Style over Substance" zu tun – allerdings einem ziemlich unterhaltsamen. Ganz frei von Schwächen ist man aber nicht, da selbst ein gut aufgelegtes Schauspielensemble und eine energiegeladene Inszenierung nicht jede der etwas klischeebeladenen Szenen des Drehbuchs auffangen können. Und hin und wieder hat der sensorische Overkill dann schon fast satirische Züge, wenn Zendaya in Zeitlupe gefühlt eine Minute lang möglichst cool auf die Kamera zuläuft. So fehlt insgesamt halt dann doch auch einfach etwas Substanz, um “Challengers“ auf ein noch höheres Niveau zu heben. Auch weil gerade die bei solch einem Film nötige erotische Spannung (zwischen allen Geschlechtern) jetzt nur bedingt aufkommen will.
 


Die eher prüden USA mögen den Film nämlich als sexy betiteln, doch als Europäer und Europäerin kann man da nur müde lächeln. “Challengers“ wirkt in seinen “heißen“ Szenen erstaunlich handzahm. Eine wirkliche Sexzene gibt es erst gar nicht und nackte Haut gibt es auch selten zu sehen. Aber selbst ein erotisches Prickeln stellt sich hier kaum ein, da am Ende das sexuelle Verlangen der Figuren nacheinander nie feurig genug umgesetzt ist. So fühlt sich “Challengers“ am Ende zwar verdammt unterhaltsam, aber doch auch etwas inkonsequent an. Ein sehr unterhaltsamer Kinobesuch springt am Ende aber trotzdem heraus und angesichts der packend umgesetzten Tennisszenen juckt es am Schluss dann auch ein wenig in den Fingern. Wo war noch mal der nächste Tennisplatz?

Bilder: Copyright

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