Casanova - welch ein Name, welch ein Mythos! Giacomo Casanova (1725-1798), unter anderem Geistlicher, Jurist, Soldat, Autor und Philosoph, aber hauptsächlich bekannt als Verführungskünstler, dem die Frauen reihenweise zu Füßen sanken. Lasse Hallströms ("Ein ungezähmtes Leben") massenkompatible, flott inszenierte Popcorn-Komödie wird diesem Mythos leider nicht gerecht und kommt über Slapstick, Verwechslungsspielchen und Klischees kaum heraus.
Venedig,
1753. Casanova (Heath Ledger, "Brokeback
Mountain") hat mal wieder eine Nonne beglückt (das
gesamte Nonnenkloster kennt ihn persönlich), da sind ihm schon
Schergen auf den Fersen - wegen seiner Vergehen gegen die Sittlichkeit.
Der Doge (Herrscher von Venedig) kann ihn noch einmal ungestraft
davonkommen lassen, rät ihm aber eindringlich, innerhalb kürzester
Zeit eine Jungfrau zu heiraten, deren tadelloser Ruf ihn vor der
Katholischen Kirche retten kann. Die junge Victoria (Natalie Dormer),
ein blondes Engelchen, scheint da die richtige Wahl, doch leider
lernt Casanova nun die intelligente Francesca (Sienna Miller, "Alfie")
kennen, die feministische Traktate unter einem männlichen Pseudonym
herausgibt, damit sie nicht als Ketzerin verurteilt wird. Francesca
hasst den Namen Casanova, weil er das Gegenteil ihrer emanzipatorischen
Meinung darstellt. So legt sich der Held andere Namen zu, um die
eine, die ihn verschmäht, zu erobern. Verkompliziert wird dies
natürlich durch die schmachtende Victoria, den fetten Verlobten
Francescas, Paprizzio, und den nach Venedig entsandten Häscher
der Kirche, Pucci (Jeremy Irons, "Königreich
der Himmel"), der den Liebestollen so schnell wie möglich
an den Galgen bringen möchte.
Ein
sehr nerviger Aspekt dieses Films ist die Aneinanderreihung von
Verwechslungen, um damit im Sinne von Shakespeares Komödien
das Publikum zu amüsieren. Doch leider wurde vergessen, dass
man dafür einen halbwegs plausiblen Rahmen braucht. Casanova
ist so stadtbekannt, dass am Anfang des Films an jeder Straßenecke
Theaterstücke über ihn aufgeführt werden. Zusätzlich
kennt ihn wohl fast jede venezianische Frau aus eigener Erfahrung
(siehe das Nonnenkloster). Somit macht es wirklich wenig Sinn, dass
keine der anderen Personen zu begreifen scheint, wer er ist. So
hasst ihn Francescas junger Bruder, weil er ihm seine schon ewig
angebetete Victoria vor der Nase wegschnappt. Daraus wird sogar
ein Duell. Irritierend ist, dass sich plötzlich dieser Bruder
anscheinend nicht erinnern kann, dass der Mann Casanova ist, obwohl
ganz Venedig weiß, dass Casanova mit Victoria verlobt ist.
Hört sich konfus an, ist es auch.
Hinzu kommt, dass Heath Ledger im Gegensatz zu seiner grandiosen
Rolle in "Brokeback Mountain" hier eher wieder in die
Schiene des "Ritter aus Leidenschaft"
verfällt, wo er zwar hübsch ausschaut, dafür aber
wenig schauspielerisches Können einsetzen kann. Während
er in einigen Szenen als niedlicher Trottel dasteht (als er zum
Beispiel aus Francescas Text über die Frauen auswendig lernt,
wie man mit einer Frau sprechen sollte), ist sein Liebeskummer kaum
erfahrbar. Sienna Miller spielt hier dynamischer, ihre Rolle als
Emanze ist zwar nicht gerade ohne Klischees, doch schenkt Miller
dem Ganzen wenigstens etwas Gefühl.
Immerhin sind die Nebendarsteller wunderbar. Jeremy Irons ist mit
seiner trocken-bösartigen Art viel witziger als der Held der
Geschichte, und auch Oliver Platt dominiert als der wohlbeleibte
Verlobte Paprizzio alle Szenen, in denen er vorkommt. Trotz aller
Dicken-Klischees, die hier breit getreten werden, schafft er es,
seinem Charakter eine liebevoll-schüchterne
Note zu geben, die ihn dem Publikum ans Herz wachsen lässt.
Lena Olin ("Chocolat"), die
Ehefrau des Regisseurs Hallström, spielt auch passend, während
die junge Natalie Dormer in ihrem Debüt nur liebestoll schauen
und Holz zersplittern darf, wenn sie das Objekt ihrer Begierde sieht.
Trotzdem ist die große Liebe zwischen Francesca und Casanova ungefähr so aufregend wie ein Mikrowellenessen. Nachdem die so emanzipierte Dame den ganzen Film lang dauernd über Casanova herzieht, verliebt sie sich plötzlich in Nullkommanix in ihr ehemaliges Feindbild. Erotik oder Sinnlichkeit sind in diesem fast schon klinisch reinen Film nicht zu finden, denn hier handelt es sich ja um einen massenkompatiblen Familienstreifen. Somit wird auch niemand mit Sexualität (ihhh!) oder Nacktheit (igitt!) konfrontiert. Weil man sich in diesem Drehbuch nicht einmal traute, Casanova einfach so Spaß an der ganzen Frauenaufreißerei haben zu lassen, wurde sorgsam ein sittlich-feines psychologisches Trauma eingefügt: Der Film beginnt damit, dass Klein-Giacomo von seiner Mami verlassen wird, weil die lieber zu ihrer wahren Liebe zurück und schauspielern möchte, statt sich um den Knirps zu kümmern. Somit ist alles klar: Casanova sucht in Wirklichkeit doch nur nach der fehlenden Mutterliebe, die er nicht bekam.
Obwohl
die Üppigkeit des Rokoko in "Casanova" fein in Szene
gesetzt ist, tun doch manche unpassenden Einfügungen etwas
weh. Denn während es Sonnenbrillen (wie Casanova sie in einer
Szene trägt) damals schon lange gab, wurde die Ballonfahrt
leider erst 1783 (genau 30 Jahre danach) begonnen, als ein französischer
Physiker in Paris das erste Mal mit einem Ballon abhob. Auch die
Außenwerbung an Hauswänden (für Paprizzios Speckimperium)
gab es damals nicht. Dies mag kleinlich sein, aber das Problem ist,
dass gerade die Ballonfahrt so billig-falsch aussieht, dass es den
Zuschauer von einer zentralen Szene ablenkt, statt diese zu betonen.
Auch Francescas prägnantes Motto "Verbrennt die Korsette!"
ist zwar nett, wurde aber leider erst 120 (!) Jahre später
von der amerikanischen Autorin Elizabeth Stuart Phelps geprägt.
Lasse Hallström, der am liebsten vor Ort dreht ("Gottes
Werk und Teufels Beitrag" in Neuengland, "Die
Schiffsmeldungen" in Neufundland, "Chocolat"
in Frankreich), tut seinen Filmen damit einen großen Gefallen.
Auch in "Casanova" sorgt die Stimmung der Stadt für
eine wunderbare Atmosphäre, die jedoch weg bricht, wenn für
Trickaufnahmen der Bluescreen verwendet wird. Die Stadt ist so schön,
dass die schlechten Effekte dem Zuschauer sauer aufstoßen.
So ist "Casanova" nur ein sehr durchschnittlicher Hollywoodfilm, der zwar flott inszeniert und nett gefilmt ist, aber ansonsten kaum im Gedächtnis bleibt. Gerade angesichts der Fülle großartiger Filme des Independent Cinema (siehe die diesjährigen Oscar-Nominierungen) ist es allerdings zusehends fraglich, warum sich die großen Studios als "Prestigeobjekte" noch solche simplen Klamotten aussuchen.
ich fand den film echt in ordnung.auch sehr unterhalsam aber mir persönlich hat die richtige Liebesszene gefehlt.da hatte ich mir mehr erhofft.viel witz und auch etwas liebe dabei.sehenswert!
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