Die Turtles sind zurück auf der Leinwand, und die erste Frage, die einem dazu einfällt, ist auch die berechtigtste: Wieso eigentlich? Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre waren die von einem Underground-Comic zu einer kinderfreundlichen TV-Animationsserie adaptierten Abenteuer der "Teenage Mutant Ninja Turtles" (für die europäische Vermarktung wurde das martialische "Ninja" durch das zielgruppenfreundlichere "Hero" ersetzt) ein Riesenhit, begleitet von der üblichen Welle an Merchandise-Produkten und schließlich auch von drei Live-Action-Kinofilmen (1990, 1991 und 1993), die allerdings sowohl qualitativ als auch finanziell mit jedem Teil mehr nachließen. Mitte der 90er war die Zeit im Rampenlicht der Popkultur für die Pizza fressenden, Sprüche klopfenden Amphibien-Mutanten dann auch so langsam vorbei, auch wenn es seitdem diverse Versuche gab, die Franchise als TV-Serie mit inhaltlichen Neuausrichtungen weiter auszuschlachten.
Von garantiertem Hit-Potential für eine erneute Kinoadaption sind die Turtles anno 2007 also weit entfernt. Trotzdem versucht es ein Konglomerat aus japanischen und amerikanischen Animatoren unter Leitung des bekennenden Turtles-Fans Kevin Munroe als Regisseur und Autor erneut. So turnen Leonardo, Michelangelo, Donatello und Raphael erstmals komplett Computer-animiert über die große Leinwand und haben dabei nicht nur in der optischen Präsentation ihre Vergangenheit hinter sich gelassen. Wohl zwecks höherer Coolness redet man sich nur noch mit Leo, Don, Mikey und Raph an und ist ansonsten auf der Suche nach einem Ansatz für eine neue Geschichte, nachdem der alte Erzfeind Shredder offiziell das Zeitliche gesegnet hat.
Um diesem Dilemma zu entkommen, präsentiert "TMNT" gleich zu Beginn eine Ausgangssituation voller massiver Logikfragen, die allerdings nie beantwortet werden. Da wird als Erstes eine mythische Legende zusammengeschraubt um einen altertümlichen Superkrieger, der die Welt erobern wollte und dank einer Sternenkonstellation, die nur alle 3000 Jahre auftritt, ein Tor in eine andere Dimension öffnen konnte. Das führte dazu, dass a) besagter Superkrieger unsterblich wurde, dafür aber b) seine vier treuen Generäle in Stein verwandelt wurden und c) 13 Monster aus der anderen Dimension in unsere Welt gelangten. Punktgenau 3000 Jahre später will der Unsterbliche als Multi-Millionär Max Winters nun das Tor erneut öffnen, die 13 Monster zurück in ihre Dimension schicken und die Steinstatuen seiner Gefolgsleute wieder zum Leben erwecken.
Dass sich besagte 13 Monster zu diesem Zeitpunkt alle im Großraum New York rumtreiben, ist für die Geschichte natürlich echt praktisch. Die massiv im Raum stehende Frage, wo sich die Viecher eigentlich die letzten 3000 Jahre versteckt haben, dass sie offenbar absolut niemand bemerkt hat, ignorieren die Filmemacher lieber geflissentlich. Ebenso wie die Frage, warum die Ratte Splinter, Lehrmeister der Ninja-Turtles, es Mikey, Don und Raph untersagt hat, wie gewohnt als Helden aus dem Untergrund den Schurken New Yorks das Handwerk zu legen, während ihr Anführer Leo im Dschungel Mittelamerikas sitzt und seine Kampf- und Führungs-Fähigkeiten formen soll. Oder so was in der Richtung, der Grund für Leos anfängliche Abwesenheit und die auferlegte Inaktivität der anderen Turtles bleibt jedenfalls reichlich schwammig, dient allerdings als Aufhänger für die (Achtung!) "tiefschürfende" Charakter-Geschichte des Films, die einen Brüder-Konflikt zwischen dem selbstzweifelnden Anführer Leo und dem aufmüpfigen Raph heraufbeschwören möchte.
Was Kevin Munroe lapidar als "das ‚Batman Begins'-Ding" bezeichnet (die Charaktertiefe und persönliche Geschichte von Comic-Helden ausleuchten), geht hier aus naheliegenden Gründen mächtig in die Hose, denn Munroe versucht eine Konfliktanlage zu finden, welche die Kinder-tauglichen Turtles einfach nicht haben. Entsprechend wirkt das alles reichlich behauptet und wird zudem auch noch äußerst unbeholfen umgesetzt. So hat man hier dann auf der einen Seite einen unüberzeugenden Charakter-Bogen für Leo und Raph (Mikey und Don kommen den ganzen Film über nie über den Status als unnützes Beiwerk hinaus), auf der anderen einen Action-Monster-Plot, der sich um "überraschende" Wendungen bemüht, von Beginn an jedoch permanent über die eigenen Logikfehler stolpert und konsequent lächerlich wirkt. Das Ganze wird präsentiert in einem Animationsstil, der zwar etwas detaillierter und besser aussieht als bei der ebenfalls von der Weinstein Company produzierten "Rotkäppchen-Verschwörung", hinter den herrschenden Genre-Größen aus den Häusern Pixar oder Dreamworks aber meilenweit zurückliegt. Was hier gerade deshalb ein Problem ist, da sich die Turtles und ihre menschlichen Freunde ja nicht in einer Fantasiewelt bewegen, sondern im "echten" New York, das hier aber eben aufgrund der dürftigen Animationsqualität viel zu artifiziell wirkt. Fürs Fernsehen wäre das noch okay, fürs Kino ganz sicher nicht.
Vom blödsinnig zusammen geschraubten Anfang über den strunzlangweiligen Verlauf bis hin zum bescheuerten Finale ist "TMNT" ein einziges Armutszeugnis, das sich mit unbeholfener Handlungsführung und einer doofen Geschichte nur konsequent selbst lächerlich macht und nachhaltig daran erinnert, dass es absolut keinen guten Grund gibt, die Kampfsport-Schildkröten nochmal auf die Leinwand zu lassen. Wenn der Schmarrn endlich vorbei ist, bleibt die große Frage jedenfalls dieselbe: Wieso nur?
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