Wir schreiben das Jahr 1956, und der 19jährige Marcello lebt auf einer kleinen italienischen Insel, wo es einer örtlichen Tradition folgend nur eine Möglichkeit für einen jungen Mann gibt, ein Date mit dem Mädchen seiner Träume zu erlangen: an ihrem 18. Geburtstag muss er ein Geschenk zu ihrem Haus bringen - aber nicht für sie, sondern für ihren Vater. Der wählt dann unter allen angetretenen Verehrern denjenigen aus, der seine Tochter ausführen darf, je nach dem, welches Geschenk ihm am Besten gefallen hat. Der arme Fischersohn Marcello findet diesen Brauch ziemlich doof und zeigt kein Interesse, sich an diesem Mumpitz zu beteiligen, bis Elena, die Tochter des Bürgermeisters, nach einigen Jahren auf dem Festland auf die Insel zurückkehrt, zeitig zu ihrem 18. Geburtstag. Ein Blick reicht, und Marcello ist verliebt. Und er ist sich auch sicher, genau das richtige Geschenk zu wissen, mit dem er die Gunst von Elenas Vater für sich gewinnen kann - es ist der Hahn des gegenüber wohnenden Fleischers, der den Bürgermeister allmorgendlich unliebsam aus dem Schlaf reißt. Einziges Problem: Der Fleischer verlangt für den Hahn ein nur schwer zu beschaffendes Tauschgut. Um das zu bekommen, wird von Marcello wiederum eine andere, bedeutsame Tauschware verlangt. Und so weiter und so fort, bis das halbe Dorf in Marcellos länger und länger werdende Tauschkette involviert zu sein scheint. Aber was tut man nicht alles für die Liebe….
Am 11. Juni geht die Fußball-WM los, und ein Gutteil der männlichen Bevölkerung wird für den folgenden Monat kaum noch vom Fernseher loszueisen sein. Was soll die holde Damenwelt, die sich nicht fürs runde Leder interessiert, in dieser Zeit also anstellen? Zum Beispiel sich sommerlichen Träumereien über eine mediterrane Romanze hingeben und sich diesen zeitgleich startenden Film ansehen. So ungefähr dürfte das Kalkül des Verleihers gewesen sein, als man sich entschied, diesem nach seinem Kinolauf in der Schweiz schon ein gutes Jahr im Regal herumliegenden Streifen doch noch einen deutschen Kinostart zu gestatten. Mit ein bisschen Italo-Sommer-Feeling und als Alternativprogramm zur Fußball-WM lässt sich da doch bestimmt noch ein bisschen Geld mit machen. Es ist dem Film nicht zu wünschen, dass diese Rechnung aufgeht, denn "Marcello Marcello" ist schlicht und ergreifend eine dämliche, platte und ganz fürchterlich zusammenkonstruierte Geschichte. Schon das Setup der ganzen Handlung ist so an den Haaren herbei gezogen, dass man es beim besten Willen nicht glauben kann. Die Tradition mit den Geschenken für den Vater der Verehrten wird als unumstößlich hingestellt und als quasi einzige Möglichkeit, um auf dieser Insel überhaupt eine Liaison mit dem anderen Geschlecht eingehen zu können - jedenfalls wird behauptet, dass sich so ziemlich jedes Ehepaar auf der Insel so kennen gelernt hat. Es gibt aber auch niemanden, der damit auch nur halbwegs glücklich zu sein scheint. In Frage gestellt wird dieser vermaledeite und völlig an den Haaren herbeigezogene Brauch natürlich trotzdem nicht - sonst gäbe es ja schließlich keine Geschichte. Ähnlich hölzern und unglaubwürdig wird für Marcello ein Dilemma erzeugt, da sein Lehrer ihn für begabt hält und deshalb einen Schul-Delegierten vom Festland auf die Insel eingeladen hat, den Marcello mit einem Aufsatz beeindrucken soll - der in Anwesenheit des Delegierten geschrieben werden muss, und zwar natürlich an Elenas Geburtstag zum exakt selben Zeitpunkt, zu dem Marcello sein Geschenk überreichen müsste. Und so wird ein Löffel erzählerischer Quark nach dem anderen aufgetischt, angereichert von Figuren, die sich komplett widersinnig und unverständlich verhalten, nur damit der gewünschte Plot-Twist funktioniert (angefangen bei einem Fleischer, der einen laut krähenden Hahn hat, obwohl er selbst nicht vor 9 Uhr aufstehen braucht). Dabei spult sich die gesamte Handlung überraschungsfrei und ohne jeden Höhepunkt ab, und tatsächlich passiert hier über 90 Minuten eigentlich nichts, außer dass Marcello seine Tauschhandel-Kette erst ausdealt und dann einlöst. Ergebnis ist ein Film, dem es nicht nur komplett an innerer Logik mangelt, sondern der auch sein zentrales (bzw. einziges) Verkaufsargument - das mediterrane Flair - viel zu wenig bedient, um wenigstens auf dieser Ebene punkten zu können. Dabei ist die ganze Geschichte so banal und unschuldig-harmlos (der lokale Aufreißer prahlt damit, dass er einem Mädchen ans Knie gefasst hat…), dass sich selbst Teenager sehr schwer tun werden, hier Identifikationspotential zu finden. Da ist man mit Fußball gucken definitiv besser unterhalten. Selbst wenn man nicht den blassesten Schimmer hat, was Abseits ist.
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