Eigentlich fast immer eine für die Studios sehr profitable Angelegenheit, tun sich die Horrorfilme der Saison 2007 ausgesprochen schwer. Ob nun Sequels wie "Hostel 2", der zweite Aufguss vom "Texas Chainsaw Massacre" oder US-Remakes asiatischer Vorlagen wie "Pulse": Was lange als sichere Bank galt, wird dieses Jahr vom Publikum weitgehend ignoriert, und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks. Eine Erklärung dafür dürfte die Erkenntnis sein, dass die meisten dieser wenig inspirierten Filme einfach nicht besonders gut sind, ein anderer Grund die offensichtliche Ermüdung der Zielgruppe. Was ist zu tun, wenn man nicht einfach die Brutalitätsschraube immer weiter anziehen will und kann? Vielleicht mal besagte Zielgruppe etwas erweitern, indem man auf solide und einigermaßen bekannte Namen in der Besetzungsliste zurückgreift, die dem Teenie-Alter bereits entwachsen sind?
Diesen Weg geht "Motel", denn Amy und David Fox (Kate Beckinsale und Luke Wilson) sind bereits seit langem ein Ehepaar und zudem eines, das am Ende seines gemeinsamen Weges angekommen zu sein scheint. Nachdem ihr Sohn bei einem Unfall starb, haben sich die Beiden entweder gar nichts mehr zu sagen oder sie giften sich nur an. Als David auf dem Rückweg von einer Familienfeier eine Abkürzung wählt, die sich als Irrweg erweist und ihr Wagen schließlich liegen bleibt, ist die Stimmung endgültig am Tiefpunkt angelangt. Ein erreichbares, schäbiges Motel bietet die einzige Übernachtungsmöglichkeit und trotz des kauzigen, aber immerhin höflichen Mannes am Empfang entschließt sich das Paar zu bleiben. Die Kakerlaken im Zimmer sind anschließend noch das kleinste Problem, denn als David zum Zeitvertreib eine alte Videokassette einlegt muss er erkennen, dass die darauf zu sehenden Gräueltaten offensichtlich genau in dem Raum aufgenommen worden sind, in dem die Beiden sich jetzt aufhalten. Und da den dafür Verantwortlichen klar sein muss, dass ihre "Gäste" nun Bescheid wissen, ist auch völlig klar: Das war genauso geplant, Amy und David sitzen in der Falle.
Die Videosammlung der verantwortlichen Serientäter ist sehr umfangreich, aber es ist natürlich völlig klar, dass man uns hier nicht das hilflose Opferpärchen Nr. 67 präsentiert, sondern dass wir genau zu dem Zeitpunkt Zeuge des Geschehens werden, an dem die Sache ein wenig aus dem Ruder läuft. Ob sie auch komplett schief geht und es gelingen wird, dem grausamen Treiben der Motelbetreiber ein Ende zu setzen, wird hier natürlich nicht bekannt gegeben, aber keine Frage, dass unsere beiden Protagonisten sich zur Wehr setzen werden.
Dabei müssen sie sich allerdings schlauer anstellen als ihre Vorgänger - eine Fähigkeit, die den meisten Opfern in der Gattung Horrorfilm ja für gewöhnlich abgeht. Da wir hier aber nur zwei Bedrohte haben, entfällt also das "Zehn kleine Negerlein"-Prinzip als Hilfsmittel, um erst einmal ein paar besonders unbedarfte Tölpel spektakulär über die Klinge springen zu lassen. Dementsprechend wird in dieser Richtung also wenig geboten. Wenn nach der einführenden halben Stunde die Situation offensichtlich wird, geht es daher vor allem darum Fluchtmöglichkeiten zu ersinnen.
Einen großen Vorteil in Sachen Glaubwürdigkeit haben sich die Verantwortlichen aber recht clever verschafft: Während man sich für gewöhnlich fragt, warum die Bösewichte ihre meist ziemlich hilflosen Gefangenen nicht einfach endlich töten, gehört das "Spielchen treiben" hier ausdrücklich zum Konzept, denn schließlich sollen die gedrehten "Snuff Movies" möglichst spektakulär und unterhaltsam geraten, damit man auch länger was davon hat. Explizite Gewaltdarstellungen werden bei "Motel" trotzdem nicht geboten, und von den Videos der bereits abgeschlachteten Besucher hört man in erster Linie dann auch nur deren Schreie.
Das Katz- und Mausspiel mit nur zwei Mäusen (und insgesamt gerade mal fünf Sprechrollen) bleibt allerdings nicht ohne Längen, über die auch die stimmig aufgebaute Atmosphäre irgendwann nicht mehr hinwegtäuschen kann. Mit Mühe und auch nur mit Nachspann erreicht der Film eine Laufzeit von 85 Minuten, und da hat man schon ordentlich gestreckt.
Wilson und Beckinsale machen ihre Sache aber gut und werden vor allem körperlich ordentlich gefordert. Dass die gesamte Charakterisierung ihrer dysfunktionalen Ehe aber letztendlich natürlich nur dazu dient, sie durch die im Motel des Grauens erlebten Schrecken wieder enger zusammen zu schweißen, ist wenig einfallsreich und von vornherein offensichtlich. Auf ihren Kern reduziert hätte diese Geschichte eine kurzweilige, vielleicht sogar leicht überdurchschnittliche TV-Episode ergeben. Auf Spielfilmlänge getrimmt ist es aber nur ein mittelprächtiges Vergnügen und leider auch kein Ausweg aus der aktuellen Krise des Horrorkinos.
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