No Man's Land

Originaltitel
No Man's Land
Land
Jahr
2001
Laufzeit
98 min
Release Date
Bewertung
9
9/10
von Frank-Michael Helmke / 31. Mai 2010

Mit dem Spielfilmdebüt einen Oscar gewinnen, das schaffen nicht viele Regisseure. Vor allem nicht, wenn es um den besten fremdsprachigen Film geht. Erst recht nicht, wenn man aus dem cineastisch vollkommen unbeleckten (weil keine zehn Jahre alten) Land Bosnien-Herzegowina kommt. Ganz bestimmt nicht, wenn es eigentlich das Jahr der bezaubernden Amelie ist. Umso überraschender war der Erfolg von Danis Tanovics "No Man's Land", der mit nicht viel mehr als ein paar erfolgreichen Filmfestivals im Rücken sowohl den Golden Globe als auch den Oscar gewann und dabei niemand geringeren als Jean-Pierre Jeunet und seinen sowohl von Kritik als auch Publikum frenetisch gefeierten "Die fabelhafte Welt der Amelie" ausstach. Ob das im objektiven Vergleich gerechtfertigt war, darüber lässt sich streiten, fest steht jedoch, dass "No Man's Land" nicht nur als erster relevanter Beitrag zum Balkan-Konflikt wahnsinnig wichtig, sondern auch der beste Kriegsfilm seit "Three Kings" ist. Und ein weiterer Beweis dafür, was man mit einfachen Mitteln alles erreichen kann.

Wer in einem gerade im mühsamen Wiederaufbau befindlichen Land wie Bosnien-Herzegowina einen Film drehen will, kann keine großen Sprünge machen. Aus dieser Not macht Tanovic jedoch eine kongeniale Tugend, indem er die gesamte zerfahrene Situation des Krieges auf wenige Personen und einen einzigen Schauplatz reduziert: Ein Schützengraben im Niemandsland zwischen der serbischen und der bosnischen Frontlinie, wo sich aufgrund von widrigen Umständen - deren komisch-tragisches Potential zu gut ist, um hier leichtfertig verraten zu werden - ein Serbe und zwei Bosnier wieder finden, von denen einer auf einer Springmine liegt, die explodieren wird, sobald man das Gewicht von ihrem Auslöser entfernt. Verfeindet aber beiderseits daran interessiert, lebend aus diesem Graben herauszukommen, ziehen die Soldaten in einer Zweckgemeinschaft die Aufmerksamkeit ihrer Kameraden auf beiden Frontseiten auf sich - die solche prekären Zwischenfälle am liebsten der UNO überlassen. Und eh man sich's versieht, mutiert diese bizarre Situation zu einem mittelschweren internationalen Zwischenfall: französische UN-Blauhelme, die nach bestem Gewissen helfen wollen, ein englisches Kamerateam, das eine Riesen-Story riecht, ein deutscher Sprengstoffexperte, und fröhlich Kompetenzen verschiebende Vorgesetzte, denen es nicht um eine Lösung, sondern um die Wahrung des eigenen Gesichts geht.

Dass man in diesem Paradebeispiel fürs internationale Durcheinander des Balkan-Konflikts reichlich zu lachen hat, ohne dass die Ernsthaftigkeit der Situation vernachlässigt wird, ist wahrscheinlich Tanovics größte Leistung. Eine Kriegskomödie, die zu gleichen Teilen Absurdität als auch Tragik des bewaffneten Kampfes einzufangen weiß, ist ein schwieriges Unternehmen. Dieses auch noch derart überzeugend hinzubekommen verlangt ein wahres Ausnahmetalent.
In einer klassischen "One thing on top of the other"-Dramaturgie entfaltet Tanovic ein immer komplexer und bizarrer werdendes Szenario, hält sowohl Tempo als auch Unterhaltungswert seines Films auf permanent hohem Niveau und entwirft geradezu beiläufig in diesem kleinen Schützengraben einen Mikrokosmos des Bosnien-Krieges: Zwei verfeindete Soldaten, die dieselbe Sprache sprechen, aber dafür die ihrer vermeintlichen Beschützer nicht verstehen. Die sich gegenseitig die Schuld für den Krieg geben, während in dieser Frage immer der recht hat, der gerade eine Waffe in der Hand hält ("Weil ich ein Gewehr habe, und du nicht" ist ihre Standarderklärung auf jede Warum-Frage des anderen). Eine "Schutztruppe", die nicht viel mehr als ein diplomatisches Alibi darstellt und vor lauter Nichteinmischungs- und Neutralitätsgrundsätzen in vollkommener Tatenlosigkeit versackt, während ihre Kommandanten auf einem Medienseminar in Genf verweilen. Eine omnipräsente Journalistenmeute, die die Unmenschlichkeit ans Tageslicht zerren will, das aber letztlich auch nur für die Quote tut. Und in der Mitte dieses ganzen Chaos ein armer, wehrloser Mensch (der hier stellvertretend fürs ganze bosnische Volk gesehen werden kann) auf einer Mine, die ihn unweigerlich töten wird, wenn ihm die zerstrittene Meute um ihn herum nicht zur Hilfe kommt. Und vielleicht selbst dann drauf geht.
Obwohl hier jede Figur einen enormen symbolischen Charakter hat, verliert sich "No Man's Land" zu keinem Zeitpunkt in bedeutungsschwangerer Metaphorik, sondern bleibt auch auf seinem einfachsten dramatischen Level - der bloßen Entwicklung seiner Geschichte - mehr als wirksam. So kann er das Publikum über die volle Länge fesseln und ihm gleichzeitig elegant seine Kernaussagen unter die filmische Feinkost mischen.

Weitab von allen großen Schlachtfeldern zeigt Tanovic die mal absurde, mal öde, mal tragische Alltäglichkeit des Krieges, vermeidet es trotz seines persönlichen Hintergrunds, eine klare Position zu beziehen, wechselt elegant zwischen fast dokumentarischen sowie elegant satirisch-überhöhten Elementen und widersteht der nahe liegenden Versuchung, seiner Geschichte durch ein einfaches Happyend die Kraft zu nehmen. Kurz: Er liefert einen ebenso einfachen wie komplexen, ebenso lustigen wie traurigen Streifen ab, der mit entwaffnender Ehrlichkeit und Offenheit zeigt, wie man im Kriegsfilm-Genre seinem Thema wirklich gerecht werden kann.
Rein filmisch der Brillanz von Jeunets "Amelie" vielleicht unterlegen, ist Tanovics "No Man's Land" nichtsdestotrotz der verdiente Oscar-Sieger, denn so wurde diesem durch und durch bemerkenswerten Film wenigstens die Aufmerksamkeit zuteil, die ihm zusteht. Fragt sich nur, warum der Deutschlandstart über ein Jahr auf sich warten ließ.

Bilder: Copyright

10
10/10

genialer film.....und keiner ist besser weder serben noch bosnier noch albaner noch kroaten alle haben sie geschossen freiwillig wie auch gezwungen (auf beiden seiten!) und genauso haben sie auch getötet, soldaten wie unschuldige zivilisten.traurig wie ein krieg zwischen ehemaligen wegbegleitern und brüdern die ihr land gegen das der richtigen feinde verteidigt haben ;( doch nun kommt langsam wieder hoffnung selten merkt man noch was von wegen "du bist serbe ich moslem und jetzt wir geschlachtet!" nur aus solchen hetzforen kommt son quatsch......wer so dumm ist soll doch mal runter fahren und schaun was manche serben machen wenn er in der stadt rumschreit "tötet msolems!" auslachen werden sie den...undist auch richtig so........FRIEDE UNTER DEN BALKANLÄNDERN!genialer film zeigt auch indirekt das die große schuld nicht bei der bevölkerung zu suchen ist sondern bei den verschissenen politikern denen es hauptsächlich um geld ging und die ihren platten arsch nicht an der front herhalten mussten!

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10
10/10

Der Film ist einfach gut...dafür spricht auch der "Oscar" für den besten fremdsprachigen Film.

Ich ärgere mich gerade ein wenig über die Kommentare hier. Klar, Elmira hätte nicht unbedingt schreiben müssen, was alle wissen...dass "die Serben" schuld sind. Das ist nun mal Fakt! Wäre Bosnien nicht aus NATIONALISTISCHEN Gründen angegriffen worden, dann hätten sich die Menschen in Bosnien nicht verteidigen müssen. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass die Menschen in Sarajevo FÜR FRIEDEN auf die Straßen gegangen sind, um "die Serben", die sie schon begonnen haben zu belagern, noch zur Vernunft zu bringen...und es wurde geschossen...

Blödsinn...keiner ist besser...doch...diejenigen, die es nicht wollten und die in den Krieg gezwungen wurden. Wo war da die "Brüderlichkeit"? Sanjin...vergiss es...ein muslimischer Bosnier wird NIE wirklich der Bruder eines Kroaten oder Serben sein...Es geht für Aussenstehende vielleicht um kleine Nuancen des Unterschiedes zwischen den Gruppen auf dem Balkan...aber intern liegen Welten zwischen uns...

Und doch sind wir im Grunde alle "gleich", weil wir ganz grob betrachtet alle Menschen sind...egal, ob klein, groß, dick, dünn, Mann, Frau...

Sanjin...schön, der Ort, wo Du Dich in BiH aufhälst, finde ihn exotisch, würde gerne wissen, von welcher Gegend die Rede ist...ich empfinde das Klima in der sogenannten RS aber nicht so...es wird wohl keiner Schreien "tötet Moslems", aber wünschen, dass wir krepieren. Und auf der anderen Seite ist es ähnlich!

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es gibt zur heutigen Zeit nicht viele Unterschiede zwischen Bosniern und Serben. Von beiden Fronten sind geliebte gefallen und für ihr land gestorben und beide fronten waren selbst süchtig.

Aber eins haben die bosnier den serben vorraus: sie tragen das was damals passiert ist im herzen verborgen, ganz tief ...man sieht es nur in den augen wenn sie weinen. aber die serben, tragen diese bürde mit stolz. Ich habe nie einen bosnier sagen hören, das es froh ist das so viele serben gefallen sind. ich weiß nur dasd sich viele wünschen es wären noch mehr gefallen, wenn sie sprüche höhren wie "ja, wir haben es den Bosniern besorgt!Wir haben sie im krieg gefickt!"
Da frage ich mich selbst nur ob die alle denken, dass das ganze nur ein pc-spiel ist??? und wie man sowas mit stolz herum posaunen kann....

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