Killing them softly

Originaltitel
Killing them softly
Land
Jahr
2012
Laufzeit
97 min
Genre
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Frank-Michael Helmke / 2. Oktober 2012

Als Brad Pitt das letzte Mal mit Regisseur und Autor Andrew Dominik zusammenarbeitete, entstand "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford", ein bemerkenswerter, bildgewaltiger, in seiner kompromisslos-langsamen Eigenwilligkeit geradezu mutiger Film und aus Cineasten-Sicht damals eines der interessantesten Werke seines Jahrgangs. Grund genug jedenfalls, auf die erneute Kollaboration von Pitt und Dominik gespannt zu sein. Leider erweist sich "Killing them softly" als eine herbe Enttäuschung von einem Film, der sich für wahnsinnig klug hält, dabei aber durchweg nur langweilt.

Killing them softlyDominik hat sich einen Roman aus den 1970er Jahren als Grundlage genommen und die Handlung ins Jahr 2008 adaptiert, mitten in die heiße Phase des Präsidenten-Wahlkampfs zwischen John McCain und Barack Obama, zur Zeit der großen Wirtschafts- und Finanzkrise. In dieser desillusionierten nationalen Stimmung werden die beiden unterbelichteten Ganoven Frankie und Russell (Scott McNairy und Ben Mendelsohn) angeheuert, um eine von der Mafia organisierte Pokerrunde zu überfallen. Eigentlich ein Selbstmordkommando, doch weil straßenbekannt ist, dass der Organisator der Runde Markie Trattman (Ray Liotta) vor Jahren schon einmal seine eigene Pokerrunde überfallen und damit davongekommen ist, hoffen die Gangster, dass die Mafia erneut Martie als Kopf des Überfalls vermuten und ihm die Schuld in die Schuhe schieben wird. Als der Überfall tatsächlich klappt, engagieren die (hier niemals in Erscheinung tretenden) Mafiabosse den Auftragskiller Jackie Cogan (Brad Pitt), um die Sache aufzuklären und die Schuldigen ihrer nötigen Strafe zuzuführen. 


Es ist ein viel bewandertes und unter Filmfreunden sehr beliebtes Pflaster, auf dem sich Andrew Dominik hier bewegt. Der Blick in den Alltag der unteren "Verwaltungsebenen" des organisierten Verbrechens erinnert an Martin Scorsese; die dümmlichen, an völliger Selbstüberschätzung leidenden Kleingangster kennt man so ungefähr von den Coen-Brüdern oder aus den brachialen Gangsterkomödien von Guy Ritchie; und die oft minutenlang banal vor sich hin mäandernden Dialoge zwischen Auftragskillern und anderen Kriminellen tragen ein sehr Tarantino-eskes Erbgut in sich. Große Vorbilder, doch Dominik benimmt sich, als habe er mit voller Absicht alle prägenden Eigenschaften dieser seiner Gangsterfilm-Vorläufer genommen um sie zielgerichtet all dessen zu berauben, was sie spannend, witzig, interessant oder faszinierend gemacht hat.

Killing them softlyDurch die Konventionen des Gangster-Kinos betrachtet, funktioniert nichts an "Killing them softly". Die Geschichte wird ohne eine nennenswerte Wendung geradeaus durcherzählt, so etwas wie Spannungsaufbau wird hier ganz bewusst unterbunden. Die gelegentlich vorhandenen Ansätze für Farce oder Komik werden ebenso wenig ausgespielt. Es ist, als hätte Dominik gezielt allen Glamour des Genres dekonstruieren wollen, um das Gangsterleben in seiner ungeschönten, geradezu banalen Unattraktivität zu zeigen. Das ist von daher naheliegend, als dass sein Umgang mit den Konventionen des Westerns in "Die Ermordung des Jesse James..." ganz ähnlich war. Leider ist Dominik hier jedoch sehr inkonsequent: Während weite Strecken des Films mit unendlich (und unnötig) lang gezogenen Dialogszenen zwischen zwei sitzenden Charakteren (sprich: ohne jede Dynamik) vergehen und die Bildsetzung sich sehr viel Mühe gibt, alles möglichst grau und trist aussehen zu lassen, bricht Dominiks Inszenierung immer wieder für kurze, eklatante Ausreißer aus diesem Grundton heraus, wenn er z.B. einer seiner Figuren in die vernebelte Sinnestaubheit eines Heroin-Rausches folgt (fast schon peinlich platt unterlegt mit Velvet Undergrounds "Heroin") oder eine Exekution in ausgiebiger, hochauflösender Superzeitlupe zelebriert. 

Das sieht für sich genommen zwar sehr hübsch aus, passt aber eben so gar nicht zum Rest des Films und vermittelt den unschönen Eindruck eines Regisseurs, der ein bißchen sehr verliebt in seine eigene Arbeit ist und sich für besser hält, als er ist. Eindeutigstes Indiz dafür ist die bleischwer aufgetragene Meta-Bedeutungsebene, die "Killing them softly" mit einer Penetranz durchzieht, dass es fast schon stinkt: Killing them softlyVon der ersten Szene an erklingen permanent aus irgendwelchen Radios oder Fernsehern Ansprachen-Schnipsel von Noch-Präsident George W. Bush oder Präsidentschaftsanwärter Obama, die unablässig über die herrschende Wirtschaftskrise schwadronieren und wie Amerika sich daraus wieder befreien wird. Äußerst unsubtil will Dominik hier etablieren, dass das Abbild seiner Gangsterwelt doch bitte verstanden werden soll als Metapher fürs große Ganze von Amerika, dass die ermatteten und ihrer eigenen Bosse überdrüssigen Ganoven stellvertretend sind fürs einfache Arbeitervolk und die verquere innere Logik, mit der hier Unschuldige auf die Abschussliste gesetzt werden, genauso absurd ist wie die Maßnahmen, die den einfachen Steuerzahler für die Verfehlungen der großen Banken zahlen ließen. Das ist eine bemerkenswerte metaphorische Schwere, die Dominik seinem Film hier aufbürdet. Leider ist er nicht in der Lage, diese auch wirklich überzeugend zu tragen. Stattdessen wirkt das alles nur schrecklich prätentiös und selbstverliebt, zumal niemals so etwas wie eine substantielle Aussage erreicht wird. 

So wabert "Killing them softly" ohne jedes Tempo, Biss oder Spannung vor sich hin, und lediglich seine herausragenden Darsteller bewahren ihn vor dem Versacken in absoluter Langeweile. Brad Pitt spielt seinen Part als kampfesmüder Killer mit gewissen Arbeitskomplexen grandios, und die schauspielerisch besten Szenen des Films gehören einer Auseinandersetzung von Pitt mit James "Tony Soprano" Gandolfini, der hier sinnbildlich für die abgebrannte, trüb-düstere Zukunft steht (sowohl der Gangster als auch Amerikas) als ein ehemals verlässlicher Auftragskiller, der nun heillos versunken ist in seiner Sucht nach Alkohol und Prostituierten. 

Killing them softlySo großartig Gandolfini in dieser prägnanten Rolle ist, so müssen sich auch seine zwei großen Dialog-Szenen den Vorwurf gefallen lassen, einfach viel, viel zu lang zu sein. Was andere Filme in einer Minute prägnant auf den Punkt bringen, wälzt Dominik auf bis zu fünf Minuten aus, ohne dabei relevant mehr zu sagen. Solch eine Szene ist ein saftiges Steak für einen gewissenhaften Schauspieler, der da beherzt hinein beißt und ausgiebig drauf herum kaut. Das Publikum jedoch hat herzlich wenig davon außer den immer drängender werdenden Wunsch, dass es jetzt doch bitte mit dem nächsten Gang weitergehen möge.


"Killing them softly" ist ein Gangsterfilm fürs intellektuelle Arthousekino. Ein Film der sich programmatisch allem versperrt, was ihn wirklich aufregend oder unterhaltsam machen könnte, und dafür aufdringlich einfordert, dass sein Publikum bitte schön ganz doll darüber reflektieren möge, was er hier unterschwellig denn eigentlich ausdrücken und erzählen möchte. Das kann man ganz toll finden, wenn man auf intellektuelles Arthousekino steht und nicht dabei erwischt werden will, dass man keine kluge Antwort auf die Frage hat, was uns der Künstler damit sagen möchte. Oder man findet es blöd, weil es schlicht öde ist und das, was der Künstler damit sagen möchte, einfach nicht sonderlich klug.

Bilder: Copyright

10
10/10

In meinen Augen der beste Film des Jahres - Ja, sogar noch vor Drive, Shame, Take shelter und Moonrise kingdom.
Was will uns Andrew Dominik damit sagen? Nun ja ich würde sagen Brad Pitt´s Jackie Cogan spricht das klar und deutlich in der fulminanten Schlussszene aus.
Dominik bleibt stilistisch seinen beiden vorherigen Filmen Chopper und The assassination of Jesse James... treu und "verwandelt" (zeigt) das (wahre) Amerika der einst so schillernden Gangster in einen Moloch aus schäbigen Bars, runtergekommenen Straßen und kaputten Häusern. Ein wenig wie die amerikanische Antwort auf Refns Pusher-Trilogie. Dieser Film geht unter die Haut (ich hatte noch nie so Mitgefühl bei einer Schlägerei) und man weiß teilweise nicht so recht, ob man angewidert oder mitleidig sein soll (Gandolfini). Auf jeden Fall ist dieser Film großes Kino.

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7
7/10

Warum Gewaltszenen in Super-Zeitlupe gezeigt werden müssen, bleibt mir ein Rätsel...
Davon abgesehen fand ich den Film sehr sehenswert, die Charaktere durch die Bank interessant und klasse besetzt und den Pokerraub spannend wie lange keine Szene mehr und zum Mitzittern. Mit dem Begriff "intellektuelles Arthousekino" kann ich wenig anfangen, würde mich selbst als durchschnittlichen Kinogänger mit leicht gehobenen Ansprüchen bezeichnen, und ich wurde gut unterhalten und wenig genervt.

Meine erste Sneak-Preview seit Jahren hat sich auf jeden Fall gelohnt. Ab jetzt wieder regelmäßig! :)

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8
8/10

Ich weiß nicht, was sich der Rezensent bei dem Verriss gedacht hat. Aber genau die Punkte, welche hier kritisiert werden, haben mir außerordentlich gut gefallen. Von mir aus hätten die Dialoge ruhig noch ein bisshen länger sein dürfen. Das die Einblendung der Wahlkampfreden nicht sonderlich subtil ist, mag sein. Deswegen ist die Idee trotzdem nicht schlecht und funktioniert auch. Die Heroin-Dialog-Szene fand ich ebenfalls sehr amüsant. Das hierfür der sich aufdrängende Song von Velvet Underground verwendet wird, kann man gnauso gut loben. Der Song passt zu der Szene. Da gibt es andere Klassiker, welche viel öfter und unsinniger verbraten wurden. Schade fand ich, dass die Szene, in welcher der Charakter von James Gandolfini mit der gekauften Prostituierten Ärger bekommt anscheinend nicht gedreht wurde. Das hätte köstlich werden können. Alles in allem sicher einer der besten Filme des Jahres.

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8
8/10

Naja, wir waren zu fünft in diesem Film und nur mir hat er gefallen. Ich fand ihn recht konsquent, kaputte Gegend, kaputte Typen, kaputte Gesellschaft, kaputtes Land. Ein bisschen zuviele Dialoge aber das ist man von Pitt ja gewohnt. In seinem Ursprungsland dürfte das Statement zu Thomas Jefferson am Schluss für mehr Furore sorgen, da vermutlich die Grundlagen hierfür auch dort weniger bekannt sein dürften (http://de.wikipedia.org/wiki/Sally_Hemings).

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1
1/10

Der Film versucht etwas zu sein was er nicht ist und "das Versacken in absoluter Langeweile" konnte von keiner Schauspielerleistung aufgehalten werden.

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2
2/10

Von vielen Kritikern wurde der Film gut bewertet, was ich nachdem ich ihn gesehen habe nicht im geringsten verstehen kann.
Hier stimmt meiner Meinung nach rein gar nichts.
Ich will nicht sagen das es nicht schlechtere Filme gibt, aber langweiligere wohl kaum.
Von Anfang bis Ende kommt hier 0 Spannung auf und die ganze Geschichte ist vorhersehbar. Den Film empfand ich als reine Zeitverschwendung. Den Vergleich zum Film "Drive", den einige ansprechen, kann ich auch nicht verstehen.

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wegen der hohlen kritik hier,
hätte ich mich fast um einen der besten filme der letzten jahre gebracht.
klar...wer erst "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford" gesehen hat,
sollte keinen film gleichen genres erwarten.

am besten die kritik hier ignorieren und einfach anschauen.

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5
5/10

PLUS:
Tolle Optik, interessante Geschichte, gelungene Bildsprache, überzeugende Schauspieler, stimmungsvolle Musik, reichlich Metaphern und natürlich: Prad Pitt!

MINUS:
Unsäglich platte, dümmliche, langweilige, belanglose, hypervulgäre und nicht enden wollende Dialoge zum Abgewöhnen, die mir in ähnlicher Form zuletzt so in dem gleichermassen nervtötenden "Savages" untergekommen sind.

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