Das Zimmer meines Sohnes

Originaltitel
La stanza del figlio
Land
Jahr
2001
Laufzeit
99 min
Genre
Release Date
Bewertung
10
10/10
von Vera Kampschulte / 23. Dezember 2010

Giovanni (Nanni Moretti) ist Psychoanalytiker in einer kleinen italienischen Stadt. Er hat einige Patienten, die schon lange zu ihm kommen und zu denen er schon ein fast freundschaftliches Verhältnis hat. Auch sein Privatleben verläuft größtenteils problemlos, er führt eine glückliche Ehe mit Paola (Laura Morante) und hat zwei heranwachsende Kinder, die Tochter Irene (Jasmine Trinca) und den Sohn Andrea (Giuseppe Sanfelice). Die Familie ist sehr sportlich, Giovanni joggt, Irene spielt Basketball und Andrea Tennis, auch sonst unternehmen alle viel miteinander, es herrscht einträchtige Idylle.
Eines Sonntagmorgens, als Giovanni mit seinem Sohn joggen gehen will, wird er von seinem Patienten Oscar (Silvio Orlando) um Hilfe gebeten und fährt zu ihm. Zur gleichen Zeit hat Andrea einen Unfall und stirbt.
Sein Tod verändert das Familienleben, nicht nur dadurch, dass jetzt jemand fehlt, auch die anderen treiben eher auseinander als sich näher zu kommen. Paola zieht sich weinend in ihr Schlafzimmer oder in ihre Arbeit zurück, Irene trifft sich mit ihren Freunden und Giovanni versucht sich mit Sport zu betäuben. Doch diese Betäubung funktioniert nicht und er macht sich Vorwürfe, da er den Unfall hätte verhindern können. Schließlich muss er seine Praxis schließen und seine Ehe droht zu zerbrechen.
Doch eines Tages liegt ein Liebesbrief an Andrea im Briefkasten, von seiner Freundin, von der die Familie bisher nichts wusste. Besonders Paola erhofft sich in ihrer Trauer hier eine Möglichkeit, ihren Sohn vielleicht ein Stück weiterleben zu lassen.

Nanni Moretti ist im italienischen Kino eine bedeutende Figur. Nicht nur, dass er in seinen Filmen meist die Hauptrolle, Regie, Drehbuch und Produktion übernimmt, er hat eine Produktions- und Verleihfirma, ein eigenes Kino in Rom und veranstaltet ein jährliches Filmfestival für Nachwuchstalente mit einem eigenen Preis, dem Sacher d´Oro. Zudem gilt er als eine Art Don Quichotte, da er in seinen Filmen auch politisches Engagement gegen Berlusconis Politik zeigte.
Seit 1973 macht Moretti Filme, die ihm bis jetzt 1981 den Goldenen Löwen von Venedig, 1985 den Silbernen Bären in Berlin, 1993 die beste Regie in Cannes und schließlich dieses Jahr die Goldene Palme für "Das Zimmer meines Sohnes" einbrachte. Und das auch völlig zu recht.
"Das Zimmer meines Sohnes" ist ein wunderschöner, wenn auch unglaublich trauriger Film. Trotz aller von der Handlung gebotenen Möglichkeiten, in ein hollywoodeskes Rührstück abzudriften, umgeht Moretti jegliche Art von Kitsch oder Theatralik. Stattdessen zeigt er äußerst realistisch, wie Menschen mit dem Zusammenbrechen ihres bisherigen Lebens umgehen, da er sich selbst seit der Geburt seines Kindes verstärkt mit dem Tod beschäftigt.
Der Film pendelt zwischen den humorvollen Teilen wie einigen Patientengesprächen und den entsprechenden Alltagssituationen nach Andreas Tod ohne jemals künstlich zu wirken, man beobachtet eine ganz normale Familie die mit einem Schicksalsschlag umzugehen versucht und sich nach und nach wieder zusammenrauft. Wahrhaft wahrhaftig.


Wohl denen, die sich in einer solche Ignoranz (s.o.) über den Film äußern können - und möge das Schicksal sie vor dem Verlust eines geliebten Menschen bewahren!
Ich selbst bin auch betroffene Mutter - und ich empfand diesen Film als den besten, der sich mit dem Thema Verlust des Kindes beschäftigt. Er zeigt - sehr sensibel und genau - das Drama, das Einbrechen des Unvorstellbaren in eine Familie.
Dass es in der Realität viel schwerer und schmerzlicher ist, das kann ein Film (und soll er auch nicht) zeigen! Ich habe mich jedenfalls in meiner Trauer verstanden gefühlt. Danke für solche Filme! Danke für mutige RegisseurInnen, die sich an das Thema "Tod" wagen (s.Almodovar z.B.)
Gabriele Gérard
www.trauer-um-florian.de

Gabriele Gérard

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