Was einmal funktioniert, klappt auch zweimal, oder viermal. Jane-Austen-Verfilmungen sind meistens erfolgreich, weil sie gut gemacht sind, von talentierten Schauspielern umgesetzt werden und die schöne englische Landschaft so gut zu der romantischen Filmmusik passt. Die letzten drei Verfilmungen ihrer Romane "Verstand und Gefühl" (als "Sinn und Sinnlichkeit"), "Emma" und "Stolz und Vorurteil" waren in sich stimmige und gelungene Adaptionen der bekannten Werke. "Geliebte Jane" reiht sich perfekt in diese Reihe ein - zu perfekt. Zu viele Ähnlichkeiten, zu viele Wiederholungen, hier bekam ein Konzept nur einen neuen Überzug. Und das obwohl überhaupt kein Roman von Jane Austen als Buchvorlage diente, diesmal musste ihr Leben selbst herhalten, dass sich von dem Schicksal ihrer Heldinnen keineswegs unterschieden hat.
Jane Austen (Anne Hathaway) lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in einem englischen Landhaus. Die Bauernfamilie muss nicht hungern, aber reich ist sie auch nicht. Janes Mutter (Julie Walters) hofft auf einen reichen Ehemann für ihre Tochter, der auch ihre Geldsorgen lindern könnte. In Mr. Wisley (Laurence Fox), dem Neffen und einzigen Erben der reichen Lady Gresham (Maggie Smith), sieht Mrs. Austen diesen Hoffnungsschimmer. Aber Jane ist eine unabhängig denkende Frau, die sich keinesfalls ohne Liebe verheiraten lassen möchte. Damit ist bereits die Basis für eine perfekte Story gelegt, wie sie nur von Jane Austens Feder stammen könnte. Die reiche Landadelige machte auch schon Lucy Bennet aus "Stolz und Vorurteil" zu schaffen.
Schwung kommt aber erst durch den wilden Heißsporn und Frauenhelden Tom Lefroy (James McAvoy) ins Spiel. Der junge Advokat aus London, der von der Gnade seines reichen Onkels völlig abhängig wird, muss als Strafe für Schlägereien und Sauftouren seine Lektion auf dem Land lernen. Mit seinem Freund Henry (Joe Anderson), dem Bruder von Jane, reist er in die weit entfernte, von ihm verhasste Provinz. Natürlich trifft der arrogante Spötter in der klugen und widerspenstigen Jane eine gleichwertige Gegnerin in ironischen und scharfzüngigen Streitereien. Die bei Jane Austen berühmte Koketterie der Geschlechter, die trotz der Züchtigkeit und Zurückhaltung der damaligen Frauen auch heute noch zum Schmunzeln anregt, findet hier ihre Begründung.
Jane Austens wirkliches Leben ist trotz zahlreicher Biographien im Dunkeln geblieben. Ihre Bekanntschaft mit Tom Lefroy ist historisch verbürgt, doch was im Film passiert, ist nicht unbedingt so geschehen. Ein neues Buch von Jon Spence (ebenfalls mit dem Titel "Geliebte Jane") hat aus dieser vermuteten Liaison mehr gemacht, seine Erzählung ist die Grundlage für die Verfilmung. Durch den englischen Titel "Becoming Jane" ist dann auch klar, worum es hier eigentlich geht: Wie wurde aus der sittenstrengen Tochter vom Lande eine der bedeutendsten englischen Autorinnen? Die Inspiration für ihre Romane muss im eigenen Leben zu finden sein, so Autoren und Produzenten. Deshalb hat "Geliebte Jane" auch so unbestreitbar viele Ähnlichkeiten mit "Stolz und Vorurteil", dessen filmische Umsetzung erst ein Jahr her ist.
Die Parallelen liegen aber nicht nur im Inhalt: Die Anfangsszene, die Ballszenen und vor allem das Haus der Austens scheinen einfach nur aus "Stolz und Vorurteil" herausgeschnitten zu sein. Da es daran nichts zu meckern gab, ist das ja erstmal nicht so schlimm. Auch in "Geliebte Jane" ergibt sich wieder ein stimmiges Bild aus Landschaft, Kulisse und Kameraführung. Aber die unschöne Vermutung, die Filmemacher würden ihr Publikum für dümmer halten, als es ist, verdirbt auch den Spaß am Schauen.
Ein weiteres Manko ist die farblose Hauptperson. Während Keira Knightley in "Stolz und Vorurteil" noch unbekümmert jugendlich und leidenschaftlich über die Kinoleinwand hüpfte, ist Anne Hathaway leider völlig blass und unscheinbar. Trotz aller vornehmen Zurückhaltung hätte sie etwas mehr Gefühl in die Rolle legen müssen. Alle Charakterzüge, Stimmungen und Gefühle sind nur angedeutet und nicht ausgespielt.
Dafür brillieren die Nebenfiguren: Ian Richardson als strenger Richter und Erzieher von Tom Lefroy kann einem durchaus Angst einjagen, James Cromwell gibt einen prächtigen alten Vater und Maggie Smith spielt Lady Gresham herrlich borniert und versnobt. Leinwand-Neuling James McAvoy trägt die Last der männlichen Hauptrolle gelassen und versprüht mehr Charme und Witz, als es die Herren aus Austens Romanen tun durften.
Im Großen und Ganzen ist der Film wieder eine klassische und historisch wie auch gesellschaftlich gut eingefangene Abbildung des Englands von Jane Austen. Die ärmere Oberschicht vom Land besucht die etwas reichere Oberschicht vom Land und läuft zu schöner Musik durch die romantische englische Landschaft voller faszinierender Häuser. Und dann geht es wieder los: Das ironisch-scharfzüngige Wortgefecht von Austens Heldin mit ihrem noch nicht ganz aber bald sicher Angebeteten. Alles wie gehabt.
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