1998 schlug die große Stunde von Peter Cattaneo. Wie aus dem Nichts tauchte da dieser Brite mit seiner Sozialkomödie über sechs strippende Arbeitslose auf. Es setzte vier Oscar-Nominierungen, darunter in der Kategorie "Bester Film"; für die Musik gab es sogar den begehrten Preis. Und bei dieser einen Auszeichnung hätte es vielleicht nicht bleiben müssen, wäre es nicht das Jahr gewesen, in dem "Titanic" die Oscars dominierte. Zum Zeitpunkt der Oscar-Preisverleihung hatte "Ganz oder gar nicht" weltweit bereits mehr als 220 Millionen Dollar eingespielt. Und das mit einem Budget von etwas mehr als einem Hundertstel davon. Doch was ist seitdem passiert? Cattaneos letzter Film, "Opal Dream", lief 2006 zwar auf der Berlinale, hat es aber nie in die deutschen Kinos oder Videotheken geschafft. Mehr als sieben Jahre sind seit dem letzten Cattaneo-Film in deutschen Kinos ("Lucky Break", 2001) vergangen; Anfang 2009 ist es nach mehrmonatiger Startverschiebung nun wieder so weit: Peter Cattaneo kehrt mit "The Rocker" zurück. Hat sich das Warten für Freunde seines bislang größten Erfolges gelohnt? Ganz klare Antwort: Nein. Vor 20 Jahren war die Welt für Robert "Fish" Fishman (Rainn Wilson) noch in Ordnung. Als Drummer der Band Vesuvius schien ihm eine steile Karriere im Musik-Business sicher. Doch dann kam das Angebot einer großen Plattenfirma, das Fish nicht mit einschloss. Die übrigen Band-Mitglieder votierten gegen ihn - Fish war draußen. 20 Jahre später stehen Vesuvius im Rock-Olymp, während Fish seine Karriere längst an den Nagel gehängt hat und nun in einem Call-Center arbeitet. Das neue Album von Vesuvius verleitet ihn dort zu einem tätlichen Angriff, was seine prompte Kündigung zur Folge hat. Daraufhin setzt ihn natürlich auch noch seine Freundin auf die Straße. Glücklicherweise findet er im Dachstuhl seiner Schwester eine Unterkunft, zumindest vorübergehend. Lange dauert es nicht, bis sein Keyboard spielender Neffe Matt (Josh Gad) bei ihm vorspricht und ihn darum bittet, auf dem Abschlussball als Drummer in dessen Band "A.D.D." einzuspringen. Fish ist zunächst mäßig angetan von der Idee, sagt dann aber doch zu und findet auf der Bühne zu alter Begeisterung zurück. Sofort schmiedet er Pläne, will gemeinsam mit Matt, Gitarrist Curtis (Teddy Geiger) und Bassistin Amelia (Emma Stone) Songs aufnehmen, in kleinen Clubs spielen und auf große Tournee gehen. Und einem nicht wirklich geplanten Auftritt auf YouTube sei Dank: Eine große Plattenfirma zeigt tatsächlich Interesse an A.D.D. Peter Cattaneo scheint eine Vorliebe für Menschen zu
besitzen,
mit denen es das Leben (lange Zeit) nicht gut gemeint hat,
die sich
aber aus eigener Kraft aus ihrer unliebsamen Situation
befreien
wollen. In "Ganz oder gar nicht" waren das die strippenden
Arbeitslosen, drei Jahre später in "Lucky Break"
die Kleinkriminellen, die in den Knast kamen und mittels
eines Musicals
den Ausbruch planten. In "The Rocker" steht ein
gescheiterter
Drummer im Mittelpunkt, dessen Karriere einst böse zum
Absturz
gebracht wurde, der nun aber eine neue Chance wittert -
und sei
es, indem er mit einer Teenie-Band auf Tour geht. Dem aus dem amerikanischen "Stromberg"-Pendant "The
Office" und aus einer Gastrolle in "Six Feet Under"
bekannten Rainn Wilson ist dabei im Prinzip kaum ein
Vorwurf zu
machen. Mit genügend Make Up ein wenig an Jack White von
den
"White Stripes" erinnernd, darf er in diesem Film so
richtig
die Sau rauslassen. Das nimmt in Sachen "wildes
Grimassieren"
zwar manchmal etwas Überhand, doch wäre seine Darbietung
für sich genommen sicher ein Grund, der für den Film
spricht,
wäre dieser eben nur entsprechend konzipiert und mit
interessanteren,
spritzigeren Dialogen versehen. Der Rest setzt sich dann zusammen aus Witzen, die eigentlich keiner mehr sehen will: Fish stößt sich den Kopf, Fish stößt sich an einem Ast, Fish kracht etwas in die Weichteile, Fish fällt eine Treppe herab, und so weiter. Nicht gerade einfallsreich. Ebenso wie die Story, die einen sehr formelhaften Verlauf nimmt, nach dem Muster "zunehmender Erfolg, schwerer Rückschlag, doch am Ende...". Dabei fehlt es an prägnanten Ideen, was sich zum Beispiel darin zeigt, dass das den Erfolg auslösende Schlüsselereignis ebenso beliebig wirkt wie die obligatorische "Strafe" für die übrigen Bandmitglieder von Vesuvius. Die Karriere der vier Musiker von A.D.D. schreitet auch ziemlich streng nach dem Prinzip "mehr verkaufte Platten, mehr Fans, größere Hallen" voran, ohne mal einen überraschenden Weg einzuschlagen. Dass der Erfolg der Band vollkommen an den Haaren herbeigezogen ist (Möchtegern-Rock-Musik für Teenies, die aber Fans von Alt-Rockern wie Vesuvius in Ekstase versetzt - schon klar), sei in Anbetracht des Genres, in dem wir uns hier befinden, mal verziehen. "The Rocker" bietet gute Unterhaltung für Mädels und Jungs, die noch nicht die Volljährigkeit erreicht haben. Enttäuschend ist das Ganze jedoch vor allem für diejenigen, die bei "Ganz oder gar nicht" voll auf ihre Kosten gekommen sind und gut zehn Jahre danach ähnliches erwartet haben. Somit ist "The Rocker" nicht wirklich unangenehm zu schauen, scheitert aber an fehlendem Witz und Gleichgültigkeit seitens des Zuschauers für Story und Charaktere. |
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