Das Teenieleben in der Großstadt - diesem Thema widmet der Film von Maria von Heland 87 Minuten, die größtenteils recht gelungen abgedreht wurden, mitunter aber doch etwas mühsam erscheinen. Um mit ihrer Geschichte möglichst nahe am wirklichen Leben der Jugendlichen zubleiben, traf die Drehbuchautorin mehrere Wochen lang Berliner Mädchen und sprach mit ihnen über ihr Leben und ihre Träume. Ein realistischer Tonfall mag dabei herausgekommen sein, hapern tut's hier indes an ein paar anderen Ecken.
Die beiden 17jährigen Freundinnen Steffi (Karoline Herfurth) und Kati (Anna Maria Mühe) werden langsam erwachsen. Dabei machen sie die in diesem Alter typischen, wechselhaften Erfahrungen von Liebeslust und Liebesleid, eingebettet in den generell tristen Schulalltag im Berlin der Gegenwart, dem sie nur mit ausgelassenen abendlichen Discotouren entkommen können. Bei einem ihrer abendlichen Kneipenbesuche lernen sie Klaus (Tillbert Strahl-Schäfer) und Jani (Hyun Wanner) kennen und fahren zusammen in einen Szeneclub, wo ziemlich intensiv gefeiert wird. Als sie über ein Paar lästern, das ziemlich leidenschaftliche und eindeutige Bewegungen macht, entdeckt Steffi, dass der Mann ihr Vater (Stefan Kurt) ist, der sich mit seiner Kollegin Jeanette amüsiert. Steffi sieht rot und führt einen Rachefeldzug durch, der auf niemanden Rücksicht nimmt und viele Opfer fordert. So gerät beispielsweise Jeanettes Tochter Tessa (Josefine Domes), in Steffis Fadenkreuz.
Was die Handlung betrifft, so erinnern die "Großen Mädchen" manchmal an "American Beauty", leider wurde aber bei weitem nicht so in sich geschlossen und konsequent erzählt. Es werden mehrere Figuren vorgestellt, die nur dann auftreten, wenn sie eine gewisse Funktion erfüllen sollen; dadurch wirken sie oft austauschbar, eine Charakterzeichnung ist kaum erkennbar. So geschehen bei Klaus, der als Freund von Kati eine deutlich breiter angelegte Rolle verdient hätte. Daraus konnte auch Tilbert Strahl-Schäfer mit seinem recht glaubwürdig und gekonnt wirkendem Schauspiel nicht mehr viel machen. Auch Steffis Vater Hans wirkt vor allem gegen Ende des Films recht farblos und an allem desinteressiert. Eine etwas dramatischere Inszenierung des Konflikts zwischen Steffis Eltern wäre hier ebenso angebracht gewesen wie eine Schlüsselszene, in der Steffi ihren Vater mit dessen Fehltritt konfrontiert und zur Rede stellt. Seine Frau Ann (Nina Petri) guckt ein paar Mal etwas erschreckt und verheult, ansonsten spielt auch sie recht kühl.
Ganz anders hingegen Carlos (David Winter), der musikalische Mädchenschwarm und Freund von Steffi, der sehr glaubwürdig und authentisch wirkt. Er ist zwar von Steffis zickigem und distanziertem Verhalten leicht gekränkt, aber trotzdem ein Gentleman, der seineeigenen Interessen vergleichsweise rücksichtsvoll durchsetzt. Carlos passt vom seiner Art her gut zur singenden Tessa, die zwar lebenslustig aber trotzdem eher leise und dezent wirkt. Eine von Steffi arrangierte Begegnung der beiden Musiker endet zu Steffis Ärger vollkommen anders als geplant.
Insgesamt schlittert der Film stark zwischen seinen Handlungssträngen umher, er wirkt unentschlossen, versucht dies aber mit einem markanten Schlusswort zu kaschieren. In gewisser Weise passt diese Unentschlossenheit auch zum tragenden Charakter der Steffi, die keine langfristige Strategie entwirft, sondern sich von einer Situation zur nächsten durchschlägt ohne mehr als zwei Schritte im Voraus zu denken. Der Handlungsrahmen bleibt relativ brav, und so geht es schlussendlich doch eher darum, ob die Freundschaft der beiden Mädchen mit ihren doch recht unterschiedlichen Charakteren und Hintergründen - während Steffi aus einem finanziell abgesicherten, aufgeklärt-lockeren Elternhaus stammt, ist besonders Katis Mutter (Gabriela Maria Schmeide) fanatisch christlich-konservativ, zudem ist die Familie nicht gerade wohlhabend - diese Belastung aushält.
Die technische Umsetzung des Drehbuches hingegen ist sehr gelungen. Da wären zum einen die kunstvollen, unterhaltsam gestalteten Kamerafahrten, für die der erfahrene Kameramann Roman Osin verantwortlich zeichnet. Er bedient sich einer unaufdringlichen, sanften Bildsprache, sein Spiel zwischen Schärfe und Unschärfe stützt und untermauert die Handlung auf sehr angenehme Art und Weise, beispielsweise wenn sich wieder einmal schmachtende, liebende Herzen in ästhetischer Langsamkeit durch die romantisch verklärte Landschaft bewegen. Genauso gut wurde aber auch die Atmosphäre der kühlen, betongewordenen Wirklichkeit in den Berliner Plattenbau-Wohngebieten eingefangen, diese melancholische Tristesse, die Kati und Steffi in ein Klima der völligen Anonymität und Verlorenheit taucht.
Ebenso überzeugend sind die Vertonung und der Soundtrack, so werden bei einem Streit zwischen Steffi und Carlos auch die Surroundkanäle ausgenutzt um das "mittendrin" besser zu vermitteln, eine Technik, die leider jenseits der Actionfilme noch viel zu wenig genutzt wird. Die Musik ist angenehm vielseitig, als Besonderheit darf hier gelten, dass Josefine Domes nicht nur die Rolle der Tessa spielt und dort kleine Splitter ihres musikalischen Könnens zeigt, sondern von ihr auch extra für diesen Film drei Songs eingespielt wurden. Die Texte dazu stammen von Regisseurin Maria von Heland selbst.
Fazit: Ein ambitionierter, handwerklich guter Film über die Probleme zweier Mädchen, dem etwas mehr Zuspitzung und Straffheit nicht geschadet hätten.
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