Schluss mit lustig - "Die wilden Siebziger!" - Staffel 8 auf DVD

von Simon Staake / 28. August 2011

Letzte Runde für die Teenager aus Point Place und die wilden Siebziger selbst, denn mit dieser achten Staffel geht nicht nur die Serie, sondern in ihr auch das titelgebende Jahrzehnt zu Ende. Die gute Nachricht bei Betrachten dieses nun von Sunfilm abschließend herausgebrachten DVD-Sets: Es hätte wesentlich schlimmer kommen können. Die schlechte bleibt indes, dass diese Staffel nie das Gefühl des eigentlich Überflüssigen ablegen kann und demnach die Schwächste der Serie ist.
Fox scheint ja mit seinen Serien immer zwei ganz gegensätzliche Taktiken zu verfolgen. Entweder Serien werden viel zu früh abgesetzt oder zu spät und dann mit Rumpfbesetzungen durch eine schwache Schlussstaffel geschleppt. Letzterer Fall trifft eben auch auf "That 70s Show", wie "Die wilden Siebziger" im Original heißen, zu. Nach dem Abschied von Topher Grace und Ashton Kutcher, die es auf die große Leinwand zog, stand diese Staffel von Anfang an unter keinem günstigen Stern. Immerhin konnte Kutcher noch dazu gebracht werden, für die ersten fünf Folgen der Staffel zurückzukommen, damit der Übergang zu einem immerhin um ein Drittel der Originalbesetzung geschrumpften Team nicht ganz so drastisch ausfällt.

Also hat man am Anfang noch die Freundesclique um Hyde, Kelso, Fez, Donna und Jackie, die ebenso wie seine Eltern Red und Kitty mit der Abwesenheit des nach Afrika ausgewanderten Eric zurecht kommen müssen, was besonders Donna und Kitty schwer fällt. Jackie hat dagegen andere Probleme. Nachdem sie ihren Job aufgegeben hat, um Hyde zurückzugewinnen, muss sie feststellen, dass er - ohne sich daran erinnern zu können - eine Stripperin aus Las Vegas geheiratet hat. Fez bekommt durch Hydes anstehenden Abschied in Richtung Chicago zudem eine neue Mitbewohnerin - Jackie! Und zu allem Überfluss begrüßt die Clique ein neues Gesicht in ihrer Mitte: Ein bedröhnter Hyde hat einem jungen Typ namens Randy einen Job in seinem Plattenladen angeboten - und blitzartig macht jener es sich im Keller der Formans inmitten der Freunde gemütlich.

Die wilden Siebziger

Und genau dieser Randy ist auch eines der größten Probleme, die die Serie hat, und noch dazu ein selbst geschaffenes. So hatte man ursprünglich die ziemlich schlechte Idee, Topher Grace als Eric Forman durch einen anderen Darsteller zu ersetzen und das unterschiedliche Aussehen durch dessen Afrikaaufenthalt erklären zu wollen. Dieses so waghalsige wie schwachsinnige Anliegen wurde in letzter Sekunde gestoppt, allerdings hatte man nun ein neues Problem: Josh Meyers war bereits für ein Jahr unter Vertrag genommen. Also wurde für ihn flugs die Rolle des Randy Pearson kreiert, womit man wiederum ein anderes Problem hatte, nämlich mit dem eigentlich als Eric-Nachfolger geplanten Charlie ein neues Gesicht zuviel. Also wurde dieser in der Auftaktfolge flugs aus der Serie geschrieben, auf - je nach Sichtweise - entweder beknackte oder geniale Weise: Nachdem ja dutzendfach Figuren ohne einen Kratzer vom Wasserturm gefallen sind, endet sein Sturz tödlich (und der arme Charlie wird danach nie wieder erwähnt).
Diese kurze Episode zeigt schon, wie chaotisch es hinter den Kulissen zuging. Nach einer überhasteten Einführung wird eine eigentlich überflüssige Figur nun innerhalb von etwa 30 Sekunden mir nichts dir nichts abgemurkst. Das ist schon ziemlich schwach. Noch schlimmer allerdings: Die meisten Zuschauer wünschten sich, Randy würde doch auch endlich tödlich verunglücken, und spätestens, als die Autoren aus Donna und Randy ein Paar werden ließen, protestierten auch die treuesten Fans. Zu dem Zeitpunkt hatte die Serie bereits einen massiven Quotenverlust hinnehmen müssen, der dann das endgültige Aus bedeutete.

Ist es also alles Randys Schuld? Jein. Zwar ist der Charakter selbst eine ausgesprochen schlechte Idee, aber nur eine von mehreren. So wurde auch die Idee, Hyde und Jackie auseinanderzureißen und Hyde eine Stripperbraut aufs Auge zu drücken, ausgesprochen schlecht angenommen. Im Nachhinein wäre es sicher besser gewesen, die Serie nach sieben Staffeln vernünftig und mit der kompletten Besetzung zu Ende zu bringen, anstatt sie durch diese achte Staffel durchzuschleppen.

Die wilden Siebziger
Gerade die ersten Folgen wirken orientierungslos und nur mäßig witzig, was auch an Stripperin Samantha und Fönwelle Randy liegt, da beide Figuren ausgesprochen nervig herüber kommen. Und obwohl man in Sachen Josh Meyers durchaus anerkennen muss, dass er vor einer sehr schwierigen Aufgabe stand, so sind besonders seine ersten Auftritte eine ziemliche Qual. Er wirkt, als würde er seine Texte ablesen und als versuche er, seine Nervosität mit einer besonders lustig gedachten überzogenen Mimik, Gestik und Zeilenwiedergabe zu überspielen. Allerdings wird er im Verlaufe der Serie deutlich natürlicher und relaxter und die Randy-Auftritte dementsprechend etwas weniger schlimm. Jedoch sorgte die Anti-Randy-Stimmung dafür, dass man ihn gegen Ende der Staffel so gut wie herausschrieb, so dass er in der Abschlussfolge gerade mal einen Satz sagen darf und in der großen Schlussszene nirgendwo zu sehen ist. Das Randy- und das Samantha-Problem sind Merkmale der Unsicherheit in der Kreativabteilung, was sie mit dieser Staffel eigentlich machen sollen, wobei die Schreiber und Produzenten schlichtweg überschätzten, was sie ihrem Publikum zumuten können.

Nach all diesen kritischen Anmerkungen muss aber gesagt werden, dass für diese Staffel dasselbe gilt wie für Randy-Darsteller Josh Meyers: Auch die Show steigert sich nach dem ersten Drittel, angefangen mit der Folge "Der geklaute Clown". Andere Highlights sind "Frampton oder Clapton?", in der Hyde hinter dem Rücken seines Vaters eine Party steigen lässt, und "Der 1000-Dollar-Ring", das noch einmal gut verdeutlicht, wie sehr Deborah Rupp und Kurtwood Smith als Kitty und Red Forman das Herz und die Seele dieser Serie sind. Und ab und zu sind auch einfach mal einzelne Szenen genial, die die einzelnen Folgen wieder etwas herausreißen, etwa wenn wir in "Leo der Held" herausfinden, wie Überhippie und Megastoner Leo wurde, was er ist. Und alle tapferen Fans werden dann in der Abschlussepisode "Das große Finale" noch belohnt und zumindest ein wenig versöhnt, denn hier geben die so sehr vermissten Ashton Kutcher und Topher Grace ein kurzes Comeback. Zusammen sorgen sie für wirklich wunderbare letzte Minuten und eine perfekte Schlussszene. Vorher gab es zwar ein paar wacklige Momente, aber zumindest den Abgang haben "Die Wilden Siegziger" hier perfekt hingekriegt.

Die wilden Siebziger

Gaststars gibt es wieder eine ganze Menge hier, wobei man diesmal eher auf die Nostalgiekarte und damit Helden aus Serien der 70er Jahre gesetzt hat, darunter Mary Tyler Moore als Jackies bösartige Chefin und "Love Boat"-Kapitän Gavin MacLeod sowie "Happy Days"-Papa Tom Bosley als Reds alte Freunde. Als modernes Gesicht taucht immerhin Bruce Willis auf, in ausgesprochen merkwürdiger Rolle übrigens. Aber in Sitcoms macht sich Bruce, wie wir aus "Friends" schon wissen, ja immer gerne ein bisschen zum Affen. Das wird übrigens auch in den nun wieder häufiger auftauchenden Traum- und Fantasysequenzen betrieben, die nach der Pause dieser Elemente in Staffel Sieben auch wieder Spaß machen.

Wer neben der wie immer soliden Bild- und Tonqualität bei dem DVD-Set zum Serienabschluss auf massive Extras gehofft hat, sollte diese Erwartungen schnell herunterschrauben. Denn die vermeintlich große "Retrospektive"-Doku erweist sich wieder mal als mäßig interessantes Sammelsurium von Interviewschnipseln, in denen die Darsteller kurz über ihre Rolle und die Serie sprechen. Und geschummelt wird auch noch: Die Interviews mit den nicht mehr anwesenden Topher Grace und Ashton Kutcher werden durch welche aus den Anfangszeiten der Serie ersetzt, was denn doch eher Vorhersage als Retrospektive ist. Als Entschädigung ist das zweite Hauptextra, die Settour mit Regisseur David Trainer, dafür ausgesprochen interessant, da man einen guten Eindruck davon bekommt, wie diese Show vor Livepublikum aufgezeichnet und wie das Set für verschiedene Kulissen benutzt wurde. Dazu kommen wieder der unnütze Szenenzusammenschnitt "Season Eight in Eight Minutes", die wie üblich trockenen Audiokommentare von David Trainer und die TV-Spots zum mal Reinschauen. Es bleibt also alles beim Alten hier.

Apropos alt: Alte Freunde sind sie für den Zuschauer im Verlauf von acht Staffeln und zweihundert Folgen geworden, die Teens aus Point Place, und trotz der unbestreitbaren Schwächen dieser letzten Staffel wird man natürlich ein wenig wehmütig, dass hier nun alles zu Ende ist. Vielleicht gibt es ja wie beim Vorgänger im Geiste "Happy Days" noch mal das ein oder andere Reunionspecial, denn wenn man bei Charakteren nach ein paar Jahren wieder mal hineinschauen will, dann eindeutig bei Eric und Donna, Kelso und Hyde, Jackie und Fez.
Was bleibt am Ende? Eine Sitcom mit erstaunlich hoher Konstanz, was sicherlich auch dafür verantwortlich ist, dass sie nach "Eine schrecklich nette Familie" die am längsten laufende Serie der Fox-Geschichte wurde. Und, ja doch, eine Art moderner Klassiker. Und diesem Status kann auch diese letzte, eher für Fans und Komplettisten interessante Staffel nichts anhaben.

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