Spotlight: DESIGN OF A DECADE - Filme der Neunziger

1999.......  "Matrix“: Die Science-Fiction auf dem Weg ins nächste Jahrtausend

Am Anfang dieses Jahres erwarteten alle nur das eine: Den Siegeszug des neuen “Star Wars“-Films. Aber es gab dennoch einige andere Höhepunkte. “Shakespeare in love” war seit über dreißig Jahren die erste Komödie, die den Oscar für den “Besten Film” erhielt. “The Blair Witch Project“ avancierte nicht nur zum erfolgreichsten Independent-Film aller Zeiten, sondern auch zum ersten Kino-Phänomen, dessen Erfolg im Internet begründet lag. Ganz nebenbei wurde dann noch der Begriff Horror neu definiert. Auf dieser Welle mit schwamm “The sixth sense“, ein innovativer Horror-Thriller mit überraschendem Ende, der in den USA zu zweiterfolgreichsten Film des Jahres wurde. Julia Roberts und Hugh Grant feierten ein ganz dickes Comeback in der bezaubernden Komödie “Notting Hill“. Mit Stanley Kubrick verlor die Filmwelt eines ihrer größten Genies, doch sein Vermächtnis “Eyes wide shut“ konnte er noch fertigstellen. David Fincher packte seine Zuschauer zum dritten (und bestimmt nicht zum letzten) Mal bei den Eingeweiden und verpasste ihnen mit “Fight Club“ eine der heftigsten Film-Erfahrungen überhaupt. Doch nach wie vor schwebte über allem “Episode 1 – Die dunkle Bedrohung“. 
Das langerwartete und –ersehnte “Star Wars“-Prequel erfüllte die allgemeinen Erwartungen, und war gerade deshalb eine Enttäuschung. In den USA entstanden neue Einspielrekorde für die ersten Wochen, am Ende fand sich der Film unter den fünf erfolgreichsten aller Zeiten wieder. Auf dem globalen Markt reichte es nicht mal dafür. Dank Internet und illegaler Kopien hatten die wahren Fanatiker den Film schon monatelang auf CD-ROM zuhause, bevor er überhaupt bei ihnen anlief, und so fehlten letztendlich die bei Genre-Filmen so wichtigen Mehrfach-Besucher. In Deutschland schaffte der Film knapp 8 Millionen Zuschauer, und war damit weit entfernt von der magischen 10-Millionen-Grenze. Im großen Finanz-Kampf gegen “Titanic“, den die Fans schon ein Jahr zuvor ausgerufen hatten, ging „Episode 1“ mit fliegenden Fahnen unter. In den USA reichte es noch zu drei Vierteln des “Titanic“-Ergebnisses, global knabberte “Episode 1“ höchstens an der Hälfte. Doch das war nur die finanzielle Seite. Der Film selbst wurde heftig und kontrovers diskutiert, und letztendlich mußten alle zugeben, daß es halt „nur ein Film“ war. Die erwartete Offenbarung blieb aus, Lucas befriedigte eher ein kindliches Publikum und ließ seine Fan-Gemeinde so einigermaßen ratlos zurück. Das unterhaltsamste an der ganzen Hysterie waren die verzweifelten Rechtfertigungsversuche der Hardcore-Fanatiker. In all ihren Bemühungen, den neuen Film nicht schlechter sein zu lassen als die alten, übersahen sie völlig, daß sie mit ihren Argumenten nur die alten Filme schlechter machten statt den neuen besser, und so tragischerweise selbst zur Demontage ihres Mythos beitrugen. “Episode 1“ selbst war nicht mehr als eine Plattform für neueste Spezialeffekte, ein Film ohne richtige Seele, und degeneriert zu einem zweistündigen Werbespot für Spielzeug-Figuren. Das Merchandising nahm völlig perverse Formen an und spülte Summen in die Kassen von George Lucas, die für seine ratlosen Jünger unvorstellbar waren.
Aber einige Wochen vor dem Einschlag des neuen „Star Wars“-Films war bereits ein anderer, “echter“ SciFi-Film angelaufen, der dem überzogenen Hype um das Lucas-Werk mehr Wind aus den Segeln nahm, als irgendjemand erwartet hatte. Die für die breite Öffentlichkeit noch komplett unbekannten Brüder Andy und Larry Wachowski hatten am Anfang nicht mehr als die eine Sache, die man für einen ordentlichen Film braucht: eine gute Idee. Diese gute Idee gelangte, in Form eines Drehbuchs, über Umwege zu Joel Silver, der mit seinem untrüglichen Spürsinn fürs große Geld sofort den potentiellen Mega-Hit schnüffelte, und die beiden Independent-Brüder mit einem sehr großzügigen Budget ausstattete. Wie “Matrix“ wohl ohne diese Mittel ausgesehen hätte, darüber kann man nur spekulieren, mit diesen Mitteln konnten die Regisseure ihrem Film jedoch genau den Look geben, den sie in ihren Köpfen hatten. Und dieser Look war wirklich neu.
Ein importierter Spezialeffekt aus dem japanischen Animationsfilm (“Flo-Mo“) und kunstvoll eingesetzte Zeitlupe waren nur die auffälligsten Mittel, derer sich die Wachowskis bedienten, um den zentralen Punkt des Films zu verdeutlichen: Die Realität ist nur eine Scheinwelt. Auch wenn der unglaublich faszinierende Ansatz der Story alsbald verpackt wurde in einen relativ konventionell gehaltenen Plot, so setzte sich doch vor allem diese Grundidee in den Köpfen fest. Die Wachowskis hatten bei ihrem Publikum einen weit aufliegenden Nerv getroffen.
Ende der Neunziger Jahre, auf dem Weg ins nächste Jahrtausend, unter ständiger Berieselung verschiedenster Medien und unter dem immer stärker werdenden Einfluß einer Sache namens Internet, webt die gesamte Menschheit an einem täglich dichter werdenden Netzwerk von Computerisierung. Maschinelle Kontrolle, Arbeit und Überwachung ist überall um uns herum, und es besteht nachweislich kein Bedarf mehr, das Haus zu verlassen. So einer Gesellschaft eine Geschichte wie bei “Matrix“ vorzusetzen, hat gleich doppelte Aussicht auf Erfolg. Zum einen ist die totale Kontrolle durch die Maschinen eine völlig logische Fortsetzung der jetzigen Geschehnisse, und wirkte daher nicht sehr weit hergeholt. Zum anderen sind bereits so viele Menschen in ihren eigenen kleinen Kosmos von flimmernden Bildschirmen in abgedunkelten Räumen abgetaucht, daß die Bereitschaft, die Realität anzuzweifeln, noch nie so groß war wie heute. The Matrix has you. Wieviele Zuschauer haben dabei wohl gedacht “Interessante Idee“, und wieviele “Das könnte durchaus sein“?

“Matrix“ blieb dieses Jahr nicht der einzige Film mit so einer Grundidee. Er war aber der Erste und daher ganz eindeutig der Vorbote eines anscheinend sehr populären neuen Konzepts von Science-Fiction. Und als solcher hat “Matrix“ dem Genre mit der größten Fangemeinde einen wichtigen Impuls gegeben. In den letzten Jahren war Science-Fiction immer mehr abgerutscht in ein Dasein als Action-Subgenre, große Effekte täuschten über dünne Storys hinweg. Filme wie “Independence Day“, “Men in black“ oder “Armageddon“ fanden ein riesiges Publikum, den Ansprüchen eines “richtigen“ SciFi-Films wurden sie jedoch nicht gerecht. Das Genre verwandelte sich in die Präsentationsfläche für Spezialeffekte. Die Basis, nämlich eine faszinierende Vision über etwas, was sein könnte oder sein wird, schien verloren zu gehen. “Matrix“, oberflächlich natürlich auch ein actionorientierter Reißer, brachte in diese festgefahrene SciFi-Welt den Kern zurück, und reanimierte damit die eigentliche Faszination dieses Genres, das gerade während des Aufbruchs in ein neues Jahrtausend unerschöpfliche Inspirationsquellen finden kann. Wenn in den nächsten Jahren eine Vielzahl neuer und ideenreicher SciFi-Streifen realisiert werden sollte, dann ist das diesem Film zu verdanken.
Warum “Episode 1“ nie eine Chance hatte, ein wirklich wichtiger Film zu werden, ist klar: Es war nur eine Fortsetzung. Gebunden an Konventionen und Erscheinung seiner Vorgänger bestand nie die Möglichkeit, etwas wirklich Neues einzubringen, und so lebte “Episode 1“ abgetrennt von der restlichen Filmwelt dieses Jahres in seinem eigenen Kosmos, eben dem “Star Wars“-Universum, dessen Einflußnahme auf die Rest-Welt schon längst vorbei ist, und das daher auch keine wirklichen Innovationen mehr zu bieten hat. Lucas‘ Schöpfung hatte die Science-Fiction damals in eine andere, fremde Welt gebracht, und damit einen neuen Spielplatz der Ideen eröffnet. Aber die Spielplätze sind wieder verlassen, und inzwischen ist das, was um uns herum passiert, wieder wesentlich interessanter geworden. “Matrix“ brachte die Science-Fiction wieder an ihren Ursprungsort zurück. Es ist nur in deinem Kopf. Bevor du dir Gedanken über die Existenz außerirdischen Lebens machst, solltest du dir erstmal über die Existenz deines eigenen sicher sein. Viel Spaß beim Grübeln. The Matrix has you.

 
 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Name: Dirk
Email: jayroots@web.de
Bewertung: -

Ja: Natural Born Killer`s
Das Fest
Mann beist Hund




Name: Gecko
Email: Vergessen
Bewertung: -

Ich persönlich hätte es besser gefunden, wenn Ihr eine Liste der Filme dieser Dekade aufstellt, in der die Werke einzig und allein an ihrer Qualität gemessen worden wären und nich an Belanglosigkeiten wie Publikumserfolg, Oscar-Auszeichnungen und Zuschauerreaktionen. Sehr viele hervorragende mehr oder minder "große" Filme gingen so im Sog der ganzen Blockbuster unter, und werden wohl auch weiterhin dem Mainstream-Publikum verwehrt bleiben.
Darüber hinaus wurden einige Werke zum "Film des Jahres" gekürt, die diesen Titel gar nicht verdient haben. Dass zum Beispiel "Terminator 2" zum Film des Jahres 1991 gewählt wurde, kann ausgeschlossen werden. Wenn schon, dann hätte man sich für "Das Schweigen der Lämmer" entscheiden müssen. Ebenso "Matrix": der Film dieses Jahres war eindeutig "Fight Club". Und überhaupt: wie kommt es dass "Schindlers Liste", "Pretty Woman" und "Basic Instinct" hier auftauchen? Doch nur, wegen der Publikumsreaktionen, den Kontroversen, die sie ausgelöst haben etc. Eine überflüssige bis ärgerliche Liste.



Name: Gecko
Email: Vergessen
Bewertung: -

Also, wo zum Teufel sind Reservoir Dogs, True Romance, U-Turn, Kids, Mann beißt Hund, Starship Troopers, Strange Days, From Dusk Till Dawn, Dead Man Walking, Crossing Guard, Lola rennt, Natural Born Killers, American History X, Romper Stomper, Menace II Society, Clerks, Cop Land, Heat, Leon-Der Profi?



Name: Sagichnicht
Email: ichhab@keine.com
Bewertung: -

Ihr könnt sagen was ihr wollt AMERICAN HISTORY X gehört zu den besten Filmen überhaupt. Da passt meiner Meinung nach alles. Bei den Darstellern angefangen über den Ton bis zum Regeseur. Ich finde die Aufregung über die DVD- Spezials ist lächerlich wenn man so einen guten Film hat sollte man sich nicht beschweren!



Name: tyler durden
Email: yzordderex@web.de
Bewertung: -

Also, die Auswahl dieser Filme ist schon sinnvoll. Es ging nicht darum, die "besten" Filme zu behandeln, sondern diejenigen mit der nachhaltigsten Wirkung, positiv oder negativ. Filme, die Trends gesetzt haben. Natürlich war TITANIC und erst recht dieser bescheuerte Hype zum Kotzen, aber daß er das Kino der Neunziger Jahre geprägt hat, gehört schon gewürdigt.

Allerdings bin ich der Auffassung, daß ROMEO & JULIA deutlich zuviel der Ehre angetan wird. Dieser Film ist doch nun wirklich längst vergessen und hat kaum Nachhaltiges bewirkt. Da hätte ich mir stattdessen auch eher NATURAL BORN KILLERS gewünscht.



Name: Gehirngewaschen
Email: Jaja, ich weiß
Bewertung: -

Ich wollte euch mal loben. Die Platzierung von "Schindlers Liste" ist mehr als gelungen.
Ich finde es gut, dass dieser Film hier in der Liste auftaucht. Er ist für mich ein sehr wichtiger Film, denn ich interessiere mich sehr für das düsterste Kapitel aller Zeiten:
die Vergasung von sechs Millionen Juden. Der Film schafft es sehr gut, die Schrecken der Vergasung von sechs Millionen Juden einzufangen, und erzeugt eine Atmosphäre von Angst und Beklemmung, die der Zuschauer spürt. Allerdings gefällt mir der Film in der leicht geschnittenen deutschen Fassung etwas besser, denn die Uncut-Fassung im Original ist mir zu pervers in der Gewaltdarstellung. Nackte Kinderleichen, die in einem Meer aus Fäkalien schwimmen - nein, danke. Warum Spielberg so eine drastische Szene hat einbauen lassen, kann ich nicht verstehen. Das ist mir zu absurd. Ansonsten ist der Film aber sehr gelungen. Hoffentlich kommen noch mehr Filme über die Vergasung von den sechs Millionen Juden des NS-Regimes.



Name: maria
Email: wird nicht verraten
Bewertung:   ( von 10 Digital Eyes)

ich fände es nicht schlecht zu wissen wie viele auszeichnugen hugh grant insgesamt für was und wann gekriegt hat!



Name: ich
Email: hab@ich.net
Bewertung:   ( von 10 Digital Eyes)

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Name: Ralf
Email: subjektiveliste@kino.de
Bewertung:   ( von 10 Digital Eyes)

Eine sehr zweifelhafte Liste, die tatsächlich nichts weiter ist als die subjektive Meinung eines einzelnen Menschen. Mit anderen Worten: Hier hat sie nichts verloren.



Name: ?
Email: -
Bewertung:   ( von 10 Digital Eyes)

ich wollt nur dem gecko sagen dass filme wie starshiptroopers oder from thusk till dawn zwar gut sind aber es trotzdem nicht in diese liste gechaft hätten.starshiptroopers war zwar ein toller film doch war er nicht wirkilich innovativ und vor allem fand ich die dialoge schlecht. from dusk till dawn war zwar ein kultstreifen doch war er ziemlich nah an der trashgrenze, die story war einfach zu dämlich.

aber wie viele von euch bin ich der meinung dass american history x fehlt. dieser film war an genialität kaum zu übertreffen.

Zum abschluß bleibt mir noch zu sagen dass pretty woman es nicht verdient hat sich film des jahres 1990 zu nennen, dieser platz gehört der mit dem wolf tanzt



Name: Tobi
Email: toffeltoe@web.de
Bewertung:   ( von 10 Digital Eyes)

Also ich finde eure Kritik hier grade einfach nur zum Kotzen.

Keiner - und zwar wirklich KEINER - von euch, hat mal gewürdigt, was für einen tollen Dekaden-Überblick der Herr Helmke hier geschaffen hat. Wieviel Arbeit er sich machte. Was für eine tolle Kolumne das geworden ist.

Klar "fehlt" der ein oder andere Film - aber man kann eben nicht jedem gerecht werden. Indem Herr Helmke Zuschauererfolge und Einspielzahlen zu Rate zog, hat er die Filme beleuchtet, die die MASSE bewegt, beschäftigt und beeinflusst hat.

Wer von euch kennt das -renommierte und bei Kritikern anerkannte - Buch "1001 Filem"? Ein grandioses Buch, dass die 'besten Filme' seit 1902 vorstellt. Auch da wird mancher sagen: das und das fehlt aber. Man kann eben nicht jedem gerecht werden. Und wenn der der tolle Ralf zwei Einträge über mir kritisiert, dass es sich bei Herrn Helmkes Liste nur um subjektive Meinung handelt und die Liste als zweifelhaft beuechnet, deutet eben jenes zweifelhaft auf eigene subjektive Meinung hin. Also: erste denken, dann tippen.

Viele Grüße und großes Lob an Herrn Helmke,

Tobias



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