Filmszene-Special: Interview mit "BlacKkKlansman" - Regisseur Spike Lee

von Volker Robrahn / 22. August 2018

Spike Lee ist zweifellos ein Filmemacher, der etwas zu sagen hat und gerade in Verbindung mit gesellschaftspolitischen Themen und denen die vor allem die schwarze Bevölkerung betreffen, hat er dies im Verlauf seiner rund 30jährigen Karriere auch immer wieder getan. Nach einigen TV- und dokumentarischen Arbeiten kehrt er nun mit „BlacKkKlansmen“ wieder auf die Kinoleinwand zurück, erzählt dabei zwar eine Geschichte aus dem 70er Jahren, verpasst dieser aber auch einen nicht zu übersehenden Bezug zur aktuellen Trump-Ära. Beim diesjährigen Filmfestival in Cannes gewann sein Film den „Grand Prix“, die zweithöchste Auszeichnung nach der Goldenen Palme. Anlässlich der Vorstellung von „BlacKkKlansmen“ in Deutschland sprach Filmszene mit Spike Lee sowohl über sein neues Werk, als auch über filmhistorische Themen.

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Filmszene: Mr.Lee, Ihr neuer Film bekommt hervorragende Kritiken und auch beim Publikum gut an. Und so gibt es einige Stimmen, die meinen, Spike Lee sei endlich wieder mit einem relevanten Film zurück. Was antworten Sie denen, wie wichtig ist es Ihnen überhaupt, was Kritiker und andere Leute von Ihnen erwarten?

Spike Lee: „Das ist Bullshit“ antworte ich darauf – ich war doch überhaupt nie weg, wo soll ich denn gewesen sein? Aber ja, Leute haben bestimmte Erwartungen und sie verpassen einem Künstler gerne ein Etikett auf dem steht was er zu tun hat und worauf er sich zu beschränken hat, darauf entweder Musiker oder Schriftsteller zu sein, zum Beispiel. Ich habe aber schon von meinen Eltern gelernt, dass man sich nicht von anderen Leuten vorschreiben lassen darf, wer man ist und was man zu tun hat. Daher kümmere ich mich gar nicht darum, die Leute schreiben eh was sie schreiben wollen. Manchmal mögen sie das was man tut, manchmal halt nicht. Man darf sich davon nicht beeinflussen lassen, das lenkt einen nur von der eigentlichen Arbeit ab. Also sind wir dann fertig für heute? (lacht)

Noch nicht ganz, nein. Wie kamen Sie zu der Geschichte von „BlacKkKlansmen“?

spike 2Jordan Peele hat mich angerufen. Er hatte gerade für Blumhouse Productions „Get Out“ gemacht und hatte das Gefühl, der Stoff könnte interessant für mich sein. Er hat nur einen Satz gesagt: „Ein schwarzer Mann infiltriert den Klu-Klux-Klan, wahre Geschichte“. Das genügte. Der Mann war Ron Stallworth, er hat ein Buch darüber geschrieben und es gab auch bereits einen Drehbuchentwurf für die Verfilmung. So hat es angefangen. Und ich möchte nicht respektlos gegenüber den Autoren sein, die vorher an dem Skript gearbeitet haben, aber sagen wir mal so: Es hatte schon seinen Grund, warum er mich angerufen hat.

Hatte Jordan Peele auch direkten Einfluss darauf, dass der Film erstaunlich viel Humor enthält.

Nein, eigentlich nicht. Der ergibt sich ja viel mehr aus der Prämisse selbst, die ist eben völlig absurd. Ein schwarzer Mann infiltriert den KKK und wird darin Mitglied – da kommt man doch gar nicht daran vorbei das mit Humor anzugehen. Da sitzt man nicht sinnierend auf dem Sofa und denkt „dieser Stoff hat so eine Tiefe und es geht um Rassismus, oh, wie ernst und bitter“. Nein, das ist hier nicht der Fall, mit dieser Geschichte bringt man die Leute ganz zwangsläufig auch zum Lachen.

Der Film schlägt am Ende einen Bogen zu den Ereignissen und dem Anschlag von Charlottesville vor einem Jahr und zeigt auch die Reaktionen von Präsident Trump. Sie sehen da also offensichtlich Parallelen?

spike 3Es ist doch so: In einem Moment der Krise, der Erschütterung schauen immer noch viele Menschen auf den Präsidenten. Ob man ihn nun mag oder nicht, trotzdem hört man sich an was er zu sagen hat. Ob er zur Einigkeit aufruft und klare Worte findet, dass man weder den Klu-Klux-Klan akzeptiert noch irgendwelche Nazis. Aber das hat er nicht getan, sondern stattdessen die Rechten verteidigt. Er hat dann ein paar Tage später ein paar lauwarme Relativierungen hinterhergeschoben, die ihm seine Berater eingeflüstert haben. Aber ich sage Euch: Was immer dieser Typ, dessen Name ich nicht nenne, zuerst gesagt hat, seine unmittelbare Reaktion, dass ist auch das was er wirklich denkt, was in seinem Herzen ist. Nein, nein, Motherfucker, das was Du in dem Moment direkt gesagt hat, das zeigt wie Du denkst. Und genau so war es mit David Duke damals in den 70ern. Der Scheiß war auch real und der Mann hat die gleichen Phrasen benutzt wie unser heutiger Präsident. Das sind keine von mir konstruierten Parallelen. „America First“ ist keine neue Parole, das war bereits in den 1920er Jahren der Slogan des Klans gegen Immigranten.Und der Typ der gerade im weißen Haus sitzt lügt bewusst, wenn er behauptet, er kenne diese Herkunft und Bedeutung gar nicht. Aus dem Weißen Haus kommen im Moment Lügen über Lügen, ohne die geringste Scham.

Sie zeigen im Film auch Ausschnitte aus „Birth of Nation“von D.W. Griffith, den nach wie vor viele für ein Meisterwerk halten.

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Filmszene-Redakteur Volker Robrahn beim Interview mit Spike Lee

Ja, aber manche Leute meinen auch „Triumph des Willens“ sei ein Meisterwerk – oh oh, Leni Riefenstahl. Aber es ist tatsächlich so, dass ich in meinem Filmstudium gelernt habe, D.W. Griffith sei der „Vater des Kinos“, habe die Grammatik des Filmemachens definiert. Okay, das kann ich anerkennen. Das Problem war nur, dass mein damaliger Lehrer nie auch nur ein Wort über die sozialen Implikationen dieses Films verloren hat. Denn dieser Film ist direkt verantwortlich für die Wiederauferstehung des Klans und damit dafür, dass anschließend Schwarze gelyncht wurden. Und klar, aus Filmemacher- und künstlerischer Sicht ist auch „Triumph des Willens“ ein bemerkenswerter, einflussreicher Film – das komplette Ende des allerersten „Star Wars“-Films“ stammt ja aus „Triumph des Willens", das hat George Lucas praktisch direkt übernommen. Das ist immer die entscheidende Frage: Kann man ein großes Stück Kunst losgelöst von seiner inhaltlichen Aussage oder seinem Schöpfer betrachten? Ich bin absolut dagegen solche Werke zu verbieten, würde niemals fordern dass man „Birth of a Nation“ nicht mehr zeigen darf. Aber es sollte eben kommentiert geschehen, in den historischen Kontext gestellt und diskutiert werden.

Was ist denn aus Ihrer Idee geworden, das Leben von Joe Louis zu verfilmen?

Das ist immer noch ein Thema und ein Wunschprojekt von mir. Ich habe bereits in den Neunzigern ein Skript mit dem Titel „Save us, Joe Louis“ geschrieben, darin geht es um die Freundschaft zwischen Louis und Max Schmeling. Das ist ein episches Thema, Joe Louis, Schmeling, Goebbels, Hitler, Eleanor Roosevelt, Sugar Ray Robinson. Das ist groß und umfassend und ich möchte und werde diesen Film auch machen, am besten als amerikanisch-deutsche Co-Produktion – das wird episch, sage ich Euch!

 

 

 

 

 

 

 

 


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