Willkommen bei den Hartmanns

Jahr
2016
Laufzeit
115 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Volker Robrahn / 2. November 2016

hartmanns 1Das gut situierte Ehepaar Hartmann lebt in seinem schicken Eigenheim vor sich hin, doch so richtig zufrieden ist weder der mit seinem fortschreitenden Alter hadernde Richard (Heiner Lauterbach), noch die unter einem akuten Helfersyndrom leidende Angelika (Senta Berger). Die kommt schließlich auf die Idee einen Flüchtling in ihr Heim aufnehmen zu wollen, was zunächst sowohl den Gatten, als auch dem völlig auf seine berufliche Karriere fixierten Sohn Philipp (Florian David Fitz) beim Abendessen fast vom Stuhl kippen lässt. Die dauerstudierende Tochter Sofie (Palina Rojinski) findet die Aktion dagegen total dufte und erholt sich im Elternhaus erstmal noch eine Weile von den Avancen eines aufdringlichen Verehrers. Der Auserwählte, der bei den Hartmanns einziehen darf, wird schließlich Diallo (Eric Kabongo) und der sieht sich prompt mit einem Haufen merkwürdiger bundesdeutscher Regeln und Probleme konfrontiert, während er nebenbei versucht Sofie mit seinem Bekannten Tarek (Elyas M`Barek) zu verkuppeln.
 

hartmanns 2Dieser Tarek ist dann pikanterweise auch noch der wenig gelittene Arzt-Kollege von Richard Hartmann und nach dem Schema bastelt man sich noch ein paar weitere dieser unglaublichen Zufälle zurecht, wie sie für die deutsche Mainstream-Kinokomödie typisch sind. Genau, trotz des furchtbar gewagten Themas „Flüchtlinge“ steuert Regisseur und Drehbuchautor Simon Verhoeven seinen Film weitgehend in ganz genau die gleichen Fahrwasser verwirrter Wohlstandsmenschen, durch die sich auch seine „Männerherzen“ sowie diverse andere, sehr ähnlich gestrickte Werke bewegen. Das bedeutet, dass erst einmal sämtliche Charaktere ihre sozial eher unverträglichen Macken in aller Breite ausleben dürfen, bevor dann irgendwann ein wenig Weisheit und Selbsterkenntnis einziehen können. Was dazu führt, dass der brave, gutmütige und hochanständige Diallo von Anfang an die mit Abstand „normalste“ Figur inmitten eines Reigens neurotischer Typen ist, denen er so den Spiegel ihrer albernen Zivilisationskrankheiten vorführen kann.

hartmanns 3Das nur gleich zur Klarstellung, falls jemand hier einen ernsthaft anderen, sich von den gängigen Komödienmustern weg bewegenden Ansatz erwarten sollte. Dass „Willkommen bei den Hartmanns“ diesen nicht hat, macht ihn deshalb aber natürlich nicht gleich automatisch zu einem komplett schlechten Film. Tatsächlich erweist sich vor allem die erste Hälfte sogar als äußerst unterhaltsam und vergnüglich, was in erster Linie darauf zurückzuführen ist, dass die fähige Darstellerriege ihren Charakteren ausreichend Wärme und Sympathiemerkmale verleiht, um diese trotz ihrer Macken mögen zu können und sie nicht zu bloßen Karikaturen werden lässt. Ob Florian David Fritz als von Terminen und Ehrgeiz getriebener Anzugträger, der dabei seinen kleinen Sohn vernachlässigt, oder Senta Berger als zentrale Mutterfigur, die letztlich alles zusammenhält: Mit Schauspielern wie diesen wird hier die Klippe zum ärgerlichen Blödsinn ein ums andere Mal umschifft, vor allem die mittlerweile 75jährige Berger lässt in diesem Film ihres Sohnes ihr - im realen Leben immerhin dreizehn Jahre jüngeres - Pendant Heiner Lauterbach ab und zu recht alt aussehen.

hartmanns 4Die Bezeichnung „Karikatur“ trifft aber sehr wohl auf die obskuren Nebencharaktere zu, die man dem Familienglück der Hartmanns noch zusätzlich in den Weg legt. Damit ist nicht die Figur von Elyas M'Barek gemeint, der hier eine deutlich kleinere und vor allem zurückhaltendere Rolle spielt als es Werbung und Trailer suggerieren. Den Tatbestand, von allen guten Drehbuch-Geistern verlassen zu sein, erfüllen viel mehr die Personifikation des übermotivierten, unerträglichen Gutmenschen in Form der „guten Freundin“ Heike (Ulrike Kriener), sowie Sophies durchgeknallter Verehrer (Emanuel Fellner) und nicht zuletzt Uwe Ochsenknecht als grotesk zurechtgeschminkter Schönheitschirurg mit aufgeplustertem Ego. Apropos „Grotesk“ – wenn sich schließlich die Anti-Terror-Einheiten zum Sturm aufs Hartmann-Domizil bereit machen oder eine Gruppe besorgter Nazi-Bürger ihren Protest vorträgt, dann möchte man doch irgendwann etwas tiefer im Stuhl versinken, angesichts der albernen und plumpen Form mit der hier ein „schwieriges Thema auf mutige und zugleich lockere Weise angegangen wird“.

hartmanns 5So lautet zumindest die eine oder andere Bewertung des Films, die vor allem in solchen Medien zu finden ist, die sich selbst meist furchtbar schwer tun einen auch nur marginal unverkrampften Zugang zum Thema Flüchtlingskrise zu finden, der sich nicht in ängstlicher politischer Korrektheit ergibt. Denn „mutig“ ist Simon Verhoevens Filmn nun wirklich nicht, sondern durch das Zurückgreifen auf viele bewährte Bausteine doch eher auf Nummer sicher gehend. Immerhin ist das Ergebnis ein Stück kurzweiliger geraten als der zeitgleich gestartete, themenverwandte „Ostfriesisch für Anfänger“. Und dem Publikumserfolg scheint auch nichts im Wege zu stehen, wenn man die Reaktionen der gut besuchten Pressevorführung (samt Gästen) zugrunde legt, bei der viele aus dem lauten Lachen gar nicht mehr herauszukommen schienen. Nun ja, man lacht halt immer wieder total wissend und selbstironisch über sich selbst (oder bildet es sich zumindest ein).

Bilder: Copyright

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