Red Sparrow

Originaltitel
Red Sparrow
Land
Jahr
2018
Laufzeit
139 min
Genre
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Maximilian Schröter / 27. Februar 2018

Jennifer LawrenceDrei der vier „Tribute von Panem“-Filme haben Jennifer Lawrence und Regisseur Francis Lawrence (die nicht miteinander verwandt sind) zusammen gedreht. Die Zusammenarbeit war offenbar so angenehm, dass sie es nun ein viertes Mal getan haben und sich dazu die Verfilmung eines Romans des Ex-CIA-Mitarbeiters Jason Matthews ausgesucht haben. Jennifer Lawrence spielt in „Red Sparrow“ die russische Primaballerina Dominika Egorova, deren Karriere durch einen Unfall ein jähes Ende gesetzt wird. Unfähig, ihren Beruf weiter auszuüben und ohne die finanziellen Mittel, um ihre kranke Mutter zu versorgen, scheint Dominikas Lage zunächst ausweglos. Als sie jedoch von ihrem Onkel (Matthias Schoenaerts) das Angebot erhält, im Rahmen des sogenannten Sparrow-Programms zur Agentin ausgebildet zu werden, um anschließend Aufträge der russischen Regierung zu übernehmen, willigt sie aus Geldnot und mangels anderer Optionen ein. Im harten Ausbildungsprogramm wird sie zusammen mit anderen jungen Frauen und Männern dazu gedrillt, menschliche Bedürfnisse und Schwachstellen zu erkennen und gnadenlos auszunutzen. Dabei soll ihr jedes Mittel recht sein, um mit allen Tricks der Manipulation und Verführung ihre Ziele zu erreichen. Ihr erster Auftrag nach Beendigung des Trainings ist die Überwachung des CIA-Agenten Nate Nash (Joel Edgerton). Doch es kommt, wie es – zumindest im Film – kommen muss: der Überwachte und seine Überwacherin verlieben sich ineinander. Ein undurchsichtiges Spiel beginnt, in dem Manipulation, Doppelagenten und Überläufer eine Rolle spielen.
 

Wenn der letzte Satz dieser Inhaltsangabe etwas, sagen wir einmal: schwammig formuliert ist, so liegt das daran, dass aus „Red Sparrow“ Jennifer Lawrenceschon längst die Luft raus ist, als dieser Teil der Handlung in der zweiten Filmhälfte endlich beginnt. Während der Beginn des Films mit Dominikas plötzlichem Karriereende und auch der folgende Teil mit ihrer Rekrutierung für den Geheimdienst und dem Training unter der unbarmherzigen Ausbilderin der Sparrow-Schule (Charlotte Rampling) durchaus noch einiges an Spannung bereithält, so verliert sich der Film danach mehr und mehr in einem undurchsichtigen Handlungs-Wirrwarr. Größtes Problem des Films ist ganz einfach, dass er keine wirklich interessante Geschichte bereithält bzw. das bisschen an Handlung, das er erzählt, auf viel zu lange 139 Minuten verteilt. Dazu kommt leider, dass man zu keiner der Figuren eine emotionale Bindung aufbaut. Und das, obwohl sich zumindest Jennifer Lawrence hier deutlich bemüht und die Torturen und Erniedrigungen ihrer Figur in Nackt- und Folterszenen anschaulich macht. Trotzdem lässt einen der Film nie wirklich hinter Dominikas Fassade blicken, sondern bemüht sich vielmehr zu betonen, dass Dominika ihr altes Leben, ja ihre ganze Identität hinter sich lassen muss, um eine täuschende Fassade aufzubauen.

Während Lawrence also wenigstens damit einen Eindruck hinterlässt, dass sie sich in ihre Rolle sichtbar körperlich reinhängt, so hat es ihr Schauspielpartner Joel Edgerton schlimmer erwischt. Eigentlich ja einer der spannendsten Darsteller seiner Generation („Loving“, „Midnight Special“), hinterlässt er hier überhaupt keinen bleibenden Eindruck und auch die Chemie zwischen ihm und Lawrence ist so gut wie nicht vorhanden. Wenn man schon eine in weiten Teilen altmodische Geschichte von zwei auf unterschiedlichen Seiten stehenden, sich ineinander verliebenden Agenten erzählt, dann sollte wenigstens diese Liebesgeschichte glaubhaft sein. Doch das ist in „Red Sparrow“ leider überhaupt nicht der Fall, was schon mal einen Großteil des Films in sich zusammenstürzen lässt.

Auch in den Nebenrollen findet man hier mit Matthias Schoenaerts („Am grünen Rand der Welt“, „A Bigger Splash“), Jeremy Irons und Cirián Hinds erstklassige Schauspieler, die größtenteils aber Joel Edgertonhauptsächlich damit beschäftigt zu sein scheinen, einen mehr oder weniger überzeugenden russischen Akzent hinzubekommen – ganz einfach, weil ihre Rollen sonst kaum interessante Aspekte zu bieten haben (wie sinnvoll es ist, russische Charaktere in einem zu fast hundert Prozent englischsprachigen Film mit russischem Akzent sprechen zu lassen, wollen wir an dieser Stelle mal nicht ausführlich diskutieren). Es gibt allerdings Ausnahmen: Zum einen Charlotte Rampling, die in den letzten Jahren ja jede noch so lächerliche Rolle anzunehmen scheint, dann aber ihren Figuren doch stets noch etwas Würde und die eine oder andere interessante Facette verleiht. Als scheinbar emotionslose Direktorin und Ausbilderin der Sparrow-Schule weckt sie hier nicht nur Assoziationen zu Rosa Klebb aus „Liebesgrüße aus Moskau“. Man bekommt als Zuschauer auch den Eindruck, dass hinter dieser Figur eine wirkliche Persönlichkeit steht, die aufgrund eigener Erfahrungen vom Inhalt der von ihr erteilten, harten Lektionen überzeugt ist. Wo wir gerade dabei sind: „Red Sparrow“ ist definitiv nichts für zartbesaitete Gemüter und enthält einige explizite, zum Teil widerliche Szenen von Gewalt und Erniedrigung.

Die zweite Ausnahme ist Mary-Louise Parker, die mit ihrem Kurzauftritt für ein paar Minuten etwas Humor und Leichtigkeit in diesen düsteren, schwermütigen Film bringt. Doch damit ist es leider schnell wieder vorbei und dem Film fällt es zunehmend schwerer, das Interesse des Zuschauers aufrecht zu erhalten. Der Showdown verdient diese Bezeichnung eigentlich gar nicht, obwohl er wahrscheinlich als große Überraschung konzipiert ist. Tatsächlich lässt er einen aber ziemlich kalt, weil einem ganz einfach die Figuren größtenteils egal sind.

Die "Sparrows"

Wenn man sich bemühen will, in „Red Sparrow“ interessante Aspekte zu entdecken, dann könnte man den Film als Kommentar auf aktuelle Debatten über Geschlechterrollen und sexuelle Gewalt lesen. Leider verliert der Film diese Gesichtspunkte aber im Lauf der Handlung aus dem Fokus. Auch das Zurücklassen der eigenen Vergangenheit und die Annahme einer völlig neuen Identität kann man auf vielfältige Weise deuten. Jennifer Lawrence spielt hier schließlich eine Person, die zeitweise wiederum eine andere Person spielen muss. Will uns der Film also etwas über das Wesen der Schauspielerei an sich erzählen? Handelt es sich dabei um so etwas wie „Meta-Schauspiel“? Solche Gedanken schießen dem Filmkritiker hier nach dem Besuch der Pressevorführung jedenfalls durch den Kopf. Wahrscheinlich stellen sie aber nur den verzweifelten Versuch dar, doch noch irgendetwas Tiefgründiges in dieser weit über zwei Stunden dauernden Tortur aus Langeweile, Gewalt und Düsternis zu finden. Letztendlich ist „Red Sparrow“ aber viel zu langatmig und einschläfernd, als dass man lange über den Film nachdenken möchte. Und anschauen braucht man ihn eigentlich auch nicht.

Bilder: Copyright

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