Mile 22

Originaltitel
Mile 22
Land
Jahr
2018
Laufzeit
94 min
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Matthias Kastl / 25. August 2018

James beim VerhörEs kommt ja immer wieder vor, dass Regisseure und Schauspieler so aneinander Gefallen finden, dass daraus eine fruchtbare und längere Partnerschaft entsteht. John Huston hatte seinen Humphrey Bogart, Werner Herzog den guten alten Klaus Kinski (das mit dem "aneinander Gefallen finden" ist in dem Fall eventuell die falsche Formulierung) und Tim Burton seinen Johnny Depp. Und der Peter hat den Mark. Zumindest ist "Mile 22" nun schon die vierte Zusammenarbeit innerhalb von fünf Jahren (nach "Lone Survivor", "Boston" und "Deep Water Horizon") von Regisseur Peter Berg und seinem Star Mark Wahlberg. Leider ist "Mile 22" aber der deutlich schwächste Teil dieser "Quadrologie" geworden. Eine zu mies gelaunte Hauptfigur, über weite Strecken eher uninspirierte Action (mit der löblichen Ausnahme einer schön choreographierten Martial-Arts-Sequenz) und ein unbefriedigendes Ende berauben der netten Grundidee dann doch einiges ihres Potentials.

 
Wie so oft bei Peter Berg ist die männliche Hauptfigur ein tougher Kerl, in diesem Fall der eigenbrötlerische Elite-Agent James Silva (Mark Wahlberg). Ähnlich Ethan Hunts IMF-Truppe (nur deutlich ruppiger) wird auch Silvas Einheit von der US-Regierung für gefährliche Undercover-Einsätze genutzt. Genau so einer steht an, als Silvas Chef Bishop (John Malkovich) von dem Verlust hochgefährlichen radioaktiven Materials erfährt. Die Suche danach führt Silva und sein Team schon bald in ein korruptes südostasiatisches Land, wo der mysteriöse Spion Li Noor (Iko Uwais) vor der US-Botschaft auftaucht und einen Deal vorschlägt: Bringt mich lebendig aus dem Land und ich verrate euch die Standorte des Materials. Leider ist der nächste Flughafen aber 22 Meilen entfernt und schon bald muss Silva feststellen, dass Li Noor nicht einmal in der US-Botschaft seines Lebens sicher sein kann. Diese 22 Meilen werden definitiv kein Spaziergang.
 
James und LiRein auf dem Papier klingt das ja nach einer packenden Angelegenheit mit diesen 22 Meilen durch Feindesgebiet. Leider ist die Umsetzung davon aber über weite Strecken eher ernüchternd. Das fängt schon damit an, dass gefühlt der halbe Film vorbei ist, bevor unser Elite-Team sich überhaupt auf diesen gefährlichen Weg macht. Stattdessen bekommen wir erst einmal eine große Portion  Einführung serviert. Eigentlich ja etwas Gutes, wenn man mit der Hauptfigur erst einmal in Ruhe vertraut gemacht wird. Leider ist die hier aber nun ein ziemliches Arschloch.
 
Ganz ehrlich, mit diesem Mann möchte man nicht in einem Büro sitzen. James ist immer mies drauf und scheißt gleich reihenweise seine Teamkollegen zusammen - wenn er nicht gerade arrogante besserwisserische Kommentare loslässt und sich über die Welt da draußen aufregt. Es fällt wirklich schwer auch nur ein bisschen Sympathie für diese Figur zu entwickeln. Wahlberg steckt definitiv jede Menge Energie in seine Darstellung, aber das macht es ja fast noch schlimmer. Leider gibt der Rest des Teams jetzt aber auch nicht soviel her in Punkto Sympathie. So spielt John Malkovich den blassen Boss der Truppe auf Autopilot - seine letzte gute Rolle ist nun ehrlich gesagt auch schon ein Weilchen her. Ansonsten bekommt im Team eigentlich nur Alice (Lauren Cohan) so etwas wie eine richtige Charakterzeichnung verpasst, muss sich aber auch mit einem eher nervigen Subplot rund um eine gescheiterte Ehe herumschlagen. Womit sie dann auch gleich das nächste schlechtgelaunte Teammitglied wäre.
 
Li bei der "Arbeit"Bei all der schlechten Laune auf der Leinwand avanciert die erste Hälfte des Films doch schon zu einer etwas zähen Angelegenheit, wobei der Film durch seine flotte Inszenierung das zumindest noch etwas übertünchen kann. So richtig langweilig wird es dann nämlich eben doch nie so ganz, da der Film einfach immer aufs Gas drückt. Wirkliches Leben kommt aber erst mit der Ankunft des geheimnisvollen Li Noor auf, dessen erste Szenen dann auch die stärksten des ganzen Films sind. Vielleicht weil man sich auch einfach freut, dass hier einer auch mal ein entspanntes Lächeln aufsetzt - bevor er dann auf zugegeben brutale Weise ein paar Menschen umbringt. 
 
Auch wenn Iko Uwais jetzt nicht ganz so glänzen kann wie in "The Raid", so ist doch insbesondere seine lange Kampfsequenz in der Botschaft wirklich gut gelungen. Endlich hat das viele Testosteron auf der Leinwand auch mal einen positiven Effekt auf den Zuschauer. Diese Energie kann der dann folgende und lang herbeigesehnte Transport von Noor über die besagten 22 Meilen leider nicht aufrechterhalten. Dafür sind die Gegner einfach nicht clever genug, denn mehr als sinnloses Geballere auf den Wagen fällt ihnen eigentlich nicht ein. Da erinnere ich doch mal gerne an die tolle Kolumbien-Sequenz aus dem Harrison Ford-Vehikel "Das Kartell", in der ein clever geplanter Anschlag auf einen Konvoi mit einem nahezu perfekten Spannungsaufbau inszeniert wurde. Davon sind wir hier leider dann doch ein gutes Stückchen entfernt. 
 
Der Chef des TeamsDa man eigentlich nur für Li wirklich Sympathie empfindet und die einzelnen Attacken auf den Konvoi zwar routiniert aber eben nicht packend inszeniert sind, hat man leider auch genug Zeit um sich ein paar Logikfragen zu stellen. Wieso schicken die Bösewichte immer ein paar einzelne Kämpfer vor, warten dann brav bis diese besiegt sind, um dann erst die nächste Welle zu starten? Und wieso scheint man am Anfang darauf erpicht zu sein Li lebend da rauszuholen, ballert dann aber nach einer Zeit komplett sinnlos auf alles was sich nur annähernd bewegt? 
 
So bisschen kommt hier das Gefühl auf, als ob die Macher sich diese Fragen erst gar nicht gestellt haben. Und es ja eigentlich auch nicht unbedingt müssen, ein paar sympathische Figuren und eine packende Inszenierung hätten uns das alles ja schön ignorieren lassen. Vielleicht haben sie auch einfach zu viel ihrem spannenden Grundgerüst vertraut und der Tatsache, dass im letzten Drittel die Hölle auf der Leinwand losbricht und den Figuren so gut wie keine Atempause gegönnt wird. Was zugegebenermaßen auch in soweit funktioniert, als das man nicht fluchtartig das Kino verlassen möchte, sondern durchaus noch ein paar nette Fights und Explosionen serviert bekommt. Dazu streut der Film dann auf clevere Weise noch ein paar deutliche Hinweise ein, dass hier parallel noch jemand anderes seine Fäden zieht. So bleibt man trotz dem fehlenden Band zu den Figuren doch noch halbwegs interessiert am Ball. 
 
James und AliceDieses kleine Spiel mit dem Zuschauer tut dem Film im letzten Drittel wirklich gut, sorgt dann aber ausgerechnet im Schlussspurt für Frust. Dort wird einem dann klar, dass "Mile 22" nicht als Stand-Alone-Film, sondern als Serie geplant ist, und die große Konfrontation zwischen James und seinen wahren Gegenspielern einfach mal frech vertagt wird. Das ist dann doch ziemlich frustrierend und macht "Mile 22" schon fast zu einem kleinen Ärgernis. Dass sie das eigentlich besser können, haben die beiden Bergs ja schon gezeigt. Aber keine Sorge, mit der Netflix-Produktion "Wonderland" gibt es für die beiden ja schon bald die Chance auf Wiedergutmachung.
Bilder: Copyright

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