Bridget Jones' Baby

Originaltitel
Bridget Jones's Baby
Jahr
2016
Laufzeit
123 min
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Frank-Michael Helmke / 13. Oktober 2016

Nein, man hat auf diesen Film nicht wirklich gewartet. Bridget Jones, diese sympathische, frustrierte und etwas pummelige britische Dauer-Singlelady war damals rund um die Jahrtausendwende zwar eine weltweit sehr populäre Figur und zumindest der erste Film mit ihr eine der gelungensten romantischen Komödien der frühen 2000er Jahre. Doch schon bei der ziemlich vergurkten Fortsetzung "Am Rande des Wahnsinns" hatte man damals das Gefühl, dass es hier nicht mehr viel zu erzählen gab und man es mit weiteren Abenteuern doch besser gut sein lassen sollte. 15 Jahre nach Teil Eins ist aber nun genug Wasser die Themse runtergeflossen, als dass man doch nochmal einen Anlauf versuchen wollte: Bridget Jones' BabyHelen Fielding, die in Kolumnen und Büchern Bridget Jones erfunden hatte, hatte 2013 bereits selbst einen weiteren Roman nachgelegt und damit ihren einzigen Hit noch einmal gemolken, verständlicherweise, denn in den zehn zurückliegenden Jahren hatte sie sonst nichts Erwähnenswertes publiziert, und die Putzfrau will schließlich auch bezahlt werden. Auch nicht viel besser erging es in letzter Zeit Renée Zellweger, die dank ihrer Darstellung der Bridget seinerzeit für ein paar Jahre zu einem veritablen Weltstar aufgestiegen war, dann aber wie soviele wohlbekannte Schauspielerinnen vor ihr von Hollywoods unerbittlichster Casting-Regel zu Fall gebracht wurde: Wenn du als Frau über 40 bist, bist du nicht mehr zu gebrauchen. Seit geschlagenen sechs Jahren (anders gesagt: seit sie 41 war) hat man Zellweger nicht mehr auf der Leinwand gesehen. Sie hat sich vermutlich nicht lange bitten lassen, als ihr eine Rückkehr in ihrer bekanntesten Rolle angetragen wurde.

Ein leichter Hauch von Verzweiflung umweht dieses ganze Projekt also schon. Aber ein leichter Hauch von Verzweiflung war schließlich immer schon zentraler Bestandteil des Bridget-Universums, und zum Glück kann man nun auch Entwarnung geben: "Bridget Jones' Baby" ist nämlich erfreulicherweise keine völlig ideenlose Neu-Abnudelung alter Gags geworden, sondern ein ziemlich charmantes Update für die Lebensgeschichte seiner Titelheldin und ein doch sehr erfreuliches Wiedersehen mit ihr. 

Bridget Jones' BabyBridget ist mittlerweile 43, beruflich halbwegs etabliert als Producerin einer TV-Nachrichtensendung, nur im Privatleben hapert es nach wie vor gewaltig, denn abgesehen davon, dass sie ihre überschüssigen Pfunde abgelegt hat und jetzt rank und schlank durch die Gegend läuft, scheint Bridget wieder da zu sein, wo wir sie anno dazumal kennengelernt haben: Allein in ihrer Wohnung, mit Alkohol und Popmusik als ihrem einzigen Trost. Ihr vermeintliches Happy End mit Mark Darcy (Colin Firth) hat sich nämlich nicht eingestellt, der Alltag und Marks Überbeschäftigung als sehr erfolgreicher Anwalt hat ihre Beziehung nach und nach gekillt und Mark ist mittlerweile mit einer anderen verheiratet. Beziehungsweise war verheiratet, und als er seine baldige Scheidung offenbart, während die beiden sich auf einer Tauffeier als gemeinsame Kindspaten wiedersehen, bricht sich die gegenseitige Anziehung doch noch einmal Bahn in einer gemeinsamen Nacht. Eine unerwartete Häufung sexueller Beglückung für die eigentlich chronisch ungevögelte Bridget, denn nicht mal eine Woche zuvor hat sie auf einem Festival einen ziemlich ekstatischen One-Night-Stand mit dem feschen und sehr wohlhabenden Amerikaner Jack (Patrick Dempsey, "McDreamy" aus der unendlichen Ärzte-Schnulze "Grey's Anatomy"). Doch dann ist Bridget auf einmal schwanger. Verteufelt seien diese veganen Kondome, deren Verfallsdatum aber auch schon seit einigen Jahren abgelaufen war. Jetzt stellt sich die Frage: Wer ist der Vater? Und ist es derselbe, der auch Bridgets Herz für sich gewinnen wird?

"Eine Frau zwischen zwei Männern" ist jetzt nicht unbedingt ein originelles Grundmuster für einen Frauenfilm und wurde ja auch schon bei den beiden ersten Bridget-Abenteuern verwendet, und die Variation "Zwei mögliche Väter für mein Kind" hat man auch schon mehr als einmal gesehen. Doch "Bridget Jones' Baby" ist sich bewusst, dass man als romantische  Komödie (ein klassisches Genre, das von Hollywood in den letzten Jahren völlig aufgegeben wurde) ohnehin kaum mit Originalität punkten kann, sondern seine Stärken anderswo beweisen muss. Hier müssen vor allem die markigen Nebenfiguren sitzen, der gekonnte Humor, die richtige Prise Romantik und die Chemie der Hauptdarsteller. Und in diesen Punkten macht der Film sehr viel richtig. 

Bridget Jones' BabyAls wichtigster Glücksgriff erweist sich dabei Emma Thompson. Die hat sich ja schon seit mehr als 20 Jahren nicht nur als Schauspielerin, sondern auch als Drehbuchautorin einen Namen gemacht und bereits Mitte der 90er Jahre in beiden Funktionen einen Oscar gewonnen. Hier hat Thompson sowohl am Drehbuch mitgeschrieben, als auch eine zentrale Nebenrolle als Bridgets Frauenärztin übernommen. Beides füllt Thompson mit grandios trockenem Humor bester britischer Art aus und macht jede ihrer Szenen zu einem kleinen Highlight. Ihr scharfzüngiger Witz sorgt auch ansonsten für stellenweise sehr feinen Humor, während der andere Drehbuch-Kollaborateur Dan Mazer (vor allem bekannt als geistiger Co-Vater hinter den diversen Inkarnationen von Sacha Baron Cohen, wie "Ali G", "Borat" oder "Brüno") eindeutig für die etwas Slapstick-hafteren Momente zuständig war und der Film damit eine ziemlich gelungene Balance zwischen eher schlichtem und eher cleverem Humor hinbekommt. 

Auch von Darstellerseite funktioniert "Bridget Jones' Baby" tadellos. Colin Firth, ist angesichts seiner durchgehend hochklassigen Leistungen der letzten zehn Jahre ja sowieso über jeden Zweifel erhaben und schlüpft problemlos zurück in seine markante Rolle als zum Lächeln offenbar völlig unfähiger Steifling, während Patrick Dempsey so ziemlich die Idealbesetzung als amerikanischer Traummann-Konkurrent im besten Alter ist. Im Zentrum steht aber natürlich Renée Zellweger, und sie ist es denn auch, die (abgesehen von Thompson) an diesem Film am meisten Spaß macht. Bridget Jones' BabySie ist und bleibt Bridget, und hat diesen ganz besonderen Charme ihrer Figur, irgendwo zwischen konstanter Single-Verzweiflung und grundoptimistischem "Ich lass' mich vom Leben nicht unterkriegen"-Kampfgeist, noch immer perfekt drauf. Zellweger ist erneut derart einnehmend in ihrer Rolle, das man dem Film schon allein deswegen so einige etwas unnötige Längen verzeiht, vor allem die etwas tranige erste halbe Stunde, die es alles andere als eilig damit hat, die Geschichte überhaupt in Gang zu bringen. Das einzige, was bei Zellwegers Vorstellung ein bisschen ablenkt, sind die sehr deutlichen Spuren der letzten Botox-Behandlung. Auf ihrer Stirn ist ständig eine schnurgerade Linie erkennbar, oberhalb von der ihre Haut schlicht nicht in der Lage ist, auch nur eine einzige Falte zu bilden, während sie das unterhalb fast permanent tut dank Bridgets Standard-Gesichtsausdrück leichter Überforderung. Zellwegers Gesicht in diesem Film ist jedenfalls eine ziemlich gute Fallstudie dafür, wieviel Botox und in welchen Bereichen so gerade noch okay ist, um die notwendige Menge an schauspielerischer Ausdruckskraft zu erhalten. 

Das Botox tut jedenfalls keinen Abbruch daran, dass Bridget hier genauso lustig, liebenswert und supersympathisch rüberkommt, wie sie es schon damals 2001 getan hat. Und so stellt sich bei diesem latent unnötigen Film dann doch das bestmögliche Gefühl ein, dass er bei seinem Publikum erreichen konnte: Es ist wie ein Wiedersehen mit einer guten alten Freundin, die man in den Jahren seit der letzten Begegnung nicht wirklich vermisst hat, um nun aber trotzdem daran erinnert zu werden, wie gern man sie damals hatte, und auch heute noch hat. So dass man am Ende ganz ehrlich sagen kann: War schön, dich wiederzusehen, Bridget.

Bilder: Copyright

8
8/10

Lange nicht mehr so gelacht. Wer ein paar herzliche Minuten verbringen will, gehe hinein. Ich habe meine Prequel/Sequel Abneigung abgelegt und mich überwunden und wurde belohnt.

Danke für die treffliche Kritik, Herr Helmke!

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