Ganz neue Welten - oder vielleicht doch nicht? Die vierte Star Trek-Serie "VOYAGER" - Staffel 1

von Volker Robrahn / 1. Januar 2010

Staffel 1 - Der Aufbruch

Als im Jahre 1993 feststand, dass die siebte Staffel der immens erfolgreichen Serie "The Next Generation" definitiv auch deren letzte sein würde, begannen bei der Produktionsfirma Paramount sofort einige kreative Köpfe zu rauchen. Denn nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Markt durchaus zwei parallel laufende Star Trek-Serien verkraften konnte, galt es die zu dieser Zeit florierende Franchise weiter optimal zu vermarkten. Die Entscheidung, sofort nach dem Ende von "TNG" mit einer neuen Serie zu beginnen war daher fast ein Selbstgänger. Ebenfalls sehr schnell stand auch fest, dass man dieses Mal unbedingt wieder die Besatzung eines Raumschiffes in den Mittelpunkt des Geschehens stellen würde. Denn dieses Konzept hatte sich bis dahin immer als erfolgreich erwiesen, während sich das wackere Personal der fest verankerten Raumstation "Deep Space Nine" doch in den ersten Jahren beim Publikum recht schwer tat. "DS9" sollte zwar weiterlaufen (und entwickelte sich in den Folgejahren zur vielleicht innovativsten und anspruchsvollsten Star Trek-Serie überhaupt), für die neue Serie war jedoch mehr Mobilität gewünscht.
Und weil den Entscheidungsträgern irgendwie auch klar war, dass eine weitere Mission im Auftrag der vertrauten Föderation wohl doch etwas zu unspektakulär wäre, schickte man die "Voyager" dann auch gleich ans andere Ende der Galaxis, also dorthin wo nun auch die Kapitäne Kirk und Picard wirklich noch nie zuvor gewesen waren. Mittels eines dramaturgischen Kunstgriffes sollte die "Voyager" im so genannten "Delta-Quadranten" stranden, mehr als 70.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Der Heimweg würde Jahrzehnte dauern, und noch dazu bestand die Besatzung - aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände - aus einer schwer verträglichen Mischung aus loyalen Offizieren der Sternenflotte auf der einen und notorischen Befehlsverweigern der Rebellenorganisation "Maquis" auf der anderen Seite. Dazu noch ein weiblicher Captain als Hauptcharakter, und alles war neu und frisch. Und tatsächlich waren diese Ideen der Produzenten Rick Berman, Michael Piller und Jeri Taylor nicht nur nachvollziehbar, sondern auch wirklich gut. Zumindest in der Theorie, denn schon im Laufe der ersten Staffel wurden diese Vorgaben leider wieder aufgeweicht.

Dabei muss man den Rückblick auf das erste Jahr der "Voyager" eigentlich mit einem dicken Lob beginnen: Denn mit dem "Fürsorger" lieferte man den bis dato besten Pilotfilm ab, der seinen beiden Vorgängern dahingehend deutlich überlegen war, dass er eben nicht nur die Charaktere einführte, sondern auch gleichzeitig eine runde und spannende Geschichte erzählte, an deren Ende die Grundvoraussetzungen für eine interessante Serie geschaffen waren. Auch in den Folgeepisoden hatte man zunächst durchaus das Gefühl, dass die Reise mit diesem neuen Team eine Menge Spaß machen könnte. Während sowohl "TNG" als auch "DS9" vor allem ganz zu Beginn doch einige Durchhänger hatten, bot die "Voyager" von Anfang an flotte und kurzweilige Unterhaltung. Zum Highlight der Crew entwickelte sich dabei recht unerwartet die Figur des noch namenlosen holographischen Doktors, der zunächst eine Menge Lacher produzierte und dann mit "Helden und Dämonen" auch einen ersten wichtigen Einsatz absolvieren durfte. Die beste Episode des ersten Jahrgangs war jedoch "Das Nadelöhr", in der zum ersten Mal eine Verbindung zum heimatlichen Alpha-Quadranten geknüpft wurde, und die gleichermaßen spannend wie auch tragisch daherkommt.

Das gewollt gespannte Verhältnis zwischen den Besatzungsmitgliedern (als Gegengewicht zur zuvor überharmonischen Picard-Mannschaft) war allerdings nur vereinzelt Thema der Episoden und wurde dann, aufgrund der Notwendigkeit des Zusammenhaltens gegen andere Gegner, auch schnell in den Hintergrund geschoben. Vor allem aber nutzte man die Möglichkeit eines noch völlig unerforschten Gebietes nicht wirklich aus. Die neu eingeführten Rassen waren eher enttäuschend, am auffälligsten war dies bei den in der ersten Staffel zum neuen Erzfeind aufgebauten kriegerischen Kazon, die letztendlich doch nur eine Art "Klingonen-Light" darstellten. Die Geschichten bewegten sich meist im bekannten konventionellen Rahmen und der "Alles ist neu"-Effekt war recht schnell verpufft.
In "Transplantationen" und "Der Verrat" legte man, mit dem Auftauchen der mysteriösen Organdiebe und der Wandlung von Chakotays Ex-Geliebter Seska, noch zwei Fundamente für zukünftige Handlungsstränge - und dann war es auch schon vorbei. Dies allerdings nicht wegen Ideenmangels der Autoren, sondern weil Ihnen aufgrund eines verkürzten Drehplanes nur Zeit für gerade mal 16 Episoden blieb, was in einer bisher einmalig kurzen Star Trek-Staffel resultierte. Eine Staffel, die man dann auch insgesamt als gelungen bezeichnen kann, die ihre Höhepunkte jedoch überraschenderweise gleich zu Beginn hatte und gegen Ende schon etwas nachließ.

Der damalige Grund für den aus den Fugen geratenen Zeitplan beeinflusst dann auch den Inhalt der jetzt erhältlichen ersten DVD- Box von "Star Trek: Voyager", die aber natürlich ansonsten wieder die gewohnte Ausstattung und Sprachvielfalt bietet. Für die Figur des weiblichen Captains Janeway war nämlich ursprünglich gar nicht Kate Mulgrew vorgesehen, sondern die erfahrene Schauspielerin Genevieve Bujold, die vor allem in den siebziger Jahren durch Kinofilme wie "Erdbeben" oder "Coma" bekannt geworden war. Miss Bujold stellte jedoch nach wenigen Drehtagen fest, dass sie den Belastungen, Anforderungen und auch der öffentlichen Aufmerksamkeit einer Serie mit dem Namen "Star Trek" nicht gewachsen war, und schmiss das Handtuch. Die Suche begann erneut und man entschied sich schließlich für die bis dahin nur kurz in dem TV-Flop "Mrs. Columbo" aufgefallene Kate Mulgrew.
Das Zuatzmaterial der DVD-Box bietet nun zum allerersten Mal die Gelegenheit, diese Aufnahmen mit dem "ersten Captain" zu sehen. Und wer immer meinte, Miss Mulgrew gab vor allem zu Beginn der Serie eine oft zu ernste und verkniffene Janeway, der schaue sich mal ihre Vorgängerin an und revidiere dann vielleicht seine Meinung. Wobei Bujold bei all ihrer seriösen Ernsthaftigkeit aber nicht unbedingt streng, sondern sogar recht warmherzig wirkt. Es wäre sicher auch spannend gewesen ihre weitere Entwicklung der Rolle zu beobachten, dieser kurze Einblick ist aber zumindest sehr interessant und ist daher auch ein von den Fans schon lang ersehntes "Schmankerl". Und da eine Staffel mit nur sechzehn Episoden bei den Käufern der Box zu etwas Grummeln über das Preis-Leistungs-Verhältnis führen könnte, entgeht Paramount dieser Kritik durch eine weitere pfiffige Idee: Die letzte Disk enthält nämlich noch zwei weitere Episoden einer ganz anderen Serie. Dass es sich dabei um die, auf DVD bisher noch überhaupt nicht erhältliche, klassische Star Trek-Serie um die Herren Kirk und Spock handelt, dürfte bei vielen ebenfalls für Verzückung sorgen, zumal man hier neben dem durchschnittlichen "Ganz neue Dimensionen" (immerhin mit dem kultigen "Gorn") mit "Griff in die Geschichte" auch gleich eines der absoluten Highlights der Serie kredenzt. Zusammen mit den bekannten Hintergrundberichten und Produktionsnotizen zur ersten Staffel von "Voyager" ergibt dies dann das bisher wohl interessanteste Bonuspaket der DVD-Boxen zum Thema Star Trek. Ob die zweite Box da wird mithalten können? Wir werden sehen.


Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Aufgabe prüft, ob du menschlich bist um Bots zu verhindern.