Wehrlos - Die Tochter des Generals

Originaltitel
The General's Daughter
Land
Jahr
1999
Laufzeit
115 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
3
3/10
von Rainer Leurs / 23. Dezember 2010

Frauen in der Armee. Daheim in Deutschland, in der guten alten Bundeswehr, ist das Thema schwer im Gespräch. Drüben in den Staaten, im Land von Tarnkappenbombern und Marines in Zinksärgen, ist man schon ein paar Schritte weiter. Und weil Filme die Realität reflektieren, kümmert sich Hollywood verstärkt um die gestählten Ami-Amazonen. Nach "GI Jane" und "Mut zur Wahrheit" ist "Wehrlos - Die Tochter des Generals" der neueste diesbezügliche Auswurf der Filmindustrie. 

Die Story: Eine ambitionierte Soldatin im Rang eines Captain wird eines Morgens auf dem Kasernengelände tot aufgefunden. Ihre Position ist gewissermaßen delikat: Mit allen Vieren an Feldheringe gefesselt, ist sie völlig unbekleidet - mit Ausnahme ihres Slips, der allerdings um ihren Hals gewickelt ist und damit völlig unsoldatisch an einer nicht adäquaten Stelle getragen wird. Schlimm genug, doch abgesehen von dem häßlichen Sexualverbrechen handelt es sich bei dem Opfer um eine Prominenz: Die Tochter des hochdekorierten Generals Campbell ist es, die dort blau angelaufen im Kasernenmatsch liegt. Und weil die Army ungern schlechte Presse bekommt, werden zwei interne Ermittler auf den Fall angesetzt: Die Warrant Officers Brenner (Travolta) und Sunhill (Stowe) stochern von nun an im fauligen Fleisch des Stützpunktes und blicken schon bald in gähnende Abgründe von Verschwörung, Perversion und Gewalt. 

Derart angegähnt, hält sich auch der Zuschauer schon bald verstohlen die Hand vor den Mund und linst auf die Uhr. Fragen über Fragen tun sich auf. Zu allererst: Was in aller Welt ist nur aus John Travolta geworden? "Pulp Fiction" hat dieser Mann gedreht, in "Face/Off" hat man ihm sogar das Grübchen im Kinn geklaut, und jetzt? "Phenomenon", "Zivilprozeß", "Wehrlos..." - ja merkt dieser Mann denn gar nicht, daß er auf dem besten Wege zum langweiligsten Gesicht Hollywoods ist? Die ewig gleiche Mimik, und hier, in Uniform, auch noch mit dem unwiderstehlich debil-knubbeligen Kampfanzug-Gehabe. Und dann Madeleine Stowe, die noch nie richtig spielen konnte und deren klägliche Versuche immer wieder von der gräßlichen deutschen Synchronisation zunichte gemacht werden.  Da ist eine Story, die - so interessant sie sich anläßt - zum Ende hin derart hanebüchene Auswüchse ansetzt, daß man dem Vordermann in den Scheitel beißen möchte. Die für ihre unnötigen und konsequent ungeklärten Verwicklungen satte zwei Stunden in Anspruch nimmt, in denen man schönere Dinge hätte tun können. 
Die schließlich neue Maßstäbe setzt für die Bezeichnung "reaktionär": Im Aufbau so konservativ wie nur was, wird das Publikum in der ersten Viertelstunde genötigt, Travolta bei der Gangsterjagd zu beobachten. "Hey, seht ihr das," fragt Regisseur West aufdringlich. "Dieser Mann hier ist ein wahnsinnig harter Knochen. Merkt euch das." Verdächtige werden gefoltert, persönliche sexuelle Neigungen abseits der Norm todernst verurteilt. Krankhaft und konsequenterweise tödlich. Der Zuschauer nickt. Und in der Zeit bis zum schmalzig-pathetischen Ende regnet es Dialoge, die vor Jahrzehnten einmal en vogue gewesen sein mögen. (Bass) "Ich bringe Sie vor ein Militärgericht!" - (noch mehr Bass) "Dazu haben Sie doch gar nicht den Mumm!" - "Das ist so ziemlich das einzige, was mir geblieben ist." 

Nicht wenig mag an der schlichten Unmöglichkeit (und -nötigkeit) liegen, DeMilles Roman für die Leinwand zu inszenieren. Viel geht sicherlich aber auch auf die Kappe von Regisseur Simon West. "Con Air" bot nette Action und coole Sprüche. "Wehrlos - die Tochter des Generals" verlangt nach mehr. West ist sichtlich überfordert und sollte das tun, was er vor "Con Air" gemacht hat: Werbespots.

Die einzigen Lichter, die diesen finsteren Film dürftig anschimmern, sind deren drei: Da wäre einmal Schauspiel-Ikone James Woods, der in einer Nebenrolle zeigt, wie schön Kino sein kann. Glaubwürdig. Zum Greifen nahe. Nachdem er dieser Tage einige Zuschauer vor dem Wachkoma bewahren dürfte, ist Woods für die miserable Vorstellung in "Vampire!" vollständig rehabilitiert. Zum Zweiten: Neben allem tumben Macho-Schwadronieren, das man über sich ergehen lassen muß, findet man im Kommunikationsmorast zuweilen unverhoffte Juwelen des zynischen Humors. John Travolta, der in seinem besten Moment dem nervigen Dorfsheriff zuwirft: "Sheriff... Sollten Sie nicht in der Stadt sein, mit Holzstäben Neger verprügeln?" entschädigt für vieles, leider zu selten.
Und dann, dann wäre da noch Leslie Stefanson als strangulierte Elizabeth Campbell, die in Rückblenden immer wieder einmal auftaucht. In "GI Jane" ist es Demi Moore, in "Mut zur Wahrheit" Meg Ryan, und man wird sich denken können, daß auch "Wehrlos-..." den amerikanischen Soldatinnen ausgesprochene Attraktivität unterstellt. Sehr nett anzusehen. Aber sicher, Stefanson hat auch schauspielerische Qualitäten. Man denke aber nicht zuviel über ihren Part nach, sonst kommt man am Ende noch auf den Schluß, daß sie im Grunde nur dafür herhalten muß, um einige frustriert-feuchte Männerphantasien zu inszenieren. Hätte man sie nicht eventuell etwas unauffälliger als breitbeinige Leiche drapieren können? Sind einige andere Szenen nicht ebenfalls von allzu zweifelhaftem Nährwert? Spricht nicht schon der deutsche Titel Bände?
Na, soweit wollen wir ja  gar nicht gehen. Lassen wir das einfach mal im Raum stehen. Fazit: "Wehrlos - die Tochter des Generals" ist ein allenfalls mäßiger Film, über den nach seinem Videostart kein Mensch mehr sprechen wird. Wegtreten, Soldat.


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