Trautmann

Jahr
2018
Laufzeit
120 min
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Matthias Kastl / 24. Februar 2019

Trautmann und sein neuer Coach JackUm die deutsch-englische Freundschaft ist es angesichts des Brexits ja gerade nicht sonderlich gut bestellt. Vielleicht also genau der richtige Moment, um die Lebensgeschichte des auf der Insel noch immer berühmten deutschen Fußballtorwarts Bernd Trautmann ins Kino zu bringen. Mit überragenden Leistungen und einem legendären Spiel katapultierte sich Trautmann nach dem zweiten Weltkrieg in die Herzen vieler britischer Fußballfans. Ausgerechnet ein ehemaliger Kriegsgefangener sorgte damit bei vielen Inselbewohnern seit langem wieder einmal für positive Assoziationen mit den ja eigentlich verhassten "Krauts". Und durchaus positiv fällt auch das Urteil über die erste Hälfte von "Trautmann" aus, die zwar etwas naiv aber doch ganz charmant daherkommt. Leider baut der Film im weiteren Verlauf dann aber immer weiter ab und präsentiert, abgesehen von einer Ausnahme, seine großen emotionalen Momente viel zu plump und oberflächlich, um wirklich mitreißen zu können.

Der junge deutsche Soldat Bernd Trautmann (David Kross, "Der Vorleser") gerät am Ende des zweiten Weltkrieges in britische Gefangenschaft. Bei einem Fußballspiel im Gefangenenlager entdeckt Jack Friar (John Henshaw), Coach des örtlichen Provinzvereins, das Torwarttalent des sportbegeisterten Deutschen. Kurz darauf steht Trautmann, trotz Protesten einiger Mannschaftskollegen, schon im Kasten und begeistert mit seinen sensationellen Paraden. Schnell werden die ersten Talentsucher auf Trautmann aufmerksam, doch der hat erst einmal nur Augen für Jacks attraktive Tochter Margaret (Freya Mavor).

Margaret tritt anOhne Zweifel, die Lebensgeschichte von Bernd Trautmann bietet wirklich jede Menge erzählerisches Potential. Vom Soldaten zum Kriegsgefangenen zum Fußballprofi, der in einer ihm nicht gerade freundlich gesinnten Umgebung tatsächlich den großen Durchbruch schafft. Dazu gesellt sich dann nicht nur teils tragisches privates Unglück, sondern vor allem auch noch ein inzwischen legendäres Fußballspiel, bei dem Trautmann unter ganz besonderen Umständen seinen Mann stand. Also die perfekte Vorlage für großes Heldenkino. Aber wie sagt man so schön, die Wahrheit liegt nachher auf dem Platz. Und da folgt bei "Trautmann" nach einer netten ersten Hälfte eben ein doch sehr holpriger zweiter Durchgang.

"Trautmann" funktioniert vor allem in der Anfangsphase am Besten. Wie unser Torwarttalent sich in dem kleinen Provinzclub langsam Respekt verschafft ist mit jeder Menge Charme, netten kleinen Charaktermomenten und einer angenehmen Prise Humor umgesetzt. Insbesondere die Vater-Sohn-Beziehung zwischen Jack und Bernd liefert dabei ein paar sehr schöne Szenen voller menschlicher Wärme und kleiner Neckereien. Ebenfalls sehr charmant kommt die sich langsam anbahnende Liebesgeschichte zwischen Bernd und Margaret daher. Zugegeben, diese ist manchmal schon sehr schnulzig geraten. Aber da die Chemie zwischen den beiden sehr sympathisch rüberkommenden Darstellern einfach funktioniert und alles dann auch hin und wieder durch einen kleinen Scherz aufgelockert wird, kann man der Geschichte für ihre etwas erhöhte Zuckerdosis nicht richtig böse sein.

Vater und Tochter müssen etwas klärenEs wird aber auch schnell klar, dass in der ersten Hälfte des Filmes die Priorität eindeutig auf der guten Laune liegt. Zwar versucht "Trautmann" hin und wieder auch ein paar dunklere Aspekte mit einzuflechten, wie zum Beispiel bei der Präsentation einer KZ-Doku im Gefangenenlager. Aber das wirkt dann doch eher halbherzig und scheint unsere Hauptfigur auch nicht wirklich so mitzunehmen, denn deren Fokus liegt dann doch eindeutig auf dem Geschehen auf dem Fußballplatz. Was, wenn man Originalinterviews mit Trautmann kennt, dann ja auch ziemlich nahe an der Wahrheit liegen dürfte. So plätschert der Film ohne große Tiefe eigentlich ganz sympathisch vor sich hin, bis schließlich die ersten Talentsucher den guten Bernd zu einem großen Verein locken möchten.

Großes Kino hat sich wohl auch Regisseur Marcus Rosenmüller ("Wer früher stirbt ist länger tot") gewünscht, und so werden die kleineren emotionalen Charaktermomente ab diesem Zeitpunkt dann immer weniger und stattdessen oft durch eine deutlich größere Portion Melodramatik ersetzt. Und das tut dem Film gar nicht gut. Das erste Anzeichen für den Qualitätsverfall gibt es bei einem nächtlichen Elfmeterschießen zu bewundern, bei dem Trautmann sich mit einem Konkurrenten um seine große Liebe duelliert. Das ist aber leider so ungelenk umgesetzt, dass man sich fast wie in einer schlechten Soap vorkommt. Die kleinen ruhigen Momente werden schmerzlich vermisst und stattdessen kommen nun Schlag auf Schlag die großen Gefühle. Die aber leider ohne ein paar tiefsinnigere Zwischentöne eben einfach nicht so gut funktionieren. Als ein Beispiel sei da die Rolle eines Rabbi erwähnt. Dessen Sinneswandlung, dass man einen deutschen Spieler dann doch unterstützen sollte, erfolgt sehr abrupt nach einem extrem melodramatischen Auftritt von Margaret, die um Verständnis für die Situation ihres Mannes bittet. All das wird uns mit dem emotionalen Holzhammer präsentiert, was die Handlungen der Figuren im besten Fall schwierig nachvollziehbar und im schlimmsten Fall einfach unglaubwürdig macht.

So rast "Trautmann" in der zweiten Hälfte eher oberflächlich durch das Leben seines Protagonisten und hakt immer mal schnell Stationen dessen Lebens ab, ohne wirklich innezuhalten und die Konsequenzen für die Hauptfigur wirklich sacken zu lassen. Da wird dann auch ein dramatischer persönlicher Verlust im späteren Leben von Trautmann noch kurz hinten angetackert, ohne dass da wirklich aus dem dramatischen Potential etwas gemacht wird.

Entspannte Zeiten für TrautmannSo wirkt "Trautmann" in der zweiten Hälfte deutlich liebloser zusammenkonstruiert als noch zu Beginn, was dem Film einiges an Energie kostet und nur zu Teilen von dem wirklich gut spielenden Ensemble aufgefangen werden kann. Lediglich einmal erhebt sich der Film zu wirklicher Stärke: Bei der Darstellung des berüchtigten FA-Cup-Finales von 1956, in dem Trautmann eine ganz besondere Rolle zuteil wurde. Dieses Spiel ist von den überzeugenden Spezialeffekten bis hin zum dramaturgischen Aufbau rundum gelungen und sorgt noch einmal für einen lang ersehnten Adrenalin-Kick beim Zuschauer. Aber auch im Fußball hat ein Spiel eben 90 Minuten und keine fünf, und so bleibt am Ende dann doch eher eine durchwachsenes Endprodukt, dem einfach die nötige Tiefe fehlt, um sich wirklich langfristig in die Herzen der Zuschauer zu spielen. So wird Bernd Trautmann mit diesem Film dann also doch leider nicht ein zweites Mal dabei helfen können, die deutsch-britische Freundschaft wieder zu kitten. Da muss dann wohl doch die Politik ran...

Bilder: Copyright

"Um die deutsch-englische Freundschaft ist es angesichts des Brexits ja gerade nicht sonderlich gut bestellt."

Sorry, einfach nur Unsinn diese Eröffnung.

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