Suck my Dick

Originaltitel
Suck my Dick
Jahr
2001
Laufzeit
82 min
Genre
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Henning Winter / 19. März 2011

Der Titel dieses Films weckt Assoziationen sexueller Natur, die entweder abschrecken oder erst recht neugierig machen. Doch diese anzügliche Komponente ist, so versichert Drehbuchautor und Regisseur Roehler, lediglich Folge der allzu wörtlichen deutschen Übersetzung der Redewendung. Der Amerikaner meint damit einfach nur "Leck mich!". Und obwohl es in "Suck My Dick" durchaus auch um männliche Geschlechtsteile geht, wird doch eher die ursprüngliche Bedeutung gemeint sein.

Der erfolgreiche Bestsellerautor Dr. Jeckyll (Edgar Selge, "Das Experiment") ist Ende 40 und steckt gerade mitten in einer ausgewachsenen Midlifecrisis. Seinem Psychiater Dorian (Modeschöpfer und Maler Wolfgang Joop) berichtet er von der Angst, dass eine Figur aus seinem neuesten Roman "Dr. Dickhirn" - Hyde (Ralf Richter, "Bang Boom Bang") - kurz davor sei, aus seinem Gehirn auszubrechen, um ihm alles wegzunehmen, was ihm lieb und teuer ist. Der Seelenklempner diagnostiziert schizophrene Symptome und schickt ihn mit der Aufforderung nach Hause, er solle sich beruhigen. Doch schon auf dem Rückweg findet Hyde tatsächlich den Ausgang aus Jeckylls Kopf und materialisiert sich in einem Hauseingang.
In der folgenden Nacht träumt Jeckyll, er flirte in der Sauna-Bar mit hübschen Mädels, als Hyde auftaucht. Diesem erscheint im Duschraum die bezaubernde Jeanny (Katja Flint, "Marlene"), die ihm einen Wunsch erfüllt. Hyde wünscht sich das überdimensionale Geschlechtsorgan von Jeckyll, der nach dem Aufwachen in Panik feststellen muss, dass es tatsächlich weg ist.
In Dorians Praxis rastet der Autor völlig aus, doch sein Psychiater zeigt genauso wenig Verständnis wie seine Ex-Frau Corinna (Franziska Walser), deren Zahnarztpraxis Jeckyll anschließend stürmt. Gemeinsam mit der Sprechstundenhilfe (Hannelore Elsner) setzt sie ihn vor die Tür.
Der Verlust seines mächtigen Penis ist aber nicht genug. Hyde hat es noch auf andere Symbole von Männlichkeit und Erfolg abgesehen.

"Suck My Dick" handelt oberflächlich von männlichen Verlustängsten. Ein erfolgsverwöhnter Schriftsteller wird nach und nach aller Dinge beraubt, über die er sich und sein Mannsein definiert. Da es sich hierbei in der Tat um Dinge handelt, kommt der Film hier auf eine tiefere Ebene der Gesellschaftsanalyse und -kritik. Roehler zeigt grotesk-überspitzt, welche Auswirkungen es haben kann, wenn Menschen ihre gesamte Selbstbestätigung aus körperlichen und materiellen Dingen beziehen.
Als Parabel auf die Gesellschaft stehen die Figuren nicht für sich, sondern symbolisieren bestimmte Typen und Eigenschaften. Schon die Namengebung der Hauptfiguren Jeckyll, Hyde und Jeanny macht das deutlich. Hinzu kommt, dass Roehler diesen Ansatz keineswegs dezent einflechtet. Mit der Bezeichnung Holzhammer-Methode trifft man eher den Kern. Dem Zuschauer wird so viel Arbeit abgenommen.
Bei aller Gesellschaftskritik kommt das komödiantische Element nicht zu kurz. Man fühlt sich stets gut unterhalten. Einen großen Anteil daran hat die exzellente Besetzung dieser Low-Budget-Produktion. Edgar Selge spielt den durchdrehenden Endvierziger Dr. Jeckyll eindrucksvoll und mit ganzem (Körper-)Einsatz. Und auch Ralf Richter und Katja Flint als Duo Infernale geben eine beachtliche Vorstellung. Einzig Wolfgang Joop kann als Psychiater, der selbst dringend Hilfe bräuchte, nicht vollends überzeugen. Seine Besetzung ist eher ein gelungener Scherz.

"Suck My Dick" ist ein ziemlich surrealer Film, was sich auch in der ungewöhnlichen aber gelungenen optischen Umsetzung niederschlägt. Er hebt sich auf diese Weise von so ziemlich allem anderen ab, was die Lichtspielhäuser zur Zeit präsentieren.


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