Patch Adams

Originaltitel
Patch Adams
Land
Jahr
1998
Laufzeit
105 min
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Rainer Leurs / 28. Dezember 2010

Eine kurze Schweigeminute für alle Kinobesucher, die ab dem 25. März an der Kitschkonzentration von "Patch Adams" ersticken werden: ... Amen. Ohne Haken und Ösen knallt uns Tom Shadyac diesen Film vor den Latz, aalglatt und so einfach zu schlucken wie ein klebriges Marzipanhäppchen. Die Pistazie obendrauf, das ist Robin Williams. Er stellt die authentische Figur Hunter Doherty "Patch" Adams dar, einen Medizinstudi in den Siebzigern, der das Ärztewesen revolutionieren will. Adams wünscht sich mehr Humanität in der Pflege, mehr Nähe zum Patienten, und vor allem mehr Spaß - denn der sei die beste Medizin.
Nette Idee, denkt sich der Zuschauer, soll er auch, denn völlig kritiklos wird ihm diese Message abgespielt. 

In allerliebster Schwarz-Weiß-Malerei zeigt der Film schlimme, hochkonservative Ärzte, die nie lächeln und den Patienten mit seiner Krankheit statt mit seinem Namen ansprechen. Im Gegensatz dazu posiert Robin Williams, nach "Good Morning Vietnam" (wie so oft?) wieder mal in einer Paraderolle: Als chronisch gutgelaunter, aberwitziger und leicht durchgeknallter Menschenfreund ist er einfach nur das Zentrum des Films, der ohne ihn noch viel langweiliger wäre.
Denn die Handlung spricht nicht unbedingt für "Patch Adams". Vielmehr ist sie nicht mehr als ein stetiges Hin und Her zwischen der ganzen Tragik, die das Leben so bereithält und vor allem viel, viel Witzischkeit. Letztere, das muß man anerkennen, ist mehr als gelungen: Wenn Williams komisch sein darf, dann ist er´s auch gründlich. Sämtliche übrigen Darsteller dürfen das nicht. Sie dürfen leider auch nicht überzeugend rüberkommen, was Robin Williams ja schon zu Genüge tut. Das gilt für Monica Potter (mimte in "Con Air" Nick Cage´s Eheweib) ebenso wie für Daniel London - sie sind Adams´ Handlanger und bleiben dementsprechend blaß. Peter Coyote ist als röchelnd dahinsiechender Lungenkranker auf dem Sterbebett ungefähr so glaubwürdig wie Ralf Bauer als Moses auf dem Berg Sinai - einzig Philip Seymour Hoffman nimmt man die Rolle als fetter, schleimscheißender Streber ab. Hoffman ist übrigens vielleicht bekannt als  -oh Wunder!- der fette, schleimscheißende Butler aus "The Big Lebowski". 
Ohnehin schon realismustechnisch an den Grenzen zum Märchen, ist "Es war einmal Patch Adams" bekleckert mit grauenvoller Klischee-Hollywood-Musik..... Keine rührselige Szene, die ohne Geigenaufheulen auskäme,  keine Verkleidung des Clowndoktors Adams, die nicht akustisches Backup durch ligge-di-lustig hüpfende Akkorde bekäme. Nicht gerade ein Grund für diesen Reinfall von einem Film, immerhin aber ganz wissenswert ist, daß der echte Hunter "Patch" Adams seine Finger beim Drehbuch mit im Spiel hatte. Möglicherweise zentriert sich das Geschehen auf der Leinwand deshalb so auffällig auf die Figur des Mediziner-Messias, mit Sicherheit aber erklärt sich so die manipulative Propagandatechnik des Streifens in der Darstellung der Ideen Adams´.
Aber jetzt kommt das eigentlich Faszinierende: Trotz allem habe ich diesen Film genossen und war nicht allein damit. Daß ein Streifen in der Sneak vom voll besetzten Kinosaal einen satten Applaus bekam, habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Trotz all den genannten Ekelfaktoren unterhält "Patch Adams" - kalorienfrei zwar, aber ohne große Längen. Wer einen einfachen, süßen Film will, ist hier also auf jeden Fall gut aufgehoben.  Wer dagegen die filmischen Qualitäten und nicht zuletzt die Figur des Dr. Adams zuviel hinterfragt, wird eventuell verärgert nach Hause gehen.


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