Nicotina

Originaltitel
Nicotina
Jahr
2004
Laufzeit
90 min
Release Date
Bewertung
4
4/10
von Volker Robrahn / 9. Januar 2011

In Mexico City hackt sich ein Computer-Geek in Schweizer Bankensysteme ein und verkauft die entsprechenden Passwörter an die Russen-Mafia. Bei der Übergabe läuft jedoch einiges schief, was nicht zuletzt daran liegt, dass sich unser junger Freund viel zu sehr der attraktiven Nachbarin widmet, anstatt konzentriert seine Arbeit zu machen. Der weitere Verlauf des Abends wird daher ganz anderen Personen die Möglichkeit auf plötzlichen Reichtum eröffnen: Einem frustrierten Friseur-Ehepaar oder einer unglücklichen Apothekerin etwa. Doch die Chance auf ein sorgenfreies Leben ist für die Beteiligten wesentlich kleiner als die auf ein stark verkürztes.

"Nicotina" nimmt zwar aufgrund seiner lateinamerikanischen Herkunft fast naturgemäß einen Exotenstatus in unseren Kinos ein, aber in Wahrheit handelt es sich hier um reine schwarzhumorige Genreware, die sich an die Freunde der Herren Quentin Tarantino und Guy Ritchie wendet, und sich auch ganz fleißig bei "Pulp Fiction" oder "Snatch" bedient. Das beginnt schon bei der Konversation der beiden Gangster, die im Auto wartend über die Gefahren des Rauchens diskutieren, bevor sie sich daran machen ihren Job zu erfüllen. Okay, das Zitat haben wir verstanden, und damit wohl auch den Titel des Films erklärt bekommen - viele Figuren sind hier noch mal extra aggressiv, weil sie gerade keine rauchen können.
Mehr als ein wohlwollendes Schmunzeln dafür mag sich beim Betrachter allerdings nicht einstellen, denn schnell wird deutlich, dass hier zwar fleißig zitiert und kopiert wird, eigene originelle Ideen aber leider Mangelware bleiben. Die einzige Figur, die mit ihrem Verhalten ein wenig überraschen kann, ist die resolute Gemahlin des überforderten Barbiers, ansonsten ahnt man meist aber schon, wer und was gleich kommen wird. Aber "Charakterentwicklung" ist bei einer nahezu in Echtzeit von neunzig Minuten verlaufenden Handlung natürlich auch schwierig.
Dieses Stilmittel hat ja schon oft für überdurchschnittliche Filme (oder Serien) gesorgt und wird auch in dem demnächst anlaufenden, kleinen Independent-Werk "11:14" wieder hervorragend eingesetzt. Es ist aber auch nicht mehr so neu, als dass es alleine ausreichen könnte über eine sich hier holprig und oft quälend langsam dahin ziehende Story hinwegzutäuschen. Das ist alles irgendwo ganz nett, haben wir aber bei den offensichtlichen Vorbildern halt schon deutlich besser gesehen - was im Übrigen auch für den gezielten Einbau der einen oder anderen Splatter-Szene gilt.

Am Ende sind dementsprechend die meisten Figuren tot und der Zuschauer um neunzig Minuten seines Lebens ärmer, die er im Nachhinein doch vielleicht lieber anders genutzt hätte. Es gibt sicher interessantere mexikanische Filme als diesen Verschnitt amerikanischer beziehungsweise britischer Vorbilder. Gerade Hauptdarsteller Diego Luna hat mit "Y Tu Mama Tambien" ja schon in einem der bemerkenswertesten Mexiko-Streifen mitgewirkt, und sein auch durch "Dirty Dancing 2" bekanntes Gesicht dürfte daher wohl einer der Hauptgründe dafür sein, dass dieses doch eher unterdurchschnittliche Werk bei uns überhaupt den Weg in die Kinos findet.


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