Love, Simon

Originaltitel
Love, Simon
Land
Jahr
2018
Laufzeit
110 min
Release Date
Bewertung
8
8/10
von Volker Robrahn / 28. Juni 2018

love simon 1Homosexualität ? Das ist doch im Jahr 2018 nun wirklich nichts besonderes mehr und wer sich da rückständig oder homophob gibt ist oft eher derjenige, der heute schief angeschaut wird. Auch im Kino wurde das Thema bereits mehrfach abgearbeitet, sei es im mit Preisen überhäuften Drama „Brokeback Mountain“ oder erst kürzlich bei den diesjährigen Oscar-Nominierungen für „Call me by your Name". Da mag man es dann fast nicht glauben, dass „Love, Simon“ nun tatsächlich der erste von einem Major-Studio produzierte Film für den Massenmarkt sein soll, der für sich proklamiert das Thema Homosexualität in den Mainstream zu bringen. Ob das nun zutrifft oder nicht, auf jeden Fall ist die Verfilmung des Romans von Becky Albertally auch ganz unabhängig davon ein höchst gelungenes und berührendes Vergnügen.
 

love simon 2Die Welt von Simon (Nick Robinson aus "Jurassic World") ist eigentlich ziemlich perfekt. Seine Eltern geben sich stets lässig und entspannt, mit seinen engsten Freunden hat er täglich schon auf der Fahrt zur Schule jede Menge Spaß und auch sonst einfach eine gute Zeit. Na gut, eine Sache gibt es da die ihn umtreibt: Simon ist seit einiger Zeit klar, dass er auf Jungs steht. Doch daran das der Familie und den Freunden mitzuteilen hindert ihn seine eigene Unsicherheit, zu der auch immer wieder einige unbedachte Kommentare von Anderen beitragen. Aber zwei Dinge führen dazu, dass der Druck in dieser Angelegenheit steigt: Die offenen Worte eines anonymen Blog-Schreibers beginnen ihn zu ermutigen sich diesem anzuvertrauen. Und der daraus resultierende E-Mail-Verkehr droht durch die Erpressung eines Schulkameraden öffentlich zu werden, wenn Simon dem nicht in Sachen Liebesdingen hilft. Es stehen also Entscheidungen an, die alles verändern und vieles gefährden könnten.
 

love simon 3Wer allein angesichts des „Coming Out“-Themas ein schwermütiges Drama erwartet, wird schon nach wenigen Minuten überrascht und je nach Präferenz enttäuscht oder erleichtert sein. Denn im Arthaus-Kino befinden wir uns hier definitiv nicht, sondern viel näher am Tonfall einer Teenagerkomödie von Altmeister John Hughes. Deutlich mehr „Sixteen Candles“ als „Brokeback Mountain“ also und ja genau, der Begriff „Komödie“ ist für diesen Film genau der Richtige. Denn zuallererst ist „Love, Simon“ einfach verdammt witzig geworden, mit pointierten, auf den Punkt gebrachten Dialogen, vielen urkomischen Situationen und einem halben Dutzend Charakteren, die man sehr schnell lieb gewinnt. Dazu kommt die nötige Prise an Selbstironie, wenn sich Simon z.B. als Erzähler bzw. Blogschreiber über seine fast schon zu perfekte Familie lustig macht. Zwar stammen die diversen Verwicklungen in Sachen Wer-mit-wem plus dazugehörigem Hin und Her letztlich schon aus dem Standard-Handbuch für romantische Komödien, doch fällt das angesichts der kurzweiligen Erzählung, zahlreicher starker Einzelszenen und dem hervorragend aufgelegten Darsteller-Ensemble kaum ins Gewicht und ohne den Blick des Kritikers auf das eventuelle Haar in der Suppe auch kaum auf.

love simon 4Es ist die Leichtigkeit, mit der das „Coming Out“-Thema in die Geschichte eingebettet wird, die deshalb so überrascht, weil man sie halt in diesem Genre bisher nicht kannte, obwohl doch rein logisch betrachtet überhaupt nichts dagegen spricht das Ganze genau so anzugehen. Womit nicht gesagt sein soll, dass es keine emotionalen und berührenden Momente gibt – wer in Begleitung von jemandem ins Kino geht, der grundsätzlich eher nah am Wasser gebaut ist, tut sicher gut daran ein Paket Taschentücher für den oder die SitznachbarIn bereit zu halten. Solche Momente gehören aber ja nun mal zur RomCom unbedingt dazu, wenn sie denn auch funktionieren soll. Und das tut „Love, Simon“, auch dank cleverer Drehbucheinfälle wie etwa der Darstellung des unbekannten Objekts der Begierde. Der anonyme Blogautor „Blue“ nimmt nämlich für Simon stets genau das Aussehen an, das er sich gerade vorstellt, wenn er jemand Neues als reale Person hinter dem Pseudonym in Verdacht hat. So weiß auch der Zuschauer exakt nur genauso viel wie die Titelfigur und kann munter mitraten.

Zusammengefasst: „Love, Simon“ ist ein (und vielleicht tatsächlich das erste) echtes „Feel Good“-Movie dessen zentrales Thema die Homosexualität seiner Hauptfigur ist. Bagatellisiert wird die Sache deshalb trotzdem nicht, denn dass es auch für die nach außen selbstbewusst Auftretenden keinesfalls einfach ist wird durchaus klar und jeder der Charaktere (von denen hier keiner eindimensional nur „gut“ oder „böse“ gezeichnet wird) gerät in Situationen, wo es ihm schwerfällt das Richtige oder eben Nötige zu tun. Trotzdem muss es natürlich auch hier das Happy End geben und dazu am Besten gleich mehrere neue Liebespärchen. Wenn eines davon halt schwul ist, so ist das dann am Ende eigentlich auch fast schon egal.

Bilder: Copyright

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