Jenseits aller Grenzen

Originaltitel
Beyond Borders
Land
Jahr
2003
Laufzeit
127 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Volker Robrahn / 11. Juni 2010

 

Sarah Jordan führt ein angenehmes, aber oberflächliches Leben im England der 80er Jahre. Dieses wird in seinen Grundfesten erschüttert, als sie auf einem Wohltätigkeitsball die Bekanntschaft von Dr. Nick Callahan macht, der die selbstgerechte Veranstaltung mit einer Bitte um mehr und "richtige" Hilfe für sein Camp in Nordafrika stürmt, aber bald von Sicherheitskräften abgeführt wird. Von diesem Auftritt stark beeindruckt, entschließt sich Sarah ihre sichere Umgebung zu verlassen und vor Ort direkt humanitäre und finanzielle Hilfe zu leisten. Der desillusionierte Callahan reagiert zunächst abweisend und zynisch auf die Ankunft der seiner Ansicht nach sehr naiven Dame. Nach einiger Zeit lernt er ihr aufrichtiges Engagement aber zu schätzen und zwischen beiden entwickelt sich eine tiefe Verbundenheit, die sie auch nach Sarahs vorläufiger Rückkehr in die Heimat immer wieder zusammenführen wird. Obwohl eine verheiratete Frau mit Familie, macht sich Sarah Jordan alle paar Jahre erneut auf den Weg, wenn es gilt Nick Callahan in den großen Krisengebieten der Welt zur Seite zu stehen. Und so führt sie das Schicksal vom Kambodscha zur Zeit der brutalen Herrschaft der roten Khmer bis in den aktuellen Konflikt zwischen Russland und seiner ehemaligen Republik Tschetschenien.

Tief menschliches Drama mit bildgewaltigen Schauplätzen und eine unmögliche Liebe über alle Grenzen hinweg - großes Kino sollte man also meinen, und von Thematik und Aufwand her ein Epos mindestens vom Schlage eines "Doktor Schiwago", dazu noch mit sozialem Anliegen und Angelina Jolie als zugkräftigem Star. Wahrscheinlich gut angelegte 60 Millionen Dollar und doch eigentlich ein todsicherer Hit. Die Realität sieht anders aus: Nicht einmal ein Zwölftel seiner Produktionskosten spielte "Jenseits aller Grenzen" an der amerikanischen Kinokasse ein und auch andernorts werden die Massen für diesen Film nicht ins Kino stürmen. Was ist hier also schief gelaufen?
Nun, die Analyse liefert gleich mehrere Erklärungsansätze und alle zusammen begründen wohl das enttäuschende Ergebnis. Zunächst einmal passen hier zwei Dinge nicht richtig zusammen: Die klassisch romantische Liebesgeschichte und der moderne, sozial- und gesellschaftskritische Anspruch machen sich nicht gerade gut nebeneinander. Das passt und harmoniert einfach nicht und macht sich gegenseitig einen gewaltigen Strich durch die kalkulierte Rechnung. Denn wer die aufrichtig um Realismus bemühte Darstellung der hungernden Bevölkerung Afrikas oder der vom Kriege gepeinigten Bewohner Kambodschas anerkennt, dem dreht sich bei der unglaubwürdigen und leicht schmalzigen Inszenierung der Lovestory dann der Magen um - oder eben umgekehrt. Dieser Film möchte entweder beides sein oder man meinte wohl, dem Publikum das gezeigte Elend nur durch eine darüber gestülpte Romanze erträglich zu machen. Das Ergebnis ist jedoch leider ein disharmonischer Zwitter.
Erschwerend kommt hinzu, dass man bei der Auswahl der Handlungsorte eindeutig übertreibt und den armen Dr. Callahan aber auch in jeden der gefährlichsten Brandherde dieser Erde schickt, die er aber alle überlebt, nur um sich dann in das nächste Selbstmordkommando zu stürzen. Das ergibt dann einen bunten Bilderreigen von der Hitze Afrikas über den asiatischen Dschungel bis in die eiskalte tschetschenische Einöde, die Sarah dann auch mit stilechter Riesenpelzmütze betritt. Und warum Callahan das immer wieder macht, trotz seines Zorns und der vermeintlichen Sinnlosigkeit des Kampfes gegen die Windmühlen, bleibt genauso fraglich wie das unentschlossene "nur ein bisschen Fremdgehen" der ihn doch so liebenden Sarah.
Clive Owen in der Rolle des extrem gut aussehenden Arztes wirkt zwar anfänglich wie eine Art "Ersatz-George Clooney", macht seine Sache aber recht ordentlich. Auch an der Darbietung von Miss Jolie gibt es nichts auszusetzen, dass sie von ihrer Erscheinung her nicht so recht in die dreckigen Ecken der Handlung passt, ist dabei ja kein Makel sondern eher Bestandteil der Prämisse. Die dann allerdings auch zu einem Schluss führt, der zwar durchaus überrascht, den Großteil des Publikums aber wohl eher verstört zurücklassen wird.

Solide Schauspielerleistungen also, dazu ein ansprechend inszenierter Bilderbogen und ein sympathisches moralisches Anliegen, dass es einem schwer macht diesem Film für irgendetwas böse zu sein. Dass das Ergebnis letztendlich nicht funktioniert und insgesamt einfach blutleer wirkt ist deshalb auch einfach nur schade. Für Angelina Jolie übrigens bedeuteten die Dreharbeiten zum Film einen großen Einschnitt in ihrem Privatleben: Stark beeindruckt von der Thematik bekleidet sie nun das Amt eines "UN-Botschafters für Flüchtlinge" und adoptierte ein Waisenkind. Für ihre seit gut zwei Jahren strauchelnde Karriere bedeutet "Jenseits aller Grenzen" aber leider auch nicht den notwendigen Schritt nach vorn.


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