Japón

Originaltitel
Japón
Jahr
2002
Laufzeit
122 min
Genre
Release Date
Bewertung
7
7/10
von Henning Winter / 1. Januar 2010

Wie bereitet man sich auf seinen Selbstmord vor?
Man fährt raus zur nächstgelegenen Brücke mit selbstmordtauglicher Höhe oder man knotet das Seil an einen starken Ast und legt die Schlinge um den Hals oder man öffnet das Fenster und steigt auf die Fensterbank oder...
Oder man verzichtet, wenn man sich seiner Sache sehr sicher ist, auf alle Hektik und Kurzschlusshandlungen, bereitet sich gründlich vor und zelebriert diese letzte Phase vor dem geplanten Lebensende wie der namenlose Mann in Carlos Reygadas Erstlingswerk "Japon".

Jener Mann verlässt die Stadt und fährt aufs Land. Von Kinderlähmung gezeichnet humpelt er am Stock gehend über eine weite Ebene. Sein Ziel, so verrät es ein Gespräch mit Jägern, die ihn ein Stück mitnehmen, ist ein kleiner Ort in einem Tal, wo er sich das Leben nehmen will. Dort angekommen findet er Unterschlupf bei einer alten Witwe, die etwas abseits am Berghang in einer Steinhütte lebt. Langsam entwickelt sich zwischen den beiden schweigsamen Menschen eine Beziehung, die auch in intimen Momenten merkwürdig distanziert wirkt.

Der Zuschauer begegnet dem Mann in der monströsen Weite einer Gebirgslandschaft in Mexiko. Hier wirkt er einsam, vom Leben gezeichnet und trotzdem gefasst und zielstrebig. Man wird mit seiner Absicht sich umzubringen konfrontiert, ohne etwas über sein Schicksal und seine Beweggründe zu erfahren. Dennoch wird deutlich, dass der Mann an seinem Leben leidet.

Und auch der Zuschauer muss leiden. Denn bei ausholenden Schwenks über die dürre, trostlose, zerklüftete Landschaft und bei quälend langen Einstellungen, wenn zum Beispiel einem Vogel der Kopf abgerissen oder ein Schwein geschlachtet wird, entsteht auf grausame Weise eine Verbindung. Das Innen wird nach außen gekehrt und mitfühlbar gemacht. Man merkt schnell, dieser Film will provozieren. Und er greift auf die eine und die andere Art an. Besonders intensiv tut er das in dem Teil, in dem sich die Beziehung zwischen dem Mann und der Witwe entwickelt. Hier werden nicht nur die beiden Charaktere in je eigene Konflikte gestürzt, sondern auch der Zuschauer wird mit Gegensätzen zu Konventionen und eigenen Vorstellungen von Anziehung, Intimität und auch Sexualität konfrontiert.

Der Film lässt aufgrund seiner Vielschichtigkeit Interpretationen auf verschiedenen Ebenen zu, weshalb man sich über mangelnden Gesprächsstoff nach dem Kinobesuch sicher nicht beschweren kann.

Zum Schluss noch ein kurzer Kommentar zum Titel des Films:
"Ich finde, dass Filmtitel oft zu beschreibend sind und dass sie mehr assoziativ sein sollten. Wir könnten z.B. auch Terry Gilliams Wahl, seinen Film "Brazil" zu nennen, diskutieren, was bestimmt zu interessanten Diskussionen führen würde." (Carlos Reygadas, Regisseur)

Also dann ....

Bilder: Copyright

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