Invincible - Unbesiegbar

Originaltitel
Invincible
Jahr
2001
Laufzeit
130 min
Genre
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Michael Schleicher / 1. Januar 2010

Auf der Suche nach der Geschichte


Ein Holzschnitt. Das ist es. "Invincible", der neue Film von Werner Herzog, erinnert an einen Holzschnitt: In grober Unterteilung erzählt er seine Geschichte, meidet Vielschichtiges, vereinfacht und verzichtet auf Details. Für einen Holzschnitt mag das charakteristisch und völlig ausreichend sein. Einen Film kann man so jedoch nicht über zwei Stunden lang spannend erzählen. Dafür ist es zu wenig. Das gelingt Regie-Altmeister Herzog nicht.
Dabei hat sich der Mann, der zusammen mit Schauspiel-Genie Klaus Kinski monumentale Filme geschaffen hat, eine Geschichte ausgesucht, die es durchaus wert ist, auf die Leinwand zu kommen: Die wahren Erlebnisse des jüdischen Schmieds Zishe Breitbart. Der ist nicht nur der Stärkste in seinem Dorf in Ostpolen. Nein, auch im Berlin am Vorabend von Hitlers Machtergreifung ist man von dem Muskelmann mehr als angetan. Zumindest zeitweise.
So. Das war alles. Mehr muss nicht gesagt werden: Mit den beiden Komponenten "jüdischer Herkules" und "Berlin im Jahr 1932" kann eigentlich jeder die Geschichte zu Ende erzählen. Natürlich benimmt sich Breitbart in der Großstadt zunächst wie ein Fußball-Spieler im Ballettunterricht. Natürlich landet er nicht bei Mutter Beimer, sondern im Varieté des schwarzen Magiers Hanussen. Und natürlich ist Hanussen nicht Hanussen. Und Ärger mit den aufsteigenden Nationalsozialisten gibt es auch. Natürlich.
Werner Herzog erzählt routiniert und vergisst darüber die Dramaturgie, den Spannungsbogen. "Invincible" ist durchsichtig. Allzu durchsichtig. Von einem der letzten deutschen Autorenfilmer darf man mehr erwarten.
Dabei hat der Film durchaus Stärken. Unbestritten. Und für diese schönen, guten Szenen, für die sorgen die Schauspieler. Allen vorweg Tim Roth als dänischer Aristokrat Hanussen, der sich in seinem "Palast des Okkulten" die Vorsehungen in barer Münze bezahlen lässt. Durch günstige Prognosen zum Liebling der Braunen avanciert; gar als künftiger Staatsminister des Okkulten gehandelt wird. Mit wenig Gesten, nur mit seinem Gesicht, nein, nur mit seinen Augen gibt Roth diesen Seher. Der doch nur Teil des Show-Geschäfts ist. Ein erwachsener Hitlerjunge Salomon.
In Jouko Ahola findet Roth - nicht nur optisch - sein Gegenstück. Für den Mann, der sich 1997 den stärksten der Welt nennen durfte, ist es die erste Filmrolle. Und er schlägt sich wacker. Kompliment auch für Anna Gourari. Zwar darf sie als Marta Farra nur das künstlerisch begabte Weibchen sein, das sich erst durch die wahre Liebe (zum wem wohl? Natürlich) wirklich emanzipiert. Aber das macht sie gut.
Nicht zu vergessen: Max Raabe und sein Palastorchester. Raabe spielt zwar wie immer nur Raabe. Aber das soll er auch.
Die Welt des Varieté, Lug und Trug, Ehrgeiz und Eifersucht, politische Wirrnis und Gewalt. Es ist alles da. Doch liegt es offen wie ein Buch. Schade. Ein Holzschnitt. Das hätte daraus werden können. Der wäre gut geworden. Natürlich.

 


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