Huhn mit Pflaumen

Originaltitel
Poulet aux Prunes
Jahr
2011
Laufzeit
90 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 1. Januar 2012

Nasser Ali Khan (Mathieu Amalric) mag nicht mehr leben. Jahrelang hat er mit seinem Geigenspiel die Menschen verzaubert und dadurch sogar ein wenig den Verlust der großen Liebe seines Lebens verschmerzen können. Huhn 1Denn die Heirat mit der schönen Irane (Golshifteh Farahani) hatte deren Vater einst untersagt. Stattdessen willigte Nasser Ali eher widerwillig in eine Eheschließung mit der biederen Faringuisse (Maria de Medeiros) ein und die war es auch, die ihn nun im Streit seine geliebte Geige zerstört hat. Ein gleichwertiger Ersatz lässt sich nicht beschaffen und so beschließt Ali Nasser einfach in seinem Bett liegen zu bleiben und auf den Tod zu warten, während er noch einmal die entscheidenden Passagen seines Lebens Revue passieren lässt. Doch als der Tod sich schließlich höchstpersönlich die Ehre gibt, ist das irgendwie auch nicht das, was der unglückliche Mann erwartet hat.

Die zweite gemeinsame Regiearbeit von Marjane Satrapi und Vincent Paronnaud ist auch die zweite Verfilmung eines Comics der in Paris lebenden iranischen Künstlerin, unterscheidet sich dabei aber stark vom vor ein paar Jahren sowohl als graphische wie auch filmische Erzählung weltweit gefeierten „Persepolis“ über ihre Jugend im Iran. „Huhn mit Pflaumen“ (der Titel bezieht sich auf das Lieblingsgericht der Hauptfigur) spielt zwar mit seiner Haupthandlung ebenfalls im Geburtsland der Autorin, erzählt aber weniger eine gesellschaftspolitische als eine sehr persönliche Geschichte. Und wird vor allem nicht als Animationsfilm umgesetzt, sondern mit realen Darstellern, lediglich angereichert mit ein paar kurzen Tricksequenzen. 

Huhn 2Es ist zudem eine derart schräge und skurrile Erzählung, wie man sie fast automatisch sofort als aus Frankreich kommend verorten würde - der Vergleich mit den Werken eines Jean-Pierre Jeunet (insbesondere mit dessen „Amelie“ und „Delikatessen“) ist praktisch unvermeidlich. Selbst das gezeigte Teheran der fünfziger Jahre wirkt hier doch sehr französisch und geradezu beschaulich-pittoresk.

Mit Mathieu Amalric hat Satrapi für ihren ersten Realfilm sogar einen namhaften Darsteller gewinnen können, der bei uns als Gegenspieler im letzten Bond-Film „Ein Quantum Trost“ bekannt gewordene Schauspieler verschwindet dabei allerdings fast völlig unter der Maske des Nasser Ali. Dass seine Figur nicht besonders liebenswert sondern als absoluter Egoist rüber kommt, der seine  Mitmenschen und insbesondere die eigene Familie meist äußerst rüde behandelt, ist allerdings vorgegeben und macht es nicht gerade einfach als Zuschauer größere Anteilnahme an seinem Schicksal zu nehmen. Eine Hauptfigur, mit der man leidet und ihr Glück und Erlösung wünscht, ist dies jedenfalls nicht.

Huhn 3

So bleibt es dann überwiegend beim distanzierten Betrachten der in Rückblicken erzählten Lebensgeschichte, wobei man sich an den hübschen Bildern, den ausgezeichneten Darstellern und dem eher dosiert eingesetzten Humor erfreuen und das eine oder andere Mal zumindest ordentlich schmunzeln kann. Bei der Umsetzung und Inszenierung der zahlreichen kleinen Ideen beweist das damit bisher ja noch recht unerfahrene Regie-Duo jedenfalls schon eine bemerkenswerte Stilsicherheit.

Eine konkrete Entscheidung zwischen Komödie oder Tragödie wird dabei aber nicht getroffen, was sicher auch nicht unbedingt notwendig ist, „Huhn mit Pflaumen“dadurch aber eben auch mehr wie eine künstlerische, sehr verspielte Stilübung erscheinen lässt, die zu keiner Zeit die Wucht eines „Persepolis“ erreicht, von dessen erzählerischer Sprengkraft ganz zu schweigen. Auch das ist beabsichtigt, wie Marjane Satrapi uns im Interview berichtet, da sie sich keinesfalls in die Schublade der stets politisch engagierten Iranerin stecken lassen, sondern als vielseitig interessierte Künstlerin wahrgenommen werden möchte. Ob es daher schon bald einen weiteren Film von ihr geben wird ist im Moment eher fraglich, obwohl man davon ausgehen darf, dass auch der zumindest wieder interessant und völlig anders ausfallen dürfte.

 
Bilder: Copyright

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