"Nach zwölf Jahren endlich wieder vereint" lautet die prägnante Werbe-Schlagzeile, mit der uns das Gefühl gegeben werden soll, einem lange ersehnten Ereignis beizuwohnen. Die nun wieder Vereinten sind Keanu Reeves und Sandra Bullock, deren beider Karrieren 1995 mit dem Film "Speed" mächtig ins Rollen kamen. Allerdings handelte es sich dabei um einen Action-Kracher, bei dem es in erster Linie halt auf die, nun ja, Action ankam, und die dazugehörige Liebesgeschichte doch eher unter die Rubrik "schmückendes Beiwerk" fiel. Als eines der ganz großen Liebespaare der Filmgeschichte blieb die Paarung Reeves/Bullock also weniger in Erinnerung, doch das soll jetzt offenbar nachgeholt werden. Denn wie bereits das weichgezeichnete, fast monochrom gehaltene Filmplakat deutlich macht, geht es in "Das Haus am See" um ganz große Gefühle. Okay, auch der Titel lässt einen schon nicht an eines der bunten Effektspektakel denken, in denen vornehmlich Herr Reeves sonst ja gerne mal mitwirkt.
Und trotzdem haben wir es hier im weiteren Sinne mit einer Fantasy-Geschichte zu tun, denn Schicksal und Drehbuch wollen es, dass unsere beiden Sympathieträger Dr. Kate Forster (Bullock) und Alex Wyler (Reeves) nicht zu einander finden können, da sie dummerweise in unterschiedlichen Zeitebenen existieren. Das wird den beiden durch einige Briefwechsel über einen leicht verzauberten Briefkasten schon nach wenigen Filmminuten klar und ist daher auch keinesfalls als Spoiler zu werten. Denn als SIE das eigenwillig gebaute Haus am See im Jahr 2006 verlässt und ihrem Nachmieter einige Informationen hinterlässt, findet ER sie bei seinem Einzug in Jahr 2004 und ist über die etwas unzutreffende Zustandsbeschreibung des Hauses zunächst verwirrt.
Erstaunlich schnell akzeptieren die beiden einsamen Seelen jedoch diesen Zustand, und genau das sollte auch der Zuschauer tun, wenn er an diesem Film Freude haben möchte. Denn die Logiklöcher zu benennen, in die diese Geschichte zwangsläufig mehrfach fallen muss, wäre wohl genauso einfach wie überflüssig. Der detailverliebte Science-Fiction-Nerd würde an dieser Zeitreise-Variante sicherlich verzweifeln und sich zur Erholung am Abend erstmal in einen schönen H.G. Wells oder Philip K. Dick vertiefen. Aber für ihn ist dieser Film ja schließlich auch gar nicht gemacht, sondern natürlich für das "Normalpublikum" vornehmlich weiblicher Prägung, welches einfach mit den beiden Liebenden leidet, die durch diesen Kunstgriff zueinander nicht kommen können.
Dass sie doch recht gern Liebende wären, wird den beiden Melancholikern dabei recht schnell klar, entwickelt sich aus ihren Briefen doch schnell eine tiefe Zuneigung und Verständnis füreinander. Aber vorläufig bleibt der Austausch über den magischen Briefkasten nur eine unzureichende Ablenkung von all den deprimierenden Einflüssen, die Alex (problematischer Vater) und Kate (hartnäckiger Exfreund) das Leben schwer machen. Alex hat dabei einen kleinen taktischen Vorteil, denn aus Kates Berichten weiß er ja bereits, wann sie sich wo in der Vergangenheit aufhielt, und versucht so, der nichts ahnenden Kate von 2004 zu begegnen. Schließlich entwickeln die beiden Tagträumer einen Plan, der dem Schicksal einen Streich spielen und sie vielleicht doch noch zusammenführen wird.
Man möchte es ihnen auch tatsächlich gönnen, das große Glück, denn was man ehrlicherweise trotz des nahe liegenden Spotts über die zahlreichen verklärten und schwülstigen Momente dieser Schmonzette zugeben muss, ist, dass sie das ganz ausgezeichnet und wirklich sympathisch machen, die Schauspieler Bullock und Reeves. Die Chemie zwischen beiden ist hervorragend und das nicht nur in den zwangsläufig seltenen gemeinsamen Szenen. Schon "Schlaflos in Seattle" bewies ja einst, dass ein überzeugendes Liebespaar nicht unbedingt immer gemeinsam zu sehen sein muss, sondern dass es auch vollkommen genügen kann, wenn dies erst am Schluss passiert.
Starke Leistungen hier also von den beiden, die schließlich auch den ganzen Film tragen müssen. Zum ganz großen Hit (den vor allem Sandra Bullock nach ihren Flops der letzten Zeit mal wieder dringend nötig gehabt hätte) oder gar zum zukünftigen Klassiker reicht es aber leider doch nicht so ganz, und das liegt daran, dass man hier doch insgesamt etwas zu routiniert zu Werke gegangen ist und die ganze Geschichte trotz des übersinnlichen Anstrichs viel zu vorhersehbar abspult. Und für jeden, der nicht nur mit dem Wunsch nach einem Schmachtfetzen mit entsprechendem Taschentuchverbrauch ins Kino geht, ist das Alles dann doch etwas zu behäbig und langsam inszeniert.
Sehr leise, sehr soft und vielleicht etwas zu selten auch mal humorvoll, ist "Das Haus am See" insgesamt betrachtet ein sehr professionelles Werk, das nicht viel falsch macht, aber einen auch nicht so richtig packen kann. Na gut, den Einen oder eher die Andere zum richtigen Moment vielleicht ja doch. Der seriöse Rezensent bleibt aber bis zum Ende eher reserviert und schließt mit einem etwas indifferenten aber hoffentlich versöhnlichen "Tut nicht weiter weh".
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