Es gibt Filme, die können dank einer großartigen Rolle aus einem vielversprechenden Talent mit einem Schlag einen gefeierten Star machen und den Grundstein zu einer Weltkarriere legen. Das war auch mit "Elizabeth" aus dem Jahr 1998 so. Damals brachte der indische Regisseur Shekhar Kapur seine Vision über das Leben der berühmten "jungfräulichen Königin" auf die Leinwand, und für seine Hauptdarstellerin Cate Blanchett war das der Beginn einer äußert erfolgreichen (und inzwischen Oscar-gekrönten) Karriere. Nun verkörpert sie im Sequel "Elizabeth - Das goldene Königreich" wieder die englische Monarchin. Nach ihrem unerwarteten Aufstieg zur Königin und erfolgreicher Verteidigung des Throns gegen mörderische Intriganten im ersten Teil, hat sie es nun mit einem politischen Zweifronten-Krieg zu tun:
Zum einen wäre da die Gefahr von Außen: Philip II. von Spanien (Jordi Molla) plant einen vernichtenden Schlag gegen das englische Volk und baut dazu eine Armada, die im Namen der katholischen Kirche die abtrünnigen Protestanten auf der Insel besiegen soll. Zum anderen die Gefahr aus dem Inneren durch Elizabeths größte Rivalin, die katholische Schottenkönigin Mary Stuart (Samantha Morton). Die sieht sich als eigentliche Thronfolgerin äußerst ungerecht behandelt und verlangt nach Rache.
Kapurs Sequel ist wieder ein bombastischer Kostümfilm geworden, der eigentlich eine einzige Feier des schauspielerischen Könnens einer außergewöhnlich begabten Darstellerin sein möchte. Doch leider wird mit der Zeit sehr deutlich, dass der Regisseur hier zum Teil gegen seine Akteure arbeitet. "Elizabeth - Das goldene Königreich" erdrückt durch seinen Glanz, seine Pracht und seinen Prunk jeglichen Plot. Der Film ist so beladen mit überbordender, Wichtigkeit und Spannung suggerierender Orchestermusik, dass es zum Teil schwer fällt der eigentlichen Geschichte zu folgen. Die Leinwand explodiert förmlich vor dieser Unüberschaubarkeit an üppigen Kostümen. Damit folgt der Film zwar der Tradition seines Vorgängers, legt dabei aber noch eine ordentliche Schippe drauf und übertreibt diesen Exzess an Farben, Tönen und Kleidern in einem Maß, das schon fast unappetitlich wirkt.
Gab es im ersten Teil noch lange und ausgedehnte Ruhepunkte in der Inszenierung, in denen man seinen Blick voller Genuss über die Szenerie schweifen lassen konnte, so wird diese Möglichkeit nun im Keim erstickt. Dabei könnte der Versuch, eine Liebesgeschichte zwischen Elizabeth und dem störrischen Piraten und Seefahrer Sir Walter Raleigh (Clive Owen) zu erzählen, doch wunderbar als ein solcher Ruhepunkt dienen. Aber jegliche Emotion kann unter den meterdicken Kleidern und Roben leider nicht ausreichend zur Geltung kommen.
Daran sind die Darsteller sicher nicht schuld. Blanchett ist überragend als eisige Königin, die sich zwischen Herrschaftssicherung und privater Lebensführung zeitweise nicht mehr rational entscheiden kann. Die Australierin hat es wirklich (natürlich auch mit der Hilfe der brillanten Make-Up-Künstler) geschafft, aus ihrem Gesicht jegliche betörende Weiblichkeit verschwinden zu lassen. Man sucht vergebens danach. Man findet sie nicht in den Dialogen, man findet sie nicht in ihrem Gang und selbst beim Bad muss man sich extrem anstrengen, um sich daran zu erinnern, wie aufregend diese Frau eigentlich ist. Auch Samantha Morton brilliert neben Blanchett. Der Film hat mit Abstand seine stärksten Momente, wenn ihr Staatstreich seinen tödlichen Höhepunkt erreicht.
Wie überhaupt "Elizabeth - Das goldene Königreich" ein Film der starken Frauen geworden ist. Clive Owen müht sich sichtlich, kann aber seinen Handlungshintergrund nicht immer glaubhaft auf den Punkt bringen, und Jordi Molla als Philip II. macht sich streckenweise einfach nur lächerlich, da ihn Kapur als umherirrenden Verrückten inszeniert, der scheinbar ständig sein Kruzifix umklammernd in dubiosen Selbstgesprächen Elizabeth wahlweise als Hure, Bastard oder gar als Satan persönlich beschimpft. Jedenfalls hat man am Ende keine Zweifel mehr, wer hier die "Guten" und wer hier die "Bösen" sind. Eine weitere Schwäche eines Films, dessen Vorgänger die Facetten und moralischen Grauzonen der Politik am Hof wesentlich überzeugender einfing.
Kino darf auch einfach ein Bilderrausch sein, und Kostümfilme eignen sich dank ihrer historischen Atmosphäre und des zelebrierten Prunks sehr gut, um uns in diesen Rausch zu versetzen. Doch Rausch hat auch immer etwas mit Genuss zu tun, und zu diesem kommt es hier leider nicht so recht. Der audio-visuelle Overkill, den Kapur zelebriert, verhindert es, sich richtig in die handelnden Figuren einfühlen zu können. Die Figuren drohen sogar, in der Inszenierung ganz verloren zu gehen.
Ein Beispiel: In einer Szene rast die Kamera durch einen langen Gang in einen irrsinnig hell erleuchteten Raum, in dessen Zentrum Elizabeth steht. Die Kamera rast weiter, um die Königin herum. Einmal, zweimal, dreimal. In diesem Moment ist es eigentlich nicht mehr möglich zu sagen, ob das hier noch die Schauspielerin Cate Blanchett ist, die die Luft anhält, oder schon eine Puppe. Kapur lässt hier seine Protagonistin äußerst effekthascherisch zu einer leblosen Wachsfigur verkommen, die ohne weiteres in Madame Tussaud's bekannter Ausstellung ihren Platz finden könnte. Dies mag zwar in einigen wenigen Augenblicken irgendwie gut aussehen, doch ansonsten ist diese Künstlichkeit der Todesstoß für eine gelungene, dreidimensionale Kinofigur.
So fragt man sich am Ende schon, warum es diese Fortsetzung nun unbedingt gebraucht hat. "Elizabeth - Das goldene Königreich" kann dank der ausufernden Farb- und Kostümorgie nicht mehr ernsthaft von sich behaupten, eine Geschichte zu erzählen. Selbstverliebt pinselt er eine ganze Reihe an Gemälden auf die Leinwand und lässt sie wie in einer wilden Diashow auf den Zuschauer los. Da können nach dem großen Finale dann auch ein paar Kopfschmerzen bleiben. Diese Nachwirkungen sind leider das einzige, was der Film mit einem guten Rausch gemein hat.
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