Ein Trauzeuge zum Verlieben

Originaltitel
The best man
Jahr
2005
Laufzeit
96 min
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Jan Kucharzewski / 28. Dezember 2010

Erfolg durch Stagnation. Dieses Motto hat sich im Genre der Liebeskomödie seit Jahren bewährt. Mann trifft Frau, äußere oder innere Umstände verhindern eine Beziehung, nach etlichen Irrungen und Wirrungen sind sie am Ende glücklich zusammen. Nicht viel anders verläuft es bei "Ein Trauzeuge zum Verlieben": Eine typische Liebeskomödie, die das Herz und die Lachmuskeln gleichermaßen verwöhnt, sich dabei vollkommen überraschungsarm präsentiert und dennoch zu unterhalten weiß.

Schreibblockaden sind bei Journalisten gleichermaßen gefürchtet wie bei Schriftstellern oder Drehbuchautoren. Die Leere im Kopf, die zusammenhangslosen Gedanken und kein Ende in Sicht. Olly (Stuart Townsend) kennt dieses erdrückende Gefühl. Er bekam von einem Verlag eine große Summe als Vorschuss für seinen Roman, hat es bislang aber nicht geschafft, auch nur eine einzige Seite zu schreiben. Stattdessen muss er sich als Sekretär mit der Chef-Zicke eines Emanzenverlags herumärgern. Ohne seinen guten Freund, den Proll Murray (Seth Green), der ihn bei sich wohnen lässt, wäre er vermutlich schon lange in der Gosse gelandet.
Als Olly auf einer Verlobungsfeier die hübsche Sarah (Amy Smart) kennen lernt und sich in sie verliebt, kommt wieder etwas Farbe in sein tristes Leben. Nur will Sarah leider seinen ehemaligen Studienkollegen James (Steve John Shepherd) heiraten - und ausgerechnet Olly soll der Trauzeuge sein. Wie gut, dass Olly mit Murray befreundet ist, der sich sogleich anschickt, einen Keil zwischen das designierte Ehepaar zu treiben und die bevorstehende Hochzeit zu verhindern, indem er eine Affäre von James vortäuscht. Als Sarah schließlich die Hochzeit absagt, bekommt Olly ein schlechtes Gewissen und verfasst für James einen romantischen Liebesbrief, mit dem er seine Sarah zurückerobern kann - bis Olly herausfindet, dass James tatsächlich untreu gewesen ist…

Es stellt sich die Frage, ob die Drehbuchautoren ebenfalls an einer Schreibblockade litten oder eine meilenweit voraussehbare Handlung für Liebeskomödien unausweichlich ist und mittlerweile einfach akzeptiert werden muss. Natürlich ist das Happy End unverzichtbar - sonst wäre der Film ein Drama und keine Komödie. Dass man allerdings auch schon davor den kompletten Ablauf vorhersagen kann, spricht nicht unbedingt für den Einfallsreichtum der Autoren. Andeutungen in eine gewisse Richtung sind in Ordnung - aber eine Handlung, die berechenbarer ist als das Einmaleins? Das sollte unbedingt vermieden werden.
Der beinahe katastrophale Verlauf der Geschichte kann jedoch größtenteils durch den Humor und die sympathischen Charaktere kaschiert werden. "Ein Trauzeuge zum Verlieben" wirkt stellenweise wie eine von den "Friends"-Autoren betreute GZSZ-Episode. Der Film punktet nicht nur allein durch Klamauk und Situationskomik, sondern auch mit Charme und Dialogwitz. Vor allem Murray ist für einige Lacher gut. Sein Bemühen, das Brautpaar auseinander zu bringen und James eine Affäre anzudichten, wird äußerst humorvoll dargestellt und ist im Gegensatz zur überraschungsarmen Handlung sogar einfallsreich. Ob Dessous im Bett, Lippenstift am Kragen oder obszöne Anrufe - James kommt gegenüber Sarah mehr als nur einmal in Erklärungsnöte.
Leider vermag es Olly nicht, daraus sofort Kapital zu schlagen. Er ist einer dieser aufrichtigen Verlierertypen, die lieber schmierigen Lackaffen die Treue halten, als ihren eigenen Weg zu gehen. Gern haben muss man ihn trotzdem - alleine aufgrund der zahlreichen kleinen Peinlichkeiten, denen er sich öfters aussetzt und trotz derer er immer noch sein Gesicht wahrt. Taubenunrat als ungewöhnliches Parfüm, waghalsige Treppenstürze oder etwas zu weibliche Kleidungsauswahl: Olly sorgt mit seiner Tollpatschigkeit für Amüsement. Die Sympathie des Zuschauers ist ihm sicher, was auch daran liegt, dass Townsend seine Figur sehr überzeugend spielt - wie auch der Rest der Darsteller, die allesamt treffend gecastet wurden und gute Leistungen abliefern. Zumindest für Komödienverhältnisse.
Gegen Ende hin werden die komödiantischen Anteile zunehmend geringer und die Liebesgeschichte nimmt erwartungsgemäß ihren Platz ein. Zeit für Herzschmerz und die ganz großen Gefühle. Wenn Stefan Schwartz kein Regisseur geworden wäre, hätte er auch eine Sägewerk für Süßholz leiten können. Die romantischen Szenen sind schmalzig genug ausgefallen und müssen sich nicht vor ihren bekannten Kollegen verstecken. Bis zur perfekten Rosamunde-Pilcher-Hommage ist es aber noch ein weiter Weg.

Im Endeffekt bietet "Ein Trauzeuge zum Verlieben" genügend Humor und Romantik, um nicht nur die Genrefans zufrieden zu stellen. Oder Paare, die einen gemütlichen Abend im Kino verbringen wollen. Anspruchsvollere Zuschauer, die sich mehr für ungewöhnlich verlaufende Liebesgeschichten interessieren, sollten sich hingegen in Kürze lieber "Brokeback Mountain" zu Gemüte führen.
"Ein Trauzeuge zum Verlieben" wird jedenfalls sein Publikum - trotz der ein oder anderen Unsauberkeit - finden. Denn Filme dieser Art sind, um es mit einem bekannten Moderator zu sagen, wie Orangemarmelade: die einen mögen sie, die anderen nicht. Aber es muss sie halt auch geben.


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