Die Entdeckung des Himmels

Originaltitel
The Discovery of Heaven
Jahr
2001
Laufzeit
127 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Volker Robrahn / 31. Mai 2010

Gott hat die Geduld verloren! Und deshalb wird der Vertrag zwischen ihm und der missratenen Menschheit gekündigt. Dafür ist es allerdings notwendig, die noch von Moses in Empfang genommenen Steintafeln mit den Zehn Geboten an den Himmel zurückzugeben. Also erhält ein junger Engel den Auftrag, einen Menschen auszuwählen der für diese Aufgabe geeignet ist. Szenenwechsel: In den sechziger Jahren treffen sich anscheinend zufällig zwei völlig unterschiedliche Männer. Der intellektuelle und rebellische Onno Quist, seines Zeichens Sohn des ehemaligen holländischen Premierministers, und Max Delius, gut aussehender Astrophysiker und Sohn eines überzeugten Nazis. Schnell werden die beiden zu engen Freunden, ein unsichtbares Band scheint sie zu vereinen. Daran ändert sich auch nichts als die schöne Ada in ihr Leben tritt - eine Frau in die sich beide nacheinander verlieben werden und die schließlich einen Sohn zur Welt bringt, der zwei mögliche Väter hat. Der junge Quinten entwickelt sich zu einem hochintelligenten aber auch einsamen Kind und wird in seinen Träumen von merkwürdigen Visionen geplagt. Er ahnt noch nicht, dass es unbekannte Kräfte gibt, die massiven Einfluss auf sein Leben und das seiner Familie nehmen. Kräfte, die ihn eines Tages nach Rom führen werden, wo in einer alten Kapelle ein paar uralte Steintafeln lagern.

Es passiert sehr viel in der gut zwei Stunden langen Kinoversion von Harry Mulischs Bestseller "Die Entdeckung des Himmels". Dass man sich dabei eng am eigentlichen Handlungsgerüst des Romans orientiert und nahezu auf den gesamten philosophischen, politischen und wissenschaftlichen Unterbau verzichtet ist durchaus nachvollziehbar - hat doch der am Drehbuch mitwirkende Mulisch selbst eingeräumt, dass seine seitenlangen Beschreibungen von Landhäusern vielleicht manchmal etwas vom Kern seines Romans ablenken. Dennoch ist es leider nicht gelungen dem Film ein angemessenes, passendes Timing zu verleihen. Zu viel an Handlung wird in kürzester Zeit untergebracht, ein Schicksalsschlag folgt unmittelbar auf den Nächsten, schließlich sollen gleich mehrere Jahrzehnte abgehandelt werden. Der mit der Vorlage nicht vertraute Zuschauer verliert so schnell den Faden oder - noch schlimmer - das Interesse am Schicksal ihm nicht wirklich nahe gebrachter Charaktere. Nennen wir es mal eine etwas anspruchsvollere Version des "Harry Potter-Syndroms": Man versucht eine Buchvorlage möglichst Kapitel für Kapitel abzufilmen, kürzt den Plot einzig wo es unbedingt nötig ist und hetzt seine Figuren dabei nur so durch die Handlung. Letztendlich handelt es sich bei der Verfilmung der "Entdeckung des Himmels" daher eigentlich nur um eine Art Illustration zum Buch - als eigenständiges Werk kaum genießbar und der besonderen Reize der Vorlage beraubt.

Dass die Wertung trotzdem nicht einseitig negativ ausfällt, liegt an dem was der Film dann doch auf der Habenseite verbuchen kann: Erstklassige Darsteller, wunderschöne Schauplätze und eben nicht zuletzt eine unglaublich faszinierende und provokante Geschichte. Wobei letzteres aber auch Geschmackssache sein kann - man hat Mitmenschen das hier gebotene Epos auch schon als pseudoreligiöse Seifenoper bezeichnen hören.
Doch das ist unangemessen, denn selten werden dort die Hauptfiguren mit einer derartigen Radikalität und Gnadenlosigkeit dem ihnen zugedachten Schicksal zugeführt wie es hier der Fall ist. Das sorgt für zahlreiche drastische Wendungen und "Das hätte ich aber nicht erwartet"-Reaktionen beim unvorbelasteten Publikum.
Harry Mulisch hat auch viele schwächere Bücher verfasst und verrannte sich mit seinem letzten Roman gar in eine abstruse Parabel über den angeblichen Sohn Adolf Hitlers. Mit "Die Entdeckung des Himmels" lieferte er jedoch eindeutig sein "Opus Magnum" ab, und der gleichnamige Film bietet jetzt immerhin ein paar schöne Bilder zum Buch. Leider aber nicht mehr.

 

Bilder: Copyright

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