Die Blaue Grenze

Jahr
2005
Laufzeit
90 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
5
5/10
von Anna Sola / 16. Januar 2011

Die blaue Grenze ist in erster Linie eine Bezeichnung für die Flensburger Förde, die Meerzunge, die Deutschland von Dänemark trennt. In Till Franzens Spielfilm-Debüt ist die blaue Grenze aber auch die Schwelle zwischen Leben und Tod, Traum und Wirklichkeit, Tag und Nacht. All das versucht er filmisch umzusetzen - und scheitert. Dass bei so einem ambitionierten Vorhaben viel auf der Strecke bleibt, ist allerdings vielleicht kein Wunder.

Eigentlich wollte Momme (Antoine Monot Jr., "Absolute Giganten", "Lammbock") seinem Großvater (Highlight des Films: der nordisch anmutende Joost Siedhoff, "Luther") sagen, dass sein Vater gestorben ist. In dessen Haus trifft er allerdings nur auf wortkarge aber hilfsbereite Nachbarn, die geradewegs einer norddeutschen Bierwerbung entsprungen sein könnten. Die Suche geht also weiter. In Großvaters Schrebergartenkolonie trifft der schüchterne Momme dann die Dänin Lene (Beate Bille) und verliebt sich in sie. Leider überquert sie die blaue Grenze ohne ihre Adresse zu hinterlassen, und nun will Momme sie suchen. Er istanscheinend gern auf der Suche, denn den Großvater hat er mittlerweile gefunden. Währenddessen fällt es Kommissar Poulsen (Dominique Horwitz, "Nachtgestalten") schwer, sich aus dem Dienst zu verabschieden. In seiner Uniform fühlt er sich nämlich wichtig, denn sie täuscht auch im Alltag darüber hinweg, was für eine arme Wurst er in Wirklichkeit ist. Besonders bei seiner neuen Nachbarin Frau Marx (Fassbinder-Ikone Hanna Schygulla) versucht er, Eindruck zu schinden, doch die scheint sowieso mehr mit dem inneren Auge zu sehen.

Was die Poulsen-Geschichte jetzt objektiv gesehen mit der von Momme zu tun hat, wird nicht ganz klar. Zwar treffen sich alle Figuren beim Verhör, jedoch ist dies keinesfalls ein lose verknüpfter Episodenfilm wie "Magnolia" oder "Short Cuts" - dazu fehlt es Franzen an Überblick, Originalität und natürlich weiteren Figuren. Vielmehr verlieren sich die Handlungsstränge teilweise im Nichts oder, was noch viel schlimmer ist, werden zunehmend offensichtlich und vorhersehbar. Das zerstört dann noch das letzte bisschen Mystik, das Franzen mit seinem Prolog zu erwecken versucht.

Regisseur Franzen wuchs selbst mit Blick auf die Förde und Dänemark auf der anderen Seite des Wassers auf. Die dadurch entstandene Faszination wollte er in diesem Film umsetzen, der immerhin einen deutlichen Stilbruch zu den derzeit viel verbreiteten naturalistischen und urbanen Dramen riskiert. Sein Wunsch, in eine völlig neue Richtung zu gehen, verdient zwar Anerkennung, dennoch hakt es an zu vielen Stellen. Mommes verzweifelte Suche und die damit verbundenen Strapazen sind so unglaubwürdig, dass man sich als Zuschauer inständig wünscht, er hätte beizeiten einfach nach Lenes Handynummer gefragt. Dazu sind die gehauchten Namensrufe genauso wenig überzeugend wie der Monty Python-eske Grenzwächter oder die häufig eingesetzte, überdeutliche Symbolik.
Franzen hätte sich und den Zuschauern außerdem einen Gefallen getan, wenn er seinen Film klar auf einen der Handlungsstränge beschränkt hätte, anstatt alle wild zu mischen. Zwar bemüht er einen ganzen Kader erstklassiger Schauspieler, aber auch die können das Drehbuch nur bedingt retten. Gerade so hochkarätige Schauspieler wie Horwitz und Schygulla scheinen hier völlig fehl am Platze, obwohl sie Franzen sicherlich einiges an Zuschauerzahlen bescheren werden. Am Ende wünscht man sich schließlich nur noch, der Film wäre noch ein bisschen kürzer. Das sagt wohl alles.

Bilder: Copyright

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