Der rote Punkt

Jahr
2008
Laufzeit
82 min
Genre
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Matthias Kastl / 30. Mai 2010

 

Es war eine wahrlich außergewöhnliche Reise, auf die im Jahre 1998 Marie Miyayama eine Japanerin hier in Deutschland begleitete. So außergewöhnlich, dass Miyayama diese nun zehn Jahre später in ihrem Debütfilm "Der Rote Punkt" verarbeitet und weitergesponnen hat, und damit gleich auf mehreren Filmfestspielen für Furore sorgte. Eine gekonnte Inszenierung, schöne Bilder und eine tolle Hauptdarstellerin - einige der Zutaten lassen einen diese Begeisterung auch durchaus nachvollziehen. Doch schwächelnde Nebendarsteller und eine nicht immer wirklich überzeugende Geschichte trüben ein wenig die Freude an diesem ansonsten durchaus soliden Regiedebüt.

Anstatt sich auf die anstehende Jobsuche zu konzentrieren, entscheidet sich die junge Japanerin Aki (Yuki Inomata) dazu, ihr Heimatland zu verlassen und sich im idyllischen deutschen Ostallgäu auf Spurensuche ihrer tragischen Familiengeschichte zu begeben. Ein mysteriöser roter Punkt auf einer Landkarte führt sie dabei nicht nur in die bayerische Provinz, sondern auch gleich in die Arme der Familie Weber. Während der 18jährige Elias Weber (Orlando Klaus) sich von der unbekannten Fremden angezogen fühlt, reagiert Vater Johannes (Hans Kremer) befremdlich auf den neuen Gast. Aki ahnt dabei nicht, dass ihr Besuch schon bald alte Wunden aufreißen und den Zusammenhalt der Familie auf die Probe stellen wird.

Japanerin kommt in die bayerische Provinz - das riecht nach jeder Menge Kulturschock und Missverständnissen. Doch die spielen in "Der Rote Punkt" nur bedingt eine Rolle, denn lange Zeit wird man als Zuschauer mit zwei relativ separaten Geschichten konfrontiert. Auf der einen Seite die von Aki, die als ruhige Eigenbrötlerin sich ganz unbeirrt alleine ihrer Vergangenheitsbewältigung widmet. Auf der anderen Seite die Geschichte der Familie Weber, die Aki zwar bei sich aufnimmt aber nicht wirklich den intensiven Kontakt mit ihr sucht, sondern stattdessen lieber mit ihren eigenen Problemen kämpft. Wirklich interessant sind diese leider nicht, denn der Geschichte vom aufmüpfigen Sohn und dem strengen Vater fehlt es nicht nur an Tiefe, sondern auch an wirklich guten Darstellern.
Dem eher hölzernen Spiel von Orlando Klaus und Hans Kremer steht aber eine geradezu vor Charme nur so sprühende Yuki Inomata als Aki gegenüber, deren Erzählstrang dazu auch noch deutlich einfühlsamer präsentiert wird. Non-verbale Konversation vom Feinsten gibt es hier zu bewundern, gepaart mit jeder Menge wunderschöner Bilder, bei denen unsere japanische Protagonistin nachdenklich durch die romantische Landschaft streift - immer auf der Suche nach dem mysteriösen roten Punkt auf ihrer Landkarte.

Yuki Inomata ist ohne Zweifel die große Stärke des Films, zusammen mit einer wirklich einfühlsamen und angenehm zurückhaltenden Inszenierung, welche dieser Figur genug Raum zum Atmen gibt. Mit ihrer ruhigen und freundlichen Art strahlt Aki dabei genau die Sympathie und Tiefe aus, die Vater und Sohn der Familie Weber leider so schmerzlich vermissen lassen. Natürlich versucht der Film schon ab und zu diese beiden Erzählstränge auch miteinander zu verbinden, doch so richtig überzeugend klappt dies bis kurz vor Schluss leider nicht. Am kläglichsten scheitert dabei der Versuch, eine mögliche Liebesgeschichte zwischen Aki und Elias anzudeuten. Letzterer kommt nämlich einfach zu naiv und oberflächlich rüber, als dass die nachdenkliche Aki ernsthaft an ihm Interesse finden könnte. Das die Beziehung zwischen der deutschen Familie und ihrem japanischen Gast dabei nie so wirklich Fahrt aufnimmt, raubt dem Film dann leider schon einiges von der Energie, welche die japanische Hauptfigur so wundervoll auf der Leinwand erzeugt.
Erst als am Ende eine für beide Seiten schockierende Wahrheit ans Licht kommt, die sich allerdings schon meilenweit riechen lässt, hält endlich Leben Einzug in das Beziehungsgeflecht unserer Protagonisten. Aber auch ergibt sich am Ende ein etwas zwiespältiges Bild. So liefern die Macher einerseits mit einer wundervoll inszenierten Picknickszene den emotionalsten und schönsten Moment des ganzen Films ab, verpassen aber danach leider auch eine große Chance. Denn genau jetzt, wenn Aki und die Familie Weber sich wirklich etwas zu sagen hätten, wenn endlich beide Seiten auf dem Weg sind auch miteinander zu interagieren, dann verabschiedet sich der Film auf einmal mit einem abrupten Ende von seiner Geschichte.

Doch auch wenn sich manche Schwächen nicht von der Hand weisen lassen, für einen Debütfilm ist das Ergebnis dann doch immer noch ganz respektabel. Und die Namen Miyayama und Inomata können sich Filmproduzenten und Filmliebhaber gleichermaßen notieren, da könnte durchaus noch einiges Interessantes nachkommen.

Bilder: Copyright

9
9/10

Den Film habe ich letztes Jahr auf einem Filmfestival gesehen und war sehr angetan. Ein besinnlicher Film, der fortwährend seine Grundspannung hält. Schöne Bilder und auffallend gut besetzt (insbesondere die Hauptdarstellerin).
Für ein Filmdebüt mehr als respektabel!

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