Doris Dörrie ist zurück, die "Grande Dame" des deutschen Beziehungskinos, und womit sollte sich ihr neuer Film "Der Fischer und seine Frau" wohl sonst beschäftigen als mit - genau - dem großen, nie enden wollenden Thema der zwischengeschlechtlichen Beziehungen. Um diesen altbekannten Stoff ein wenig aufzufrischen, hat Dörrie zu einem derzeit im Sinne der Retrowelle beliebten Kunstkniff gegriffen: Der Film ist sozusagen ein Remake, er basiert auf dem Grimmschen Märchen von dem Fischer und seiner Frau.
Diese
Frau, im Märchen Ilsebill genannt, im Film als Ida (Alexandra
Maria Lara) namentlich modernisiert, ist mit ihrem jeweiligen Lebenszustand
immer unzufrieden und wünscht sich immer mehr von einem Zauberfisch,
der ihre Wünsche zunächst erfüllt. Da trifft es sich
schlecht, dass ihr Partner im Film wie im Märchen ein mit sich
und der Welt recht genügsamer Mann ist.
Mit Christian Ulmen als Otto hat Dörrie die perfekte Besetzung
für diese Rolle gefunden. Wie schon Ulmens "Herr Lehmann"
ist es auch Otto am liebsten, wenn er, überfordert von der
anspruchsvollen Umwelt, alles einfach geschehen lassen kann. Der
Fischdoktor, mit seinem aufstrebenden Kollegen Leo (Simon Verhoeven)
auf die fernöstlichen Koi-Fische spezialisiert, lernt die junge
Ida in Japan kennen, und zu seiner Überraschung wählt
sie ihn aus anstatt den Schönling Leo. Das Idyll im gemeinsamen
Wohnmobil scheint perfekt, als Ida ein Kind erwartet und ihre ersten
Modeaufträge bekommt: Schals im Koi-Muster.
Die
Koi-Fische ziehen sich als roter Faden durch die Handlung, denn
Ida bekommt mit ihrer herrlich abgefahrenen Koi-Modekollektion die
große Chance auf den Durchbruch, Ruhm und Geld - begleitet
von Leo, während Otto als Nachtwächter in Leos Koi-Klinik
arbeitet und, mittlerweile im Reihenhaus, das Kind hütet. Selbst
ein ausgeglichener bis gleichmütiger Charakter wie Otto hält
das nicht lange aus. Im Märchen heißt es immer: "Meine
Frau, die Ilsebill, will nicht so, wie ich gern will". Das
wird auch im Film zum Problem, immer größere Ambitionen
treiben Ida an, Otto dagegen ist doch eigentlich zufrieden und verharrt
dabei im Stillstand. Das sorgt für Probleme im Pärchenhimmel,
zumal Leo Ida Avancen macht und sich Leos vernachlässigte Freundin
Yoko (Young-Shin Kim) Otto als Ersatz anbietet.
Die Märchenadaption ist wirklich gelungen. Im klassischen
Dörrie-Stil nimmt das Schicksal seinen Lauf, immer wieder unterbrochen
durch absurd komische Szenen, die gerade noch den Absprung schaffen,
bevor der Film zur deutschen Comedy-Klamotte verkommt. In einer
Szene darf TV-Komiker Christoph Maria Herbst ("Stromberg")
als Paartherapeut glänzen, Ida im Domina-Dress beim Versuch,
ihre Beziehung zu retten, zeigt Alexandra Maria Lara von ganz neuer
Seite. Und permanent wird die Handlung von Ottos verzaubertem Koi-Pärchen
kommentiert, deren Schicksal an das Glück von Ida und Otto
geknüpft ist. Die etwas hobbymäßige psychologische
Deutung von Ottos Lethargie (vom Vater verlassen, von der Hippiemutter
umsorgt) und Idas Ehrgeiz (Tochter rumänischer Einwanderer)
tut der Geschichte kaum einen Abbruch.
Dem Anspruch, eine originelle deutsche (um nicht zu sagen: typisch
deutsche) Liebeskomödie zu sein, die sich ja eher um die Probleme
der Mann-Frau-Konstellation als deren romantisch-komische Zusammenführung
drehen, wird der Film durchaus gerecht. Die beiden Hauptdarsteller
sind ohnehin sehenswert und wirken authentisch in ihren Rollen,
und für die Nebenrollen gilt: Wenn Dörrie ruft, dann kommen
sie, die Gesichter des deutschen Films.
Bleibt nur noch, auf die Veröffentlichung der Modelinie zu
warten, die Bernd Lepel eigens für den Film entworfen hat,
und natürlich auf den Ausgang der Liebesgeschichte für
das ungleiche Paar Ida und Otto. Denn nach der Reise vom Wohnwagen
zur Einzimmerwohnung, zum Reihenhaus und zur Villa kommt was kommen
muss: der Absturz. Und im Märchen landet Ilsebill, als sie
es mit dem Wünschen übertreibt, am Ende schwer moralisch
im Pisspott....
Kommentar hinzufügen