Company Men

Originaltitel
The Company Men
Land
Jahr
2010
Laufzeit
104 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Simon Staake / 18. Juli 2011

Die akutesten Momente der großen Banken- und Wirtschaftskrise mögen vorbei sein, die Auswirkungen sind es eindeutig nicht. "The Company Men" ist dabei nicht nur ein Film zur Krise, sondern allgemein zur Lage des amerikanischen Wirtschaftssystems, in dem Anteilseigner um Renditeprozente feilschen und kämpfen, zumeist auf dem Rücken ihrer Mitarbeiter. Um solch einen Kampf geht es auch hier. Die GTX Corporation ist ein Firmenkonglomerat, dessen Aktienkurs sich auf dem absteigenden Ast befindet. Die Lösung für den skrupellosen Firmenpräsidenten James Salinger (Craig T. Nelson): Unprofitable Teile des Konglomerats abstoßen, dazu von seiner Personalleiterin Sally Wilcox (Maria Bello) organisierte Massenentlassungen.
"The Company Men" zeigt das Schicksal von drei GTX-Mitarbeitern: Einer der Ersten, der ohne große Umschweife gefeuert wird, ist Bobby Walker (Ben Affleck). Und während er anfangs seiner Frau Maggie (Rosemarie DeWitt) gegenüber noch hundertprozentig sicher ist, bei seiner Arbeitslosigkeit würde es sich um eine Sache von ein paar Tagen handeln, muss er bald merken, dass dem nicht so ist. Phil Woodward (Chris Cooper) ist ein wenig höher in der Firmenhierarchie angesiedelt, fängt aber angesichts der vielen Entlassungen an, langsam nervös zu werden. Und der Abteilungsleiter Gene McClary (Tommy Lee Jones) kann nur hilflos und zunehmend unzufrieden mit ansehen, wie gute Mitarbeiter herausgeworfen werden, weil sein alter Freund Salinger, mit dem er einst die Firma gründete, den Börsenkurs seines Unternehmens retten will.

Ben Affeck hat ja in den letzten Jahren sein Schauspiel enorm verbessert und auch hier enttäuscht er nicht. Den Strahlemann und vermeintlichen Gewinner der Anfangsminuten nimmt man Affleck ja so oder so ab, aber es gelingt ihm auch, immer mehr und größere Risse in der grinsenden Fassade darzustellen, wenn sich Bobby schließlich eingestehen muss, dass in der neuen Welt der Finanz- und Wirtschaftskrise kein Arbeitgeber dort draußen nur auf ihn wartet. Die alten Helden Chris Cooper und Tommy Lee Jones sind gut wie immer und besonders Jones, dessen Gesichtsfurchen mittlerweile alles Mögliche verschlucken könnten, sieht hier wieder aus, als müsse er wie Atlas die ganze Welt auf seinem Rücken tragen. Und hier stimmt es ja fast, schließlich ist er ein Vertreter der alten Schule, an dem die Wichtigkeit von Börsennotierungen und Prozentpunkten vorbei gehen und der eigentlich nur wie früher in den Werften des Unternehmens Schiffe bauen will.
Aber die Hauptlast trägt hier Affleck, als Mann der alles hat und dann plötzlich im Begriff ist, alles zu verlieren. Ob das nun hundertprozentig wirklichkeitsgetreu ist (die meisten Arbeiter in ähnlichen Positionen sind durch Firmenanteile und Fonds finanziell ganz gut abgesichert), aber darum geht es ja gar nicht. Regisseur und Drehbuchautor John Wells will ein Exempel statuieren und aufzeigen, dass es auch den vermeintlich auf der sicheren Seite Stehenden ganz schnell an den Kragen gehen kann. "The Company Men" geht dabei das Risiko ein, das Drama der Arbeitslosigkeit im gehobenen Niveau der Schlipsträger anzusiedeln anstatt im Arbeitermilieu. Ein Risiko ist das deshalb, weil ein Teil des Publikums sicher denken wird: Warum soll ich mit diesen immer noch ziemlich wohlhabenden Leuten Mitleid haben, für die (zumindest am Anfang) die Golfclubmitgliedschaft das Wichtigste im Leben zu sein scheint. Verkennen tun Anhänger dieser Theorie dabei eines: Es geht "The Company Men" genau darum zu zeigen, dass auch die, die sich vermeintlich sicher und unentbehrlich fühlen, nicht von der Krise verschont werden und wie gerade sie, die vorher auf der Sonnenseite standen, nun die größten Anpassungsschwierigkeiten an die neue Situation haben.

"The Company Men" ist solide umgesetzt, krankt allerdings an seiner Vorhersehbarkeit: Die Dramen, die man erwartet, treten auch ein; die Lektionen, die es zu lernen gibt, werden gelernt. Und auch das Ende ist so oder ähnlich zu erwarten und wirkt dementsprechend ein wenig zu konventionell, zu "Hollywood". "The Company Men" braucht mehr als anderthalb Stunden, um bei einer These zum Dilemma anzukommen, für deren Herleitung die grandiose TV-Serie "The Wire" nur zwei Minuten benötigte. In der zweiten Staffel dieses Fernseh-Geniestreichs sagt der gebeutelte Hafenarbeiter und Gewerkschaftsführer Frank Sobotka: "We used to do things in this country, build shit. Now all we do is having our hand in another guy's pocket". Sehr viel mehr zum Thema hat John Wells hier eigentlich auch nicht beizutragen in der dargestellten Arbeitswelt, in der es für die Herren der Führungsetage schon lange nichts mehr ums Produzieren geht, sondern nur noch darum, (virtuelles) Geld von einer Ecke in die andere zu schieben, um Investoren und Aufsichtsratsmitglieder zufrieden zu stellen.
Dabei hat "The Company Men" durchaus seine Momente. Etwa, wenn Gene mit ansehen muss, wie Salinger der Führungsetage ein neues Gebäude vorstellt. "Sitze ich hier mit der Buchhaltung?" fragt einer der Abteilungsleiter. "Nein nein, die Etage ist nur für uns" erwidert Salinger, "private Duschen, Fitnessstudios, eigene Küche". Die Führungsetage baut sich ein persönliches Taj Mahal, während ihre Fußsoldaten vor dem Nichts stehen. Dass Salinger zudem gar nicht bemerkt, wie deplatziert seine Freude über seine Luxusbüros ist, verdeutlicht hier sehr gut die immer größere Distanz zwischen Geschäftsführern mit fast unethischen Gehältern und ihren Mitarbeitern in tieferen Positionen.
Auch die Szenen mit Kevin Costner als ehrlichem Handwerker machen durchaus Laune. Überhaupt hat Kevin Costner im fortgeschrittenen Alter seine Nische gefunden, er macht es sich jetzt dort bequem, wo James Belushi über Jahre seine Nebenrollen verbrachte: Als gutmütiger, gerne ein Bier trinkender Mann aus der Arbeiterklasse. Wie Costner als Bobbys Schwager Jack diesen auf den Boden der Tatsachen der Arbeitswelt zurückholt, ist zwar ebenfalls vorhersehbar, aber sehr nett anzusehen.

Und das gilt auch für den Film als Ganzes: Nett anzusehen, interessant, aber nie so richtig packend. "The Company Men" ist gut gespielt und hat ein wichtiges Thema, aber leider hat John Wells keinen interessanten Weg gefunden, ebendieses richtig gut umzusetzen. So bleibt es bei einem ehrbaren Film mit ehrbarem Anliegen und ehrbarem Ergebnis knapp über dem Durchschnitt. Kein Grund also, die Entlassung von John Wells zu fordern, mit einer Beförderung wird es so aber auch erstmal nichts.

Bilder: Copyright

wenn ihr the wire so toll findet (natürlich absolut zu recht!), könntet ihr nicht mal wenigstens die erste staffel besprechen?!

wäre wirklich toll und würde bestimmt nicht nur mich freuen!

ansonsten: weiter so, tolle seite, tolle rezensionen!

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6
6/10

Ganz nett & tut keinem weh. Kann man sich angucken, ist jedoch auch schnell wieder vergessen ...

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8
8/10

Dieser Film beschränkt sich wirklich auf das Wesentliche. Manche Scenen enden dann abrubt und zwingt ein wenig den Zuschauer auch seine Vorstellungskraft einzusetzen...Fand ich gut.

Natürlich hat der Film den üblichen Höhen/Tiefen-Verlauf und endet mit einem positven Gefühl. Gerade diese Thematik sollte auch positiv enden und dem Zuschauer Optimismus vermitteln. Gerade in den Zeiten des "Schwarzmalens" kann man Trost gebrauchen.

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