Aus der Tiefe des Raumes

Jahr
2004
Laufzeit
88 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
6
6/10
von Beatrice Wallis / 6. Januar 2011

Hans-Günter (Arndt Schwering-Sohnrey), leidenschaftlicher Tipp-Kicker mit Hang zum Eigenbrödlertum, lebt Mitte der 60er Jahre in einer rheinischen Provinzstadt. Um sich für die Deutsche Meisterschaft seines geliebten Tischfußball-Spiels zu qualifizieren, bastelt er in mühevoller Heimarbeit seinen eigenen kleinen Fußballer. Zunächst von den Konkurrenten wegen seiner hingebungsvollen Zuneigung zum Männchen mit der Nummer 10 belächelt, lässt Hans-Günter die anderen schon bald im Regen stehen und hat am Ende nicht nur das Turnier gewonnen, sondern auch das Herz der jungen Fotografin Marion (Mira Bartuschek). Während die beiden Verliebten ihre erste gemeinsame Nacht verbringen, erwacht der Kicker durch unvorhersehbare Umstände zum Leben. Fortan stelzt das Männchen (Eckhard Preuß) in voller Mannesgröße mit Schuhgröße 47 durch die Welt, sorgt für einige Verwirrung und entwickelt eine große Leidenschaft für Fußball. Als er eines Tages zufällig in die Mannschaft des Trainers (Christoph Maria Herbst) gerät, landet er zunächst nur auf derErsatzbank. Aber das Glück schlägt sich auf die Seite der Nummer 10, die mittlerweile nicht nur den Namen Günter, sondern auch eine blonde Langhaarperücke trägt und nicht ganz zufällig an einen sehr bekannten Fußballer der 70er erinnert....

Mit der Geschichte um das lebendig gewordene Tipp-Kick-Männchen setzt Regisseur und Drehbuchautor Gil Mehmert dem Fußballidol Günter Netzer ein filmisches Denkmal. Die Ausgangsidee des Films, dem Fußballer aufgrund seiner Lauffaulheit, seinem damals ausgefallenen Auftreten und dem Schießen aus großen Torentfernungen eine Herkunft alsTipp-Kick-Männchen zu unterstellen, ist originell und verspricht eine große Menge absonderlichen Spaßes. Tatsächlich bezeichnet auch Mehmert die Idee als totalen Quatsch und gibt zu, dass er lange herumbasteln musste, bevor eine wirkliche Geschichte daraus wurde. 
Rund ist die Story letztlich doch geworden, wenngleich mit einigen Macken. Die herrlich abstruse Handlung amüsiert an vielen Stellen, sie reicht aber letztlich nicht aus, um "Aus der Tiefe des Raumes" zu einem richtig tollen Film zu machen, und der skurrilen Idee eine entsprechende Verpackung zu geben. Vielmehr entsteht der Eindruck, als habe sich der Film der Trägheit von Netzers Fußballspiel angepasst - auf den Punkt gebracht: es fehlt an Tempo. Die Absurdität der Geschichte versickert in einer konservativen und häufig trägen Darstellung. Der Film ist allzu konventionell inszeniert, was zwar sympathisch wirkt, aber letztlich nicht wirklich dazu taugt, die krude Verschwörungstheorie in ihrer Ausgefallenheit zu unterstreichen. Auch die Rahmenhandlung mit einem in die Jahregekommenen Hans-Günter, der auf seine Zeit mit dem Tipp-Kick-Männchen zurückblickt, ist zäh und eigentlich überflüssig. 
Das ist insgesamt schade, denn in seltenen Momenten zeigt sich der Film herrlich überspannt und weist damit Möglichkeiten auf, die dann leider nicht genutzt werden. Möglicherweise ist Mehmert, der bislang hauptsächlich als Theaterregisseur gearbeitet hat, genau diese Erfahrung zum Stolperstein geworden, denn vieles in "Aus der Tiefe des Raumes" erinnert in seiner Steifheit an gefilmtes Theater und wirkt zu distanziert.

Sehr schade, doch soll all das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich trotzdem um einen liebevoll gemachten Film handelt, der alleine schon wegen seiner Idee, der tollen 60er-Jahre-Ausstattung und den guten Darstellern gar nicht ganz schlecht sein kann. Auch ein Pluspunkt ist auf jeden Fall die Filmmusik, die ausschließlich aus erfundenen 60er-Hits besteht. "Aus der Tiefe des Raumes" zählt sicher zu den ungewöhnlicheren Filmen, die in diesem Jahr ins Kino gekommen sind, allerdings hätte ihm mehr Mut zur schrägen Darstellung und Erzählweise auf jeden Fall gut getan.

 

Bilder: Copyright

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