All or Nothing

Originaltitel
All or nothing
Jahr
2002
Laufzeit
128 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
9
9/10
von Vera Kampschulte / 30. Mai 2010

Phil Bassett (Timothy Spall, u.a. "Intimacy", "Vanilla Sky") arbeitet als Taxifahrer und lebt mit seiner Familie in einer heruntergekommenen Hochhaussiedlung in Süd-London. In seinem Job ist er nicht wirklich zufrieden, kann sich nicht aufraffen früh aufzustehen, verpasst somit die lukrativste Zeit des Tages und ist ständig pleite. Auch seine Lebensgefährtin Penny (Lesley Manville), mit der er zwei erwachsene und stark übergewichtige Kinder hat, ist mit ihm und ihren Lebensumständen nicht glücklich. Sohn Rory ist nicht gerade pflegeleicht, Tochter Rachel frisst ihre Probleme in sich hinein und die Liebe zwischen Penny und Phil ist merklich abgekühlt. Doch fragt jeder zur Begrüßung "All right?", eine Floskel, auf die eine ehrliche Antwort nicht wirklich erwünscht ist.
Es kommt so ständig wegen alltäglichen Dingen zwischen allen zu Streitigkeiten, aber nie zu einer Lösung. Als sich Phil dann einmal eine Auszeit aus dem frustrierenden Alltag gönnt, an dessen Problemen er zu verzweifeln droht, trifft die Familie ein Schicksalsschlag, der zunächst droht, endgültig jeden Zusammenhalt zu zerstören.

In enger Zusammenarbeit mit den Schauspielern entwirft Regisseur Mike Leigh völlig durchschnittliche Menschen, keine überzeichneten Stereotypen, kein Gut oder Böse. Ganz normale Menschen in einer Hochhaussiedlung, denen das Leben einen Strich durch ihre Träume macht; wo hinter jeder Tür eine traurige Geschichte zu finden ist. So lernt man nicht nur Phil und Penny sondern auch ihre Nachbarn und Freunde in der Siedlung kennen, deren Leben von ungewollten Schwangerschaften, Alkoholismus, Arbeitslosigkeit und Langeweile geprägt ist. Und doch suchen alle nach einem bisschen Glück, sprechen wie Phil oft von Kismet, haben noch Hoffnung.
Regisseur Mike Leigh drehte diesen brillanten Film ohne detailliertes Drehbuch, eher intuitiv als geplant. Vielleicht treibt gerade diese Arbeitsweise die Schauspieler zu Höchstleistungen an, vielleicht auch die fundierte Theaterausbildung aller Beteiligten. Statt sich mit der Kamera aufzudrängen, wird sensibel beobachtet. Statt plakativer, endloser Monologe zeigen besonders Timothy Spall und Lesley Manville mit kleinen Gesten große Verzweiflung, die wirklich nah geht.
Neben der großartigen Darstellung der privaten Konflikte zeichnet Leigh ein detailliertes Bild der heruntergewirtschafteten britischen Arbeiterklasse, in deren Niedergang sich genauso der private Bankrott widerspiegelt.

Das Schicksal, dass die Familie trifft, wirkt letztlich vielleicht sogar als Glücksfall, der festgefahrene Verhaltensmuster lösen kann und so auch eine Chance darstellt, von nun an dem Leben eine neue Wendung zu geben.


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