"Charmed" - Staffel 1: Der ganz normale Hexenalltag

von Volker Robrahn / 31. August 2008

Es gibt nicht gerade viele TV-Serien, die eine Laufzeit von sieben Jahren vorweisen können, und besonders im Bereich der Fantastik gelang das im letzen Jahrzehnt lediglich einer handvoll Produktionen. Wenn nun also "Charmed", die Serie um drei zaubernde Schwestern, in diesen Tagen bereits die 150. Folge erreicht und ein Ende noch überhaupt nicht abzusehen ist, sollte einem das schon ein wenig Respekt abnötigen. Doch obwohl die Serie sich als wesentlich erfolgreicher erwiesen hat als beispielsweise der letzte "Star Trek"-Ableger und demnächst, gemessen an der Zahl der Episoden, sogar den jahrelangen Konkurrenten "Buffy" überflügeln wird, gilt "Charmed" noch immer ein bisschen als Stiefkind im Fantasy- und SF-Fandom, dem relativ wenig Beachtung geschenkt wird.


Gründe dafür lassen sich natürlich schnell finden: So nimmt das übernatürliche Element in der Serie (zumindest in den ersten Staffeln) nicht die dominante Stellung ein, wie sonst im Genre üblich. Mindestens genauso bedeutend sind die Liebes- und Selbstfindungsaktionen der drei jungen Damen, deren Selbstbewusstsein gar nicht mal so unerschütterlich ist. Und da fühlen sich dann halt vor allem die weiblichen Zuschauer angesprochen, die sonst auch gerne mal bei den Neurosen der Grazien aus "Ally McBeal" oder "Sex and the City" rein geschaut haben. Zudem ist manch einem hart gesottenen Freund von blutigen Vampir- und Werwolfjagden das Ganze auch einfach ein wenig zu "soft", werden die Hexen doch zumeist eher von - zumindest äußerlich -außerordentlich attraktiv erscheinenden "Warlocks" bedroht. Doch sind dies zum Teil auch unberechtigte Vorurteile, hat die Serie sich doch im Laufe der Jahre recht stark gewandelt. Daher möchte Filmszene.de die DVD-Veröffentlichung von "Charmed" zum Anlass nehmen, diese Entwicklung deutlich zu machen und den Weg der drei zauberhaften Hexen einmal etwas genauer zu betrachten.

Eine Erklärung dafür, warum die Serie zu Beginn so ist wie sie ist findet man, indem man sich einmal den Namen des dahinter stehenden Produzenten ansieht. Aaron Spelling hat seit den späten fünfziger Jahren unzählige Fernsehserien produziert, ist bei uns aber vor allem durch zwei Serien bekannt, mit denen er jeweils ein Jahrzehnt Fernsehunterhaltung prägte: Die Achtziger mit seinem "Denver-Clan" und die frühen Neunziger mit der jugendlichen Variante "Beverly Hills 90210" samt Ableger "Melrose Place". Mit der phantastisch angehauchten Serie "Charmed" betrat Spelling aber ungewohntes Terrain, baute deshalb zur Sicherheit auch ein paar der aus seinen früheren Produktionen bewährten Elemente ein und langte dabei in die Schubladen "romantische Verwicklungen" und vor allem "attraktives Personal". 


Mit Shannen Doherty griff er für die Besetzung von Prue, der ältesten der drei Halliwell-Schwestern, dabei auch gleich auf eine aus "Beverly Hills 90210" bekannte Darstellerin zurück. Wobei diese Entscheidung doch Einige überraschte, schließlich hatte Miss Doherty für einiges Chaos bei der Produktion der genannten Serie gesorgt, war dort schließlich gefeuert worden und galt seitdem als "schwierig" (eine Entwicklung, die sich dann ja später auch bei "Charmed" wiederholen sollte). Als härteste und noch am ehesten selbstbewusst auftretende der drei Hauptfiguren war sie jedoch zweifellos eine passende Wahl und setzte damit auch einen Gegenpol zur verträumt gutmütigen Piper (Holly Marie Combs, zuvor bekannt aus der abgedrehten Kleinstadt-Serie "Picket Fences") und der etwas wilderen aber supersüßen Phoebe. Die von Alyssa Milano (ehemals Kinderstar aus "Wer ist hier der Boss?", im Folgenden ging's stark Richtung Sexsymbol) verkörperte jüngste Schwester war dabei bewusst als attraktivstes Familienmitglied angelegt und sollte vor allem die Posterwände der männlichen Fans schmücken. 


Dies funktionierte dann auch wie gewünscht, denn Milano gelang es tatsächlich, noch etwas verträumter und niedlicher in die Kamera zu gucken als ihre beiden Kolleginnen. Zudem ist sie von Beginn an der große Sympathieträger, kann doch der Zuschauer die ablehnende und vorwurfsvolle Haltung von Prue ihr gegenüber erst einmal überhaupt nicht nachvollziehen. Und wahrscheinlich hätten sich die drei Streithähne nie so stark zusammengefunden, wenn nicht Phoebe kurz nach dem Tode der gemeinsamen Großmutter deren altes Zauberbuch auf dem Dachboden gefunden hätte. Nichts ahnend liest sie einen Spruch daraus vor und aktiviert damit prompt die bisher schlummernden Zauberkräfte der drei unbedarften Damen. Erst einmal nur genau eine für jede Schwester: Für Prue die Fähigkeit Dinge zu bewegen, für Piper die Macht die Zeit um sie herum kurz anzuhalten und für Phoebe die Gabe, bestimmte Ereignisse in der Zukunft zu erkennen. Eher widerwillig freunden sich die drei mit der neuen Entwicklung an, die ein "normales" Leben von nun an deutlich erschweren wird. Da sie jedoch schnell auch die Aufmerksamkeit der dämonischen Gegenseite erringen und ihnen gar nichts anderes übrig bleibt, als sich mit aller Macht gegen diese zur Wehr zu setzen, lautet das Motto dann bald doch: "Wir sind Hexen und das ist auch gut so".

Naturgemäß beschäftigt sich ein Großteil der Folgen in der ersten Staffel der Serie mit den Schwierigkeiten der jungen Hexen, ihre neu gewonnenen Kräfte zu kontrollieren und richtig anzuwenden. Gelegenheit zur Übung wird ihnen aber reichlich gegeben, entpuppen sich doch zahlreiche Bekannte und Verwandte plötzlich als Dämonen von unterschiedlich ausgeprägter Bösartigkeit. Aus allen Ecken kriechen sie hervor, mit dem Ziel den Dreien den Tag zu vermiesen und ständig unangemeldet in ein neues Rendezvous zu platzen. 
Die daraus resultierenden Misserfolge in Liebesdingen sorgen dann auch oft für den heiteren Part einiger Folgen, während richtige Spannung noch nicht so recht aufkommen will. Dafür tauchen einfach zu viele der immergleichen fiesen "Warlocks" auf, auf deren nett wirkendes Äußeres die Schwestern auch ein paar Mal zu oft hereinfallen. Interessant sind in dieser Staffel daher vor allem die Episoden, die aus diesem Schema ausbrechen - wobei "interessant" nicht immer auch gelungen heißen muss. So gibt es hier gleich zwei Zeitreise-Geschichten, bei denen die intelligente Folge "Zurück in die Vergangenheit" interessante Ideen durchspielt, während das Serienfinale "Immer wieder Mittwochs" zeigt, wie man es eher nicht machen sollte, nämlich indem man eine Zeitschleife der Marke "Und täglich grüßt das Murmeltier" auf ermüdende Weise wiederholt. 


Den Preis für die witzigste Folge holt sich "Der Wahrheitszauber", in der für 24 Stunden nicht gelogen werden kann (zwar ebenfalls keine ganz neue Idee, man denke nur an die Erfolgskomödie eines gewissen Jim Carrey, aber hier eben sehr ansprechend umgesetzt) und wirklich spannend wird es bei den Leiden einer besessenen Phoebe in "Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?".

Dies sind die Highlights von insgesamt 22 Folgen der ersten Staffel, die Paramount verteilt auf zwei DVD-Boxen mit einmal 12 und einmal 10 Episoden anbietet. Selbstverständlich bietet die Veröffentlichung auf DVD nun auch die Gelegenheit, die Serie einmal im englischen Originalton zu verfolgen und dabei zu erkennen, dass die Stimmen der drei Schwestern dann längst nicht so gleichförmig klingen wie in der deutschen Synchronisation. Die hübsch aufgemachten, aufklappbaren Boxen bieten in qualitativ hochwertigem Vollbild insgesamt fast 1000 Minuten Laufzeit. Auf weitere Extras wurde dabei, wie bei den meisten Serienveröffentlichungen üblich, leider verzichtet, sicher auch um den Preis niedriger zu halten. Und für den Sammler von insgesamt acht der auch in den zukünftigen Boxen beigelegten Gutscheine winkt dann noch eine "zauberhafte" Prämie. 
Insgesamt betrachtet bietet die erste Season "Charmed" den unterhaltsamen Auftakt einer Serie, die ihren Weg zwar noch nicht hundertprozentig gefunden hatte, aber noch für einige Überraschungen gut sein sollte.

 


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